Neue Anklage gegen Eheleute Richter Juristische Aufarbeitung des AWO-Skandals zieht sich

Im AWO-Komplex laufen weiter etliche Ermittlungen. Im Fokus stehen mehrere frühere Verantwortliche des Sozialverbands. Eine Entscheidung über eine neue Anklage gegen Ex-AWO-Chef Richter und seine Frau steht noch aus.

Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt mit dem AWO-Logo hinter Zweigen eines Baumes
Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt. Bild © picture-alliance/dpa
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Zuletzt war es ruhig geworden rund um den AWO-Skandal. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt dauern die Ermittlungen gegen die frühere Leitung der Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt und Wiesbaden aber weiter an. Demzufolge wird noch gegen 18 Beschuldigte ermittelt. Im zentralen Verfahren gegen die ehemaligen AWO-Chefs Jürgen und Hannelore Richter liegt der Ball nun wieder beim Landgericht Frankfurt.

Der Skandal um überhöhte Gehälter, Luxus-Dienstwagen und Scheinanstellungen kam 2019 durch Recherchen des hr ins Rollen. Zwischenzeitlich wurde gegen rund 120 Personen ermittelt, wie aus einer Antwort des Justizministeriums auf eine Kleine Anfrage im Herbst 2023 hervorging. 

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Neue Anklage nach Nachermittlungen

Im Zentrum der Affäre steht das Ehepaar Richter, das die Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden führte. Zusammen mit zwei weiteren ehemaligen Führungskräften sind die Eheleute wegen Betrugs angeklagt. Es geht um den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften. Der Stadt Frankfurt soll, so der Vorwurf, ein Schaden von 2,6 Millionen Euro entstanden sein. 

Die Staatsanwaltschaft hatte schon im August 2022 Anklage erhoben. Das Landgericht schickte die Akten im März 2023 jedoch zurück und forderte die Staatsanwälte zu Nachermittlungen auf. Inzwischen wurde die Anklage neu gefasst und erneut dem Landgericht eingereicht, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Dominik Mies, sagte. Das Landgericht hat laut Sprecher Daniel Trosch allerdings noch nicht über die Zulassung entschieden.

Zivilverfahren auf September verschoben

Parallel zu dem Strafverfahren läuft im Zusammenhang mit den Flüchtlingsunterkünften ein Zivilverfahren. Klägerin ist die Stadt Frankfurt, Beklagter der AWO-Kreisverband Frankfurt. Die Stadt behauptet, in den Jahren 2016 bis 2018 überhöhte Personalkosten für diese Heime gezahlt zu haben und will jetzt Geld zurück.

Ursprünglich ging es um rund 470.000 Euro, später wurde die Klage erweitert - inzwischen stehen 1,13 Millionen Euro im Raum. Die für vergangenen Freitag vorgesehene Verhandlung wurde auf Bitten des Klägervertreters kurzfristig verschoben. Neuer Termin ist laut Landgerichtssprecherin Isabel Jahn im September.

"Ermittlungen mit Nachdruck und Sorgfalt"

Neben dem Betrugsverfahren gegen die vier ehemaligen Chefs sind laut Staatsanwaltschaftssprecher Mies Ermittlungsverfahren gegen 14 weitere Beschuldigte aus dem AWO-Komplex noch offen. "Es geht in diesen Verfahren um den Verdacht der Untreue zum Nachteil der Kreisverbände der AWO Frankfurt und Wiesbaden, der Beihilfe zur Untreue, der Vorteilsgewährung, des Betrugs, des Vereitelns der Zwangsvollstreckung und der Steuerhinterziehung", sagte Mies.

Es handele sich "um einen umfangreichen Komplex mit einer Vielzahl von Tatverdächtigen und mehreren Ermittlungsverfahren", so Mies. Es seien eine große Anzahl von Beweismitteln auszuwerten, Zeugen zu vernehmen und Stellungnahmen von Tatverdächtigen auszuwerten. "Die Ermittlungen werden mit Nachdruck, aber selbstverständlich auch mit der erforderlichen Sorgfalt geführt", betonte er.

Prominente Angeklagte aus der Politik

Der AWO-Skandal reicht bis in die Politik. Der frühere Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) wurde wegen Vorteilsannahme verurteilt und musste seinen Posten räumen (zur Chronologie der Ereignisse). Seine frühere Partnerin wurde wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt.

Ein Prozess gegen den ehemaligen Wiesbadener Sozialdezernenten Christoph Manjura steht noch aus. Der SPD-Politiker wurde schon im Sommer 2022 wegen Beihilfe zur Untreue im besonders schweren Fall angeklagt, einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht.

In anderen Verfahren ging es um Scheinarbeitsverträge und Minijobs, für die Mitarbeiter Geld erhielten, ohne dafür zu arbeiten. Auch ein falscher Doktortitel des Ex-AWO-Chefs Richter war Gegenstand eines Prozesses. Die neue Leitung der AWO verklagte das Ehepaar auf Schadenersatz und bekam Recht: Das Landesarbeitsgericht verurteilte im Herbst 2023 die beiden zur Zahlung von knapp 1,8 Millionen Euro.

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe