Digitaler Katastrophenschutz im Odenwald Unwetter und Waldbrände frühzeitig erkennen

Ob Überschwemmungen oder Waldbrände wegen großer Trockenheit - extreme Wetterereignisse nehmen zu. Der baum- und gewässerreiche Odenwald hat damit immer wieder zu kämpfen. Um Gefahren frühzeitig zu erkennen, setzt der Kreis auf Digitalisierung.

Wetterstation auf einem Mast, im Hintergrund hügelige Landschaft
Eine Wetterstation in Oberzent Bild © Odenwaldkreis/Bettina Helfrich
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Der Odenwaldkreis treibt die Digitalisierung seines Katastrophenschutzes weiter voran. In Oberzent wurden die ersten Komponenten eines Unwetter-Frühwarnsystems installiert, wie der Kreis jetzt mitteilte. Es soll Kommunen und Einsatzkräfte in die Lage versetzen, schon vor den ersten Auswirkungen eines Unwetters Schutzmaßnahmen gezielt einzuleiten.

Freibad bei Unwetter überflutet

"Wie schnell Starkregenereignisse auch uns im Odenwaldkreis treffen können und uns vor Herausforderungen stellen, konnten wir jüngst in Güttersbach sehen", sagt Landrat Frank Matiaske (SPD). In dem Ortsteil von Mossautal war vor rund drei Wochen das Freibad während eines Unwetters überflutet worden.

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Mittlerweile messen in Güttersbach Sensoren den Wasserstand des namensgebenden Fließgewässers. Dort und in Oberzent wurden zusätzlich Wetterstationen installiert. Das System kann bei Erreichen kritischer Werte Informationsläufe auslösen.

Über 100 Wasserstands-Sensoren

Bis Ende des Jahres soll der ganze Landkreis an das System angeschlossen werden, das von der Kreisverwaltung "IOT-Infrastruktur" genannt wird. IOT steht dabei für "Internet oft things", also Internet der Dinge. Der Begriff beschreibt ganz allgemein Geräte, die über das Internet miteinander kommunizieren.

Am Ende werden nach jetziger Planung 108 Sensoren für Wasserstände und 61 Wetterstationen im Kreisgebiet verteilt sein, vernetzt über 63 Netzwerkknoten. Die Standorte für die Wasserstandssensoren wurden nach früheren Hochwasserereignissen, aber auch nach Fließpfadkarten ausgewählt.

Daten werden öffentlich gemacht

Kreisbrandinspektor Horst Friedrich spricht von einem Meilenstein. Der Katastrophenschutz erhalte einen flächendeckenden Überblick in aktuelle Wetterlagen. Die Daten der Wetterstationen wie Wind, Regen und Temperatur sollen aber auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Auf der Homepage des Kreises werden sie in einem Dashboard visualisiert. Man kann dann beispielsweise sehen, wie warm oder kalt es beispielsweise gerade am Schwimmbad ist. "Ein schöner Nebeneffekt", findet der Odenwaldkreis.

Projektleiterin Anita Puschmann ist zufrieden, dass es mit dem Ausbau des Warnsystems voran geht. "Ich freue mich, dass der zentrale Punkt des Projektes mit den ersten Installationen in Oberzent gestartet ist", sagt sie. Die viele Vorarbeit könne nun umgesetzt werden.

Spezialkameras erkennen Waldbrände

Das Unwetter-Frühwarnsystem ist ein Baustein des Odenwälder Projekts "Katastrophenschutz goes digital". Dazu gehört auch IQ Firewatch, ein Warnsystem zur Früherkennung von Waldbränden, das sich bereits in einem fortgeschrittenem Stadium seines Aufbaus befindet.

An Sendemast installierte Waldbrandkamera von oben aufgenommen
Eine der an hr-Sendemasten installierten Waldbrandkameras Bild © hr/Alexander Weiße

Multispektrale Kameras sollen in Echtzeit Rauch und "rauchähnliche Phänomene" erkennen können. Vier davon sind bereits installiert - auf Sendemasten des Hessischen Rundfunks in Würzberg und im Ostertal. Eine fünfte soll laut einem Kreissprecher noch folgen.

Waldbrände nehmen zu

Denn rund die Hälfte des Kreisgebiets besteht aus Wald. In den letzten Jahren habe es eine vergleichsweise hohe Anzahl an Waldbränden gegeben, heißt es seitens des Kreises. Eine frühzeitige Erkennung sei entscheidend, um Schäden zu minimieren.

Durch die präzisere Standortbestimmung könnten die Feuerwehren schneller und gezielter eingreifen. Zudem erhalte die Zentrale Leitstelle einen besseren Überblick über die Lage. Eine Künstliche Intelligenz hilft dabei, echte Brände etwa von Wolken zu unterscheiden.

Neben dem Unwetter-Warnsystem und IQ Firewatch umfasst das Programm auch das vor einem Jahr eingeführte "Emergency Eye", bei dem sich Rettungskräfte auf das Handy von Verunglückten aufschalten können, um deren Standort zu bestimmen und per Handykamera die Situation einzuschätzen. Bis Ende 2023 wurde "Emergency Eye" bereits über 50 Mal eingesetzt.

Land fördert digitale Kommunen

Gefördert wird "Katastrophenschutz goes digital" vom Hessischen Ministerium für Digitales und Innovation. Die Mittel kommen aus dem Topf des Förderprogramms "Starke Heimat Hessen". Damit will das Land Zukunftsprojekte der Kommunen im Bereich der Digitalisierung voranbringen. Rund 20 Millionen Euro jährlich standen von 2020 bis 2024 zur Verfügung.

Insgesamt 91 Projekte seien nach jetzigem Stand gefördert worden, teilte das Ministerium mit. Profitiert hätten aufgrund kommunaler Zusammenarbeit mehr als 100 Kommunen. Umgesetzt wurden damit zum Beispiel intelligente Parkleitsysteme, elektronische Bauakten in der Verwaltung oder eben Frühwarnsysteme.

Ähnliches Projekt in Osthessen

So hat sich im Landkreis Fulda ein Starkregen-Alarmsystem bereits im Ernstfall bewährt, als vor wenigen Wochen ein Unwetter über das Land fegte. "Den ersten Härtetest seit seiner flächendeckenden Inbetriebnahme hat das System erfolgreich bestanden", sagte eine Kreissprecherin.

Nach Worten von Digitalministerin Kristina Sinemus (CDU) liegt besonders im ländlichen Raum viel Potenzial für mehr Lebensqualität und Nachhaltigkeit durch Digitalisierung. Auch ab 2025 sollen laut Ministerium trotz angespannter Finanzlage weitere Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. In welcher Höhe, steht noch nicht fest.

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de