Ärzte raten zur Impfung Immer mehr Keuchhusten-Fälle in Hessen
Schlappheit, Schnupfen, andauernder Husten: Das sind typische Keuchhusten-Symptome. Vor allem Kinder und Jugendliche stecken sich an. Grund dafür ist wohl auch eine fehlende Auffrischungsimpfung.
Die Keuchhusten-Welle hat den Kinderarzt Thomas Prouschil überrascht. Zumindest in dieser Heftigkeit: "Ich habe diese Praxis seit 17 Jahren und so eine Häufung von Fällen bisher noch nicht erlebt", sagt der Mediziner aus dem südhessischen Roßdorf (Darmstadt-Dieburg).
Masken und Abstandsregeln während der Corona-Pandemie haben laut Prouschil die Infektwellen durcheinander gebracht, "einiges an Infekten wird jetzt nachgeholt". Bereits im Sommer hatte das hessische Gesundheitsministerium steigende Zahlen registriert.
Keuchhusten-Test durch Abstrich oder Blutuntersuchung
Prouschil beobachtet in seiner Praxis einen Schwerpunkt bei den 10- bis 15-Jährigen. Die jungen Patientinnen und Patienten litten unter wochenlangem heftigen Husten - vor allem nachts.
Für ihn als Arzt sei die Erkrankung schwer zu erkennen. Er diagnostiziere sie anhand der andauernden Symptome. Dazu gebe es verschiedene Möglichkeiten, Keuchhusten zu testen - entweder durch einen Abstrich oder durch eine Blutuntersuchung. In der Regel empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) einen PCR-Test mittels Abstrich.
RKI registriert Fallzahlen auf Vor-Corona-Niveau
Dass in diesem Jahr deutlich mehr Menschen an Keuchhusten erkrankt sind, belegen Zahlen des RKI. Diesem wurden im laufenden Jahr aus Hessen 891 Fälle gemeldet. 2023 lag die offizielle Zahl in Hessen insgesamt nur bei 150. Keuchhusten ist eine meldepflichtige bakterielle Erkrankung, allerdings werden bei weitem nicht alle Patienten mit entsprechenden Symptomen darauf getestet.
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Die Inzidenz liegt im Kreis Darmstadt-Dieburg derzeit bei 17. Den höchsten Wert in Hessen verzeichnet der Werra-Meißner-Kreis mit 35,9. Es folgen der Kreis Offenbach und Wiesbaden.
In den Pandemie-Jahren 2020 bis 2023 waren die Keuchhusten-Zahlen dank der Regeln zum Infektionsschutz deutlich niedriger als vorher. Die Zahlen für dieses Jahr liegen etwa auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.
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Grund für hohe Infektionszahlen: Fehlende Auffrischungsimpfungen
Keuchhusten tritt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts vor allem bei Kindern und Jugendlichen auf. Derzeit macht die Gruppe der 5- bis 19-Jährigen mit 10.945 Fällen fast die Hälfte (48,1 Prozent) aller Infizierten aus. Aber auch Erwachsene sind betroffen.
Keuchhusten ist eine bakterielle Erkrankung und wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Eine Erkrankung verläuft in drei Stufen. Zunächst leiden Erkrankte unter Symptomen wie Schnupfen, Husten und Schlappheit. Nach ein bis zwei Wochen ist diese Phase der Erkrankung vorbei, es folgt ein hartnäckiger und trockener Husten mit krampfartigen Attacken, die bis zum Erbrechen führen können. Typisch ist auch das keuchende Einziehen von Atemluft.
Zu Komplikationen gehören am häufigsten Lungenentzündungen, sie können auch bei Menschen mit Grunderkrankungen und bei Älteren vorkommen.
So ist der Verlauf bei Keuchhusten
Keuchhusten ist eine bakterielle Erkrankung und wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Eine Erkrankung verläuft in drei Stufen. Zunächst leiden Erkrankte unter Symptomen wie Schnupfen, Husten und Schlappheit. Nach ein bis zwei Wochen ist diese Phase der Erkrankung vorbei, es folgt ein hartnäckiger und trockener Husten mit krampfartigen Attacken, die bis zum Erbrechen führen können. Typisch ist auch das keuchende Einziehen von Atemluft.
Zu Komplikationen gehören am häufigsten Lungenentzündungen, sie können auch bei Menschen mit Grunderkrankungen und bei Älteren vorkommen.
Ärzte führen das in erster Linie auf versäumte Auffrischungsimpfungen zurück. Das bestätigt auch der Frankfurter Virologe Martin Stürmer. Viele, sagt Stürmer dem hr, würden die empfohlenen Auffrischungsimpfungen nicht wahrnehmen, weil sie auf die Grundimmunisierung aus der Kindheit setzten.
Wann sollte ich mein Kind gegen Keuchhusten impfen?
Zwar bilde weder die Impfung noch eine Infektion einen lebenslangen Schutz, so Stürmer, beides schütze aber vor schweren Verläufen. Dazu könne man durch Impfungen die Neuinfektionen reduzieren. Das RKI empfiehlt nach den drei Grundimmunisierungen im Säuglingsalter je eine Auffrischungsimpfung im Einschulalter und dann nochmal mit 9 bis 16 Jahren.
Im Gegensatz zu den Jahren vor der Corona-Pandemie zeigt sich bei Kindern und Jugendlichen ein deutlicher Anstieg. Vorher lagen diese Altersgruppen eher im Mittelfeld. Kinderarzt Prouschil führt das auch darauf zurück, dass man in dem Alter mit vielen anderen Kindern eng zusammen ist und viel gemeinsam Zeit verbringt.
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Junge Säuglinge besonders gefährdet
Ganz schwere Fälle landen im Krankenhaus. Auch in den Darmstädter Kinderkliniken wurden zuletzt einzelne Fälle stationär behandelt. "Es waren gefühlt mehr als in den letzten Jahren", sagte die Oberärztin Hanna Schöttler.
In der Klinik werden laut Schöttler in der Regel sehr junge Säuglinge behandelt, da es bei diesen "zu Atemaussetzern kommen kann, die für das Kind gefährlich sein können".
Daher sei es aus kinderärztlicher Sicht sehr wichtig, dass Säuglinge und Kinder nach dem üblichen Impfschema des RKI geimpft werden. Auch Schwangere sollten sich ab der 28. Schwangerschaftswoche impfen lassen, um das Neugeborene durch Antikörper zu schützen.
Virologe Stürmer erwartet deutliche Zunahme an Fällen
Virologe Stürmer bestätigte das, was Medizinerinnen und Mediziner in Praxen und Kliniken erleben. "Die diesjährige Welle ist sehr viel stärker als das, was wir in der Vergangenheit gesehen haben", sagt Virologe Stürmer.
Bis zum Jahresende rechnet er mit einer deutlichen Zunahme der Erkrankungen - und schlussendlich mit einer zwei- bis dreifach so hohen Fallzahl. Die außergewöhnliche Häufung an Fällen zeige, dass "Erkrankungen, von denen wir glauben, sie im Griff zu haben, uns immer wieder einholen können", so der Virologe.
Kinderarzt Prouschil hofft, dass künftig mehr Menschen ihren Impfpass im Auge haben und die Keuchhustenimpfung rechtzeitig mit einem Booster auffrischen lassen.