Zwei Millionen Euro illegal transferiert Haft- und Bewährungsstrafe im Darmstädter Hawala-Banking-Prozess
Beim Hawala-Banking wird Geld grenzübergreifend an Behörden und Finanzaufsicht vorbei transferiert, vor allem ins Ausland. In Deutschland ist das System verboten. Jetzt wurden zwei Männer verurteilt, die damit Millionen verschickt haben.
Drei Jahre und vier Monate beziehungsweise ein Jahr und neun Monate auf Bewährung - das sind die Strafen, die das Landgericht Darmstadt am Montag gegen zwei 50 und 36 Jahre alte Männer verhängt hat. Sie hatten über ein sogenanntes Hawala-Netzwerk rund zwei Millionen Euro ins Ausland und von dort nach Deutschland verschickt, so das Gericht.
Mit viel Vertrauen und unter der Hand
Beim Hawala-System wird Bargeld auf Vertrauensbasis in sogenannten Zahlungsbüros eingezahlt. Das können Imbissbuden, Kioske, aber auch Juwelierläden oder andere Ladengeschäfte sein. Das System hat seine Wurzeln in der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients und ist in der Region noch heute verbreitet.
Der Empfänger bekommt das Geld in seinem Land ebenfalls in bar ausgezahlt, abzüglich einer Provision von einigen Prozent. Das Ganze funktioniert anonym und mit einem Code. Eine Registrierung oder gar eine offizielle Buchführung gibt es nicht, schon gar nicht elektronisch.
Keine Kontrolle durch die Behörden
Damit sind die Transfers jeglicher Kontrolle durch die Finanzaufsicht BaFin oder andere Behörden entzogen. In Deutschland ist Hawala-Banking verboten, zum einen, weil es gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) verstößt, zum anderen weil es Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder Terrorfinanzierung Tür und Tor öffnet.
Beide Beschuldigten wurden wegen Verstoßes gegen das ZAG verurteilt. Der 50 Jahre alte Hauptangeklagte außerdem noch wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Der 36-Jährige Angeklagte, ein Autohändler aus Ägypten, wurde wegen Unterstützung dieser kriminellen Vereinigung verurteilt.
Strafmilderung gegen Geständnis
Für die Angeklagten kam das Strafmaß wenig überraschend. Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich zuvor darauf verständigt. Dafür hatten die beiden Männer umfangreiche Geständnisse abgelegt. Damit hätten sie die Ermittlungen und das Verfahren erheblich abgekürzt, hielt ihnen das Gericht zugute.
So hatte Hesham A. zugegeben, eine Hawala-Zahlungsstelle betrieben zu haben. Zunächst hatte er 2015 als syrischer Flüchtling das Netzwerk selbst genutzt, indem er kleinere Beträge für Privatleute an deren Familien in der Heimat verschickte.
Schwerkriminalität billigend in Kauf genommen
Später stieg er in das Geschäft mit ein, um Schulden zu bezahlen. Die Beträge wurden größer, der Kundenkreis wuchs. Auch Autohändler Marwan E. zählte bald dazu.
Dieser hatte nach einer erheblichen Einschränkung des Zahlungsverkehrs in Ägypten durch das Regime kaum eine andere Möglichkeit gesehen, weiterhin Autos aus Deutschland nach Ägypten zu exportieren. Ein Bekannter brachte ihn mit A. in Kontakt.
Auch wenn beide selbst vielleicht keine schwerkriminellen Aktivitäten verfolgten, so hätten sie sie doch billigend in Kauf genommen, erklärte die Richterin. So habe A. in einer überwachten Kommunikation einem Kunden gegenüber geäußert, es sei ihm egal, woher das eingezahlte Geld stamme.
Drahtzieher bleibt in Haft
Letztlich hätten beide Angeklagten gewusst, dass sie etwas Verbotenes tun. A., der seit 14 Monaten in Untersuchungshaft sitzt, bleibt vorerst im Gefängnis. Es bestehe weiterhin Fluchtgefahr, entschied das Gericht.
Der Haftbefehl gegen E. war schon vor einiger Zeit außer Vollzug gesetzt und wurde nun ganz aufgehoben. Beide Männer gelobten, das illegale Netzwerk nicht mehr nutzen zu wollen. Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.
Auftakt zu Prozessreihe
Der Prozess war der erste einer Reihe von Prozessen rund um das Hawala-Banking, die noch folgen sollen. Im Sommer waren 99 Büros und Wohnhäuser in Hessen sowie in anderen Bundesländern und im europäischen Ausland durchsucht worden.