Retro-Kiosk in Darmstadt Eine Zeitreise in die Siebziger, als der Kiosk noch groß war
In Darmstadt hat in einem historischen Verkaufsstand der "Kiosk 1975" eröffnet. Neben jeder Menge Nostalgie mit Relikten, Getränken und Süßigkeiten aus den Siebzigern sollen hier vor allem Begegnungen der Gegenwart stattfinden.
Ein Dolomiti-Eis schlecken, danach noch eine süße Tüte mit Ahoi Brause und Nappo naschen und sich nebenbei in der Bravo durch die Homestory des jungen Peter Maffay oder die Hasch-Beichte von Deep Purple blättern. So mag manch ein Nachmittag in den Siebzigern ausgesehen haben – und so könnte ab sofort auch der ein oder andere Nachmittag im Darmstadt der Gegenwart aussehen.
Denn seit Freitag hat in der Darmstädter Postsiedlung der "Kiosk 1975" geöffnet. Dort gibt es alles, was das Nostalgie-Herz begehrt: Afri-Cola, Bluna, Kuhbonbons, Hubba Bubba, "Eiskrem"-Klassiker, wie es auf der Original-Langnese-Fahne geschrieben steht, und noch viel mehr. Zur Eröffnung wurden unter anderem Erdbeerbowle und Käsespießchen gereicht.
Original-Relikte aus den Siebzigern
Werbetafeln preisen Illustrierte wie die "Bunte" oder "Tina", die Zeitschrift "für die Frau von heute", an. In den Fenstern hängen alte Ausgaben des Darmstädter Echo oder Bravo-Zeitschriften mit Starschnitten von Jimi Hendrix und Bernd Clüver.
Im Inneren gluckern zwei Filter-Kaffeemaschinen im typischen Siebziger-Orange, daneben steht ein Telefon mit Wählscheibe. "Alles, was wir hier haben, stammt original aus den Siebzigern", sagt Bastian Ripper, Vorsitzender des Nachbarschaftsvereins "Zusammen in der Postsiedlung".
Ripper hatte vor etwa fünf Jahren die Idee zum "Kiosk 1975". Er wollte wieder Leben in das alte Kiosk-Gebäude aus dem Jahr 1954 bringen, das seit über 30 Jahren ungenutzt in der Postsiedlung stand.
Mit großer Hilfe der Stadt als Besitzerin des Kiosks hat der Verein das historische Gebäude wieder fit gemacht. Dass es so lange gedauert hat, lag vor allem daran, dass die Versorgungsleitungen fast alle marode waren. "Die mussten nach drei Jahrzehnten Stillstand allesamt ausgetauscht werden", erklärt Ripper.
Die Kosten für die Restaurierung beliefen sich demnach auf rund 200.000 Euro. Davon habe der Postsiedlungs-Verein etwa 20.000 Euro beigesteuert, den großen Rest hat die Stadt übernommen. Die Ausgaben und die Arbeit haben sich gelohnt: Dem Verein ist es mit Hilfe des Denkmalschutzamtes gelungen, den historischen Charme des alten Kiosks in die Gegenwart zu holen. Selbst die Inneneinrichtung aus den Fünzigern ist noch erhalten, auch die Kühlschränke von damals leisten noch ihren Dienst.
"In den Siebzigern hatten die Kioske ihre beste Zeit"
Aber warum gerade "1975"? "Wir haben die Siebziger gewählt, weil die Kioske dort ihre beste Zeit hatten", erklärt Ripper. Allein in der Postsiedlung habe es sechs davon gegeben, keiner sei davon übrig geblieben. "Aber ab heute gibt es ja wieder einen", freut er sich.
Auch die Stadt freut sich über die neue Attraktion. "Dieser Kiosk in ein tolles Beispiel für gelungene Bürgerbeteiligung", sagt Bürgermeisterin Barbara Akdeniz (Grüne), die das Projekt von Anfang an gefördert und unterstützt hat.
Neben aller Nostalgie verfolgt der Verein mit dem "Kiosk 1975" aber noch ein anderes Ziel, das eng mit der Gegenwart verknüpft ist. "Wir finden es dramatisch, dass die kleinen sozialen Orte in der Gesellschaft, wie etwa Bäckereien, Kneipen oder eben auch Kioske, immer mehr wegfallen", so Ripper.
Ein Ort für Begegnungen
Gerade solche Orte seien für die Menschen enorm wichtig, dort könne man einfach mal "ein Schwätzchen halten, Leute treffen, sich auch mal aufregen oder schimpfen", sagt Ripper. Einen Ort der Begegnung wollten Ripper und die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Vereins mit dem Kiosk schaffen. "Wir sind immer mit vier oder fünf Leuten vor Ort und immer für ein Schwätzchen da."
Das Potenzial ist groß, denn wer schnackt schon bei Filterkaffee und Schokokussbrötchen nicht gerne über die guten alten Zeiten. Auch das Starposter von Bernd Clüver sollte man sich nicht entgehen lassen.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 29.05.2023, 19.30 Uhr
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