Diskussionsrunde mit Letzter Generation Kassels OB Schoeller gegen Subventionierung von Flugbetrieb am Kassel Airport
Seit Tagen protestieren Mitglieder der Letzten Generation gegen den Kassel Airport. Die Kritik der Klimagruppe richtet sich auch an Oberbürgermeister Schoeller. Dabei teilt dieser ein Ziel der Aktivistinnen und Aktivisten.
Der Kasseler Oberbürgermeister Sven Schoeller hat am Freitagmorgen das Protestcamp der Letzten Generation besucht. Der Grünenpolitiker nahm dort an einer Diskussionsrunde teil. Damit war er der Einladung der Klimaaktivistinnen und -aktivisten durch einen Offenen Brief vom Mittwoch gefolgt. Das Camp steht seit rund einer Woche in der Kasseler Goetheanlage.
"Wir sind sehr dankbar für den Austausch und haben uns gefreut, dass Herr Schoeller ins Camp gekommen ist", sagte Lina Johnsen von der Letzten Generation nach dem Gespräch. Gleichzeitig seien die Aktivistinnen und Aktivisten "sehr ernüchtert", dass sich keine gemeinsamen Handlungsoptionen herauskristallisiert hätten. Sie hätten das Gefühl, Schoeller sei der "Flughafenvertrag" wichtiger als der "Gesellschaftsvertrag".
Positionen zum Flughafen Kassel-Calden dicht beieinander
Etwa eine Stunde lang hatten sie sich mit dem OB im großen Kreis und auf Campingstühlen sitzend ausgetauscht. Lange ging es in der Diskussion eher um rechtsphilosophische Fragen: Wie viel Protest ist erlaubt und ist der Widerstand legitim? Hierbei gingen die Meinungen von Schoeller und den Aktivisten freilich auseinander.
Übereinstimmend ließ sich aber festhalten: In Bezug auf den Kassel Airport in Calden haben der OB und die Letzte Generation gemeinsame Ziele. Die Subventionen des Luftfahrtbetriebes seien weder ökonomisch noch ökologisch, sagte Schoeller. Er sprach sich für ein Ende der Subventionen für den Flugbetrieb aus.
Differenzen im Demokratieverständnis
Um dieses Ziel zu erreichen, verfolgten er und die Mitglieder der Gruppe aber verschiedene Ansätze. Schoeller betonte in der Podiumsdiskussion, gesellschaftliche Regeln müssten eingehalten werden, "sonst können wir einpacken". Bei den etwa 50 Zuhörenden löste das Unverständnis aus und sorgte für Verärgerung. Immer wieder gab es ablehnende Zwischenrufe.
Schoeller sagte, er wolle die Verantwortlichen lieber demokratisch mit Argumenten überzeugen, als sich mit einem Vertragsbruch strafbar zu machen. Dafür sei Wiesbaden der richtige Ansprechparter, da das Land Hessen mehr als 60 Prozent der Flughafenanteile hält. Als Kasseler Oberbürgermeister könne er nur wenig tun.
Landesregierung will an Kassel Airport festhalten
Die neue Landesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag bestätigt, weiter in den Flughafen investieren zu wollen. "Wir können uns gut vorstellen, auch in Wiesbaden zu diskutieren", antwortete die Letzte Generation.
Aus der SPD-Fraktion im Kasseler Rathaus kam scharfe Kritik an Schoeller. Der Oberbürgermeister schade der Entwicklung des Regionalflughafens zum wiederholten Mal durch derartige Aussagen. Als Gesellschafterin des Airports habe die Stadt Kassel - und damit OB Schoeller als ihr Repräsentant und Vertreter im Aufsichtsrat - die Aufgabe, den Gewerbestandort auszubauen. Dazu gehöre nun mal der Flugbetrieb. Sollte Schoeller dieses Ziel nicht teilen, müsse er aus dem Aufsichtsgremium ausscheiden.
Genau das forderte der Verein Pro Kassel Airport. "Eine Einstellung des Flugbetriebs hätte katastrophale Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Nordhessen", teilte der Verein mit und warnte vor dem Verlust von hunderten Arbeitsplätzen.
Nahezu täglich finden im Kasseler Stadtgebiet seit Errichtung des Camps Ende September Protestaktionen der Aktivistinnen und Aktivisten statt. Die Autobahn- und Straßenblockaden oder Farbschmierereien richten sich gegen ebenjene öffentliche Subventionierung des Kassel Airports.
Proteste und Straßenblockaden am Freitag
Nach ersten Straßenblockaden und unangemeldeten Versammlungen am Mittwoch kamen auch am Freitagmittag wieder 70 Protestierende in der Innenstadt zusammen. Die symbolische Uhrzeit: fünf nach zwölf. Begleitet von der Polizei, zogen sie durch die Innenstadt über den Steinweg bis zum Regierungspräsidium.
Am Abend fand eine weitere Kundgebung statt, an der laut Polizei rund 300 Menschen teilnahmen. Sie riefen "Klima schützen ist kein Verbrechen" oder "Subventionen für Privatflüge stoppen". Nach Aussage eines Polizeisprechers blieb alles friedlich.
Auch am Mittwoch hatte es Straßenblockaden und unangemeldete Versammlungen der Letzten Generation in Kassel gegeben. Die Polizei berichtete auf der Plattform X am Mittag von rund 70 Teilnehmenden, die eine Kreuzung am Lutherplatz für etwa eine Stunde blockiert hatten.
Anmerkung: In einer früheren Version hieß es an zwei Stellen, Kassels OB Schoeller habe sich in dem Gespräch mit der Letzten Generation gegen den Betrieb des Flughafens ausgesprochen. Schoeller betont: Er habe sich dabei lediglich auf die Subventionen für den Flugverkehr bezogen. Wir haben die entsprechenden Passagen korrigiert.