Queere Menschen in Hinterhalt gelockt Verdächtige sollen Überfall-Video an ihrer Schule gezeigt haben

Fünf Jugendliche sollen im vergangenen Jahr im Main-Taunus-Kreis homosexuelle Männer in Hinterhalte gelockt und überfallen haben. Ein wahrscheinliches Motiv: Queerfeindlichkeit. Ein Überfall-Video sollen sie Mitschülern gezeigt haben.

Eine wehende LGBTIQ-Fahne im Hintergrund. Darauf die Schattenrisse von fünf Männern. Einer hält ein Messer in der Hand.
Fünf Jugendliche sollen gezielt Jagd auf schwule Männer gemacht haben. Bild © hessenschau.de, Adobe Stock/AlenKadr, pressmaster, Tete Song

Es war das Versprechen auf einvernehmlichen und unkomplizierten Sex, das die Opfer in den Hinterhalt lockte. Über die auf homo- und bisexuelle Männer ausgerichteten Smartphone-Apps "Grindr" und "Romeo" hatten sie sich mit ihnen verabredet.

Die Treffpunkte: öffentliche aber nicht stark frequentierte Plätze im Main-Taunus-Kreis. Doch statt eines erotischen Abenteuers erwarteten die Opfer Schläge und Demütigungen.

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Tätverdächtige besuchten selbe Schule

Mitte Januar machten Polizei und Staatsanwaltschaft publik, dass eine Gruppe von fünf Jugendlichen über Monate hinweg mit derselben Masche Männer überfallen, verprügelt und teilweise ausgeraubt haben sollen. Acht Fälle sind den Ermittlungsbehörden bislang bekannt. Dass sich weitere Opfer melden, ist nicht ausgeschlossen.

Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich um 16 bis 17 Jahre alte männliche Jugendliche. Alle besuchten im Zeitraum der Überfälle dieselbe Gesamtschule im Main-Taunus-Kreis, wie dem hr aus mehreren mit dem Fall vertrauten Quellen bestätigt wurde. An dieser Schule wurden sie Mitte Januar festgenommen.

Video von Überfall an Schule gezeigt

Die Täter sollen unter anderem an der Gesamtschule mit den Überfällen geprahlt haben. Nach hr-Informationen sollen sie Mitschülern nicht nur davon berichtet haben. Sie sollen auch mindestens bei einem der Überfälle gefilmt und das Video herumgezeigt haben.

Das Video liegt dem hr nicht vor. Jedoch bestätigte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden auf Anfrage, dass ein derartiges Video existiert. Es soll bei einem Überfall am 13. Dezember entstanden und "Dritten zugänglich gemacht worden" sein.

Im Zusammenhang mit der Überfallserie sei auch eine Lehrkraft eines der Beschuldigten inzwischen vernommen worden.

Anklage wohl in kommenden Monaten

Die jungen Verdächtigen müssen in den kommenden Monaten mit einer Anklage rechnen.

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ermittelt wegen schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.

Überfall auf Queere auch in Darmstadt

Dass gezielt queere Menschen per Dating-Apps in Hinterhalte gelockt und überfallen werden, ist auch in Hessen nicht neu. Bereits im September 2024 waren in Darmstadt fünf Heranwachsende festgenommen worden, die bei fingierten Dates ebenfalls in mindestens acht Fällen Männer ausgeraubt haben sollen.

"Die Täter wissen, dass ihre Opfer in der Regel ein gewisses Vertrauen in die Anonymität der App haben und oft nicht mit einer Bedrohung rechnen", sagt Florian Meerheim, Vorsitzender des Verbands lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (Velspol) in Hessen.

Polizisten-Verband: "Plattmachen von Nicht-Heteros"

Was die Raubserie in Darmstadt von der im Main-Taunus-Kreis jedoch unterscheide, sei indes die Motivation der Täter: Nach Auskunft der zuständigen Staatsanwaltschaft liegen im Darmstädter Fall "keine gesicherten Erkenntnisse" vor, die ein anderes Motiv als die bloße Bereicherungsabsicht nahelegen.

Im Gegensatz dazu war die Überfallserie im Main-Taunus-Kreis nach Ansicht des Velspol-Vorsitzenden Meerheim vor allem vom Hass auf queere Menschen motiviert: "Die queerfeindliche Komponente äußerte sich laut Berichten nicht nur in der Wahl der Opfer, sondern auch in der Gewaltbereitschaft."

Salopp gesagt, habe nicht der "Raub von Wertsachen" im Vordergrund gestanden, sondern das "Plattmachen von Nicht-Heteros", so Meerheim.

Verhaltenstipps bei Nutzung von Dating-Apps

Laut Velspol ist in den vergangenen Jahren ein Anstieg der Nutzung von Dating-Apps als Tatwerkzeug zu beobachten. Es sei zudem davon auszugehen, dass nicht alle Opfer die Taten auch anzeigen - aus Scham oder mangelndem Vertrauen in die Behörden.

Nutzern von Dating-Apps rät der Verein daher zur Vorsicht. So sollte vor einer Verabredung auf einem Telefonat oder besser noch einem Videochat mit dem Dating-Partner bestanden werden.

Erste Treffen sollten an öffentlichen Orten wie Cafés oder Restaurants erfolgen und eine Vertrauensperson über Zeit und Ort informiert werden. Zudem sollten Nutzer darauf achten, keine persönlichen Daten mit Unbekannten zu teilen.

Quelle: hessenschau.de