Zoll-Auktionen Kegelbahn, Küstenboot und Lokomotive: Was beim "Behörden-Ebay" alles unter den Hammer kommt
Schnäppchen-Jäger können hier fette Beute machen: Beim "Behörden-Ebay" wird allerhand Brauchbares versteigert. Unter den Hammer bringt der Zoll aber auch Objekte mit enormem Seltenheitswert.
Kegelbahn gefällig? Aber warum nur für einen Abend mieten - bei einer Online-Auktion des hessischen Zolls kann man eine eigene Kegelbahn gleich kaufen. Eine Anlage wurde für ein Startgebot von nur etwas mehr als 100 Euro eingestellt. Das Angebot bis zum 16. Juni gilt allerdings nur für Selbstabholer.
Wer bei der derzeit laufenden Online-Auktion das höchste Gebot abgibt, kann die Bahn abbauen und mitnehmen. Sie befindet sich in einem Schulungszentrum der AOK-Krankenkasse in Homberg/Ohm (Vogelsberg).
"Auf der Kegelbahn wurden gesellige Abende veranstaltet", sagt AOK-Haustechniker Torben Dehnel. Da sie nicht mehr so sehr genutzt wird wie früher und die Räumlichkeiten künftig anderweitig gebraucht werden, soll die noch funktionstüchtige Kegelbahn raus. Die Krankenkasse nutzt als öffentlich-rechtliche Körperschaft nun das Internet-Portal der Zoll-Auktion, um sie unter den Hammer zu kriegen.
Bei den Online-Auktionen wird zu Geld gemacht, was die öffentliche Verwaltung und Behörden gepfändet, beschlagnahmt oder eben aussortiert haben. Die Versteigerung der Kegelbahn ist da ein Beispiel aus dem Kuriositätenkabinett.
Bereits mehr als eine Milliarde Euro Umsatz
Durch die Versteigerungen sprudeln Einnahmen in die Staatskasse. Seit dem Start der Online-Auktionen vor mehr als 20 Jahren ist weit über eine Milliarde Euro Umsatz zusammengekommen, wie der Zoll mitteilte.
Organisiert werden die immer noch bundesweit einmaligen Online-Auktionen vom Hauptzollamt Gießen am Standort Bad Hersfeld. Als wichtige Einnahmen-Verwaltung des Bundes sorgt der Zoll dafür, dass dem Staat Steuern und Abgaben zukommen, wie Zoll-Sprecher Michael Bender erklärt.
Online-Auktionen statt Vor-Ort-Versteigerungen
Kann ein Schuldner etwa seine Schulden nicht zahlen, werden von Beamten oft Sachen gepfändet, die dann öffentlich versteigert werden, damit der öffentliche Gläubiger sein Geld bekommt. Ebenso versuchen die Vollstreckungsstellen einen Teil der vom Zoll eingezogenen oder beschlagnahmten Waren zugunsten der Staatskasse zu Geld zu machen und ausgesonderte Dinge zu verwerten. Und das geht am einfachsten übers Internet - früher übliche Vor-Ort-Versteigerungen haben ausgedient.
Mittlerweile hat die Zoll-Auktion rund 160.000 registrierte Bieter. Die Seite wird bis zu einer Million Mal täglich aufgerufen, wie der Zoll mitteilte. Im Vorjahr gab es mehr als 42.000 Versteigerungen. Mitbieten kann jeder, der volljährig ist und sich online registriert.
Neben dem Zoll bieten mehr als 6.000 andere Behörden an, was sie veräußern wollen. "Weil es Institutionen der öffentlichen Hand sind, ist es ein besonders seriöses Auktionshaus", sagte Bender. Es sei aber bei weitem nicht so bekannt wie etwa Ebay - denn die Zoll-Auktion muss ohne Werbung auskommen. Dennoch: Die Auktionen haben sich als Vorzeigemodell etabliert und bis ins europäische Ausland herumgesprochen, wie Bender erklärt.
Breites Angebot in 19 Kategorien
Versteigert werden kann alles mögliche - ob gebrauchte Gegenstände oder Neuware. In 19 Kategorien von Bekleidung und Büchern über Elektronik und Fahrzeuge bis zu Maschinen und Wertsachen findet sich im virtuellen Auktionshaus des Zolls ein stattliches Angebot.
"Liebhaber erlesener Spirituosen sind Stammkunden bei der Zoll-Auktion, da sie hier das ein oder andere Schnäppchen machen können", sagt Bender. Allerdings müssen alkoholische Getränke unter Vorlage des Ausweises immer abgeholt werden, wenn sie ersteigert wurden.
Täglich 1.400 Auktionen
Täglich gibt es im Durchschnitt 1.400 Auktionen - von der Pferdekutsche bis zum Sportwagen, vom Grammophon bis zum Videobeamer und von der Schwimmweste bis zum Polizeiboot.
Aussortierte Autos - vom kleinen Dienstwagen bis zur Chef-Limousine - sind bei Bietern besonders gefragt, wie Bender berichtet. Zu den Fahrzeugen werden auch Wertgutachten im Netz präsentiert. "Da kauft niemand die Katze im Sack", versichert der Zoll-Sprecher.
Bei den Auktionen kommen aber auch immer wieder ungewöhnliche Objekte unter den Hammer. Versteigert wurde auch schon ein 32 Meter langes, ausgemustertes Küstenstreifenboot der Polizei in Schleswig-Holstein (150.000 Euro); ein Mercedes 600 aus den 1960er Jahren, der einst zum Fuhrpark des sowjetischen Staatsmanns Leonid Breschnew gehörte (103.600 Euro) sowie eine Borsig-Dampfspeicherlokomotive aus dem Jahr 1909.
Eines der Höchstgebote in der Geschichte der Zoll-Auktion erging für 52 Wohncontainer. Die Stadt Aachen hatten sie für Flüchtlinge angeschafft. Als keine Verwendung mehr für die "Space-Boxen" bestand, wurden sie für 230.000 Euro versteigert. Was der Käufer damit anstellte, ist leider nicht bekannt
Über 250.000 Euro für Oldtimer-Cabrio
Noch höher ging das Gebot im Jahr 2010: Einem Bieter war ein englischer Sportwagen, ein Lagonda V12 Cabriolet aus dem Jahr 1938, exakt 252.100 Euro wert. Der exklusive Oldtimer hatte eine schillernde Geschichte. Zeitweilig war er im Besitz des Königs von Malaysia, am Ende wurde der Oldtimer von einem Münchener Kokain-Händler als Schmuggler-Auto benutzt und schließlich beschlagnahmt. Ein Lamborghini Aventador kam in einer anderen Auktion sogar auf 271.000 Euro.
Einige beschlagnahmte oder aus Straftaten stammende Artikel kann der Zoll allerdings nicht versteigern: Waffen, Betäubungsmittel, Arzneimittel, Chemikalien, Pornografie, Produkte von artgeschützten Tieren und Pflanzen sowie Markenfälschungen werden natürlich nicht veräußert.
Ausgenommen sind alle Gegenstände, die gegen gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstoßen oder dem Ansehen des Staates schaden, wie Bender erklärt. Schmunzeln musste er, als mal eine Behörde ein "Großgebinde an Kondomen" zur Versteigerung anbot. Das "Behörden-Ebay" hat offensichtlich Auktionen für alle Fälle.
Sendung: hr4, 07.06.2023, 10.14 Uhr
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