Jahresrückblick 2024 | April bis Juni Tauben und Schweine in Gefahr - englische Fans auch?
Im zweiten Quartal des Jahres 2024 geht die Angst um: Tauben und Wölfen soll es an den Kragen gehen, England ernennt Frankfurt zur Zombiestadt. Es gibt aber auch viele fröhliche Gesichter. Die Monate April bis Juni im Schnelldurchlauf.
Januar, Februar, März, April - die Jahresuhr steht niemals still. Dass auch dieses Jahr 2024 mal wieder viel zu schnell vorbeiging, haben wir schon im ersten Teil unseres Jahresrückblicks phrasendreschend festgestellt.
Und da auch im zweiten Quartal eine Menge los war, rollen wir die vergangenen zwölf Monate weiter von hinten auf. Was war los in Hessen? An dieser Stelle beschäftigen wir uns mit dem Wonnemonat Mai, dem EM-Monat Juni und dem bereits erwähnten April.
APRIL 2024
Das hat Hessen bewegt
Mach's gut, Holz: Eintracht Frankfurt und die Fußball-Welt trauern um Bernd Hölzenbein. Der Weltmeister von 1974, der fast sein ganzes Leben in verschiedenen Funktionen bei der Eintracht verbrachte und die Hessen 1980 zum UEFA-Cup-Sieg führte, stirbt nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren.
April macht April-Dinge: Der April, der macht auch im Jahr 2024, was er will: Am ersten Wochenende dieses verrückten Monats klettern die Temperaturen in Richtung der 30-Grad-Marke und schenken den Hessen und Hessinnen einige Sommertage im Frühling. Die Sonnenbrillen und Badehosen müssen jedoch schnell wieder eingepackt und gegen Handschuhe und Schal getauscht werden, keine zwei Wochen später kehrt nämlich der Winter zurück. Hessen versinkt im Schnee.
Frankfurt? Bist du verrückt! Wenige Wochen vor Beginn der Fußball-EM warnt die englische Boulevard-Zeitung Sun alle englischen Fans vor einer Reise nach Frankfurt. Das Bahnhofsviertel sei "der gefährlichste Slum Deutschlands", Frankfurt eine Zombiestadt. Neben 5.000 Junkies und 300 Dealern gehörten Schießereien auf offener Straße zum Alltag. So ein Quatsch, sagt die Stadt, stellt aber dennoch ein Maßnahmen-Paket zur Verbesserung der Situation vor. Im Juni, so viel sei verraten, fühlen sich die Fans aus dem Mutterland des Fußballs dann trotzdem sichtlich wohl in Zombietown.
Klassenfahrt endet im Straßengraben: Bei einem Reisebus-Unfall auf der A45 zwischen Freudenberg und Olpe in Nordrhein-Westfalen werden 27 Marburger Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren verletzt, vier davon schwer. Die Reise, die eigentlich in London enden sollte, ist damit schon nach rund 90 Minuten vorbei. Die teilweise unter Schock stehenden Schülerinnen und Schüler werden in ihrer mittelhessischen Heimat psychologisch betreut.
Und sie fliegen doch: Die Lufthansa und die Gewerkschaft Unabhängige Flugbegleiter Organisation, die den für den Luftverkehr sehr passenden Namen Ufo trägt, legen ihren Streit bei und einigen sich auf einen neuen Tarifvertrag. Für alle Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter bedeutet das: mehr Geld. Für alle Reisenden bedeutet das: mehr Planungssicherheit. Streiks gibt es fortan keine mehr.
Zum Sport
DEL-Traum? Geplatzt! Die Kassel Huskies scheitern wieder einmal an sich selbst und verpassen im vierten Jahr in Folge den ersehnten Aufstieg in die erste deutsche Eishockey-Liga (DEL). Selbst ein Trainerwechsel mitten in der Finalserie kann die Niederlage gegen Regensburg nicht abwenden. Die Nordhessen bleiben zweitklassig.
Und die Kultur?
Siedler-von-Catan-Erfinder tot: Er gilt als einer der Begründer der "German Board Games": Der Spieleerfinder Klaus Teuber aus Roßdorf (Darmstadt-Dieburg) stirbt im Alter von 70 Jahren. Mit "Siedler von Catan" gelingt ihm 1995 ein weltweiter Erfolg. Das Spiel wird in rund 70 Ländern verkauft.
Und sonst so?
Bauer fragt Frau: Landwirt Christian Stracke aus dem mittelhessischen Rauschenberg (Marburg-Biedenkopf) liebt offenbar die große Bühne. Statt eines schnöden Kniefalls und eines mit zitternden Händen hervorgeholten Rings, das kann ja jeder, mäht er als Liebesbeweis für seine Freundin fünf Worte in ein Rettichfeld. "Willst du mich heiraten, Jana", steht dort eines Vormittags geschrieben. Was folgt: Ein "spontaner" Spaziergang und ein weiteres Wort: "Ja."
MAI 2024
Das hat Hessen bewegt
Prinz Reuß auf der Anklagebank: Am Frankfurter Oberlandesgericht beginnt der Prozess gegen die Reichsbürger-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Neun Männern und Frauen der sogenannten "Patriotischen Union" wird vorgeworfen, einen gewaltsamen Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung geplant zu haben. Dafür sollte unter anderem der Reichstag in Berlin mit Waffen gestürmt werden. Stattdessen gab es im Dezember 2022 eine Razzia der Polizei und zahlreiche Festnahmen.
Der Wolf im Landtag: Da die hessischen Weidetiere zunehmend in Gefahr geraten, wird der Wolf im Mai zum Thema im Landtag. Die Regierung will den Isegrim zum Abschuss freigeben, sprich: ins Jagdrecht aufnehmen. "Wir brauchen die Trendwende Wolf", sagt der CDU-Abgeordnete Dominik Leyh. Die formelle Gesetzesänderung folgt im Oktober, zur offiziellen Freigabe der Wolfsjagd fehlen aber weiter die Zustimmung von Bund und EU.
Lebensgefahr im Treibsand: Beate Oetzel aus Witzenhausen (Werra-Meißner) wird bei ihrem Nordsee-Urlaub in Sankt Peter-Ording zur Lebensretterin. Bei einem morgendlichen Spaziergang hört die 65-Jährige Hilferufe und entdeckt dann eine Person im Treibsand. Die Nordhessin reagiert sofort und rettet der Frau das Leben.
Urteil nach Mord an 14-Jähriger: Nach dem gewaltsamen Tod eines 14 Jahre alten Mädchens in Bad Emstal (Kassel) verurteilt das Landgericht Kassel einen 21-Jährigen wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und neun Monaten. Die Leiche war im September des Vorjahres am Rande eines Feldweges gefunden worden, der Täter war ein Bekannter des Kindes.
Zum Sport
Auf Wiedersehen, SVWW: Nach einer katastrophalen Rückrunde endet der Absturz des SV Wehen Wiesbaden mit dem Abstieg in die 3. Liga. Der SVWW, der sich im Saisonendspurt vom langjährigen Erfolgstrainer Markus Kauczinski trennte, muss sich in der Relegation dem SSV Jahn Regensburg geschlagen geben. Nach dem Hinspiel in Bayern und einem umkämpften 2:2-Unentschieden sieht es zwar noch gut aus, im Rückspiel gibt es dann aber eine 1:2-Niederlage und viele Tränen.
Welcome back, Skyliners: Dass es auch andersherum geht, beweisen die Frankfurt Skyliners. Die Bundesliga-Basketballer kehren nur ein Jahr nach dem Abstieg in die Zweitklassigkeit zurück in die BBL.
Und die Kultur?
75 Jahre - und noch immer "Sexy": Nach fünf Jahren steht Marius Müller-Westernhagen erstmals wieder auf der Bühne. Bei seinem Auftritt in der Frankfurter Festhalle erfüllt der mittlerweile 75-Jährige die Erwartungen seiner 7.000 Zuschauerinnen und Zuschauer vollends: Er spielt all die alten Hits und nimmt sein Publikum mit auf eine Reise in ihre Vergangenheit.
Und sonst so?
Normale Kasselaner auf die 1: Die Antwort auf die Frage nach Deutschlands bester Großstadt lautet ganz offiziell: Kassel. Die nordhessische Schönheit lässt in einem von der Süddeutschen Klassenlotterie veröffentlichten Ranking Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und natürlich auch München hinter sich. Demnach fühlen sich alle Kasseler, Kasselerinnen, Kasselaner und Kasselanerinnen deutschlandweit am glücklichsten. Was haben die anderen, was Nordhessen nicht hat? Eben.
JUNI 2024
Das hat Hessen bewegt
Schwer zu ertragen: Am Darmstädter Landgericht beginnt der Mordprozess gegen einen 15-Jährigen, der den Obdachlosen Andreas N. auf dem Luisenplatz getötet haben soll. Dem Jugendlichen wird vorgeworfen, sein Opfer insgesamt 87 Mal gegen den Kopf und den Oberkörper getreten zu haben. Prozessbeobachter und Richter zeigen sich schockiert, der Hauptangeklagte erhält später die Höchststrafe.
Schweine in Gefahr: Die Afrikanische Schweinepest kommt in Hessen an. Mitte Juni wird das tödliche Virus erstmals an einem Wildschwein in der Nähe von Rüsselsheim nachgewiesen. Es folgen zahlreiche weitere Fälle und viele getötete Tiere. Am härtesten trifft es Südhessen.
Tauben in Gefahr: Nach monatelangen Streitereien und hitzigen Diskussionen stimmen 53,5 Prozent aller Limburgerinnen und Limburger dafür, Tauben künftig per Genickbruch töten zu dürfen. Tierschützer sprechen von einem schlimmen Tag für das Tierrecht, später gibt es Kompromissvorschläge und Rettungsaktionen. Ausgeführt wurde die Todesstrafe bislang noch nicht, nach einer neuen Zählung im Dezember könnte es für die Tauben sogar ein Happy End geben.
CDU jubelt bei Europawahl: Obwohl das Ampel-Aus zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als ein mögliches Szenario ist, schneiden die Regierungsparteien auch bei der Europawahl eher schlecht ab. Die Grünen verlieren mehr als zehn Prozentpunkte und werden nur viertstärkste Kraft. Die FDP kommt auf 6,3 Prozent, die SPD auf 16,4. Wahlsieger in Hessen wird die CDU (30), die AfD kann zulegen (13,6).
Die NATO zieht's in die Landeshauptstadt: Jürgen Klopp ist schon da, jetzt soll auch eine NATO-Einheit folgen. In Wiesbaden sollen künftig Waffenlieferungen in die Ukraine und Ausbildungsaktivitäten koordiniert werden. Das kündigt NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Juli an. Einziehen soll die neue Einheit auf dem US-Militärstützpunkt im Stadtteil Erbenheim.
Zum Sport
Hessen wird zum Fußball-Land: Das bestimmende und prägende Thema des Sommers ist die Fußball-EM in Deutschland. Tausende Fans aus ganz Europa feiern auch in Hessen und verwandeln die Straßen und Kneipen in bunte und meist friedliche Fankurven. In Frankfurt finden insgesamt fünf Spiele statt, darunter das deutsche Gruppenspiel gegen die Schweiz und ein tränenreicher Abend von Cristiano Ronaldo. Der Frankfurter Rasen macht zwar mal wieder Ärger, der Rest ist aber ein großes Fest.
Und die Kultur?
Zuckerwürfel-Eröffnung: Rund acht Jahre dauerte die Planungs- und Bauzeit des Museum Reinhard Ernst, immer wieder kam es zu Verzögerungen. Im Juni ist es dann soweit: Der "Zuckerwürfel" in Wiesbaden öffnet seine Türen. Dort soll Kunst für alle erfahrbar sein, besonders für Familien und Kinder.
Und sonst so?
Mal kurz die Sorgen vergessen: Bei aller Freude über Tore und Titel gibt es bei der EM aber auch nachdenkliche Momente. Allen voran die ukrainische Mannschaft, die in Taunusstein (Rheingau-Taunus) ihr Quartier aufschlägt und in Wiesbaden zu einem emotionalen öffentlichen Training lädt, zeigt, dass Fußball eben doch nur eine Nebensache ist. Die Spieler haben den Ball am Fuß, aber auch stets den Krieg im Kopf.