Schutz der Feuchtgebiete Was Hessen für seine Moore tut
Um Moore ranken sich Gruselgeschichten. Dabei wird es erst richtig unheimlich, wenn sie austrocknen - und CO2 abgeben, anstatt es zu speichern. Renaturierungsprojekte sollen das verhindern.
Sie nehmen nur rund 0,4 Prozent der Landesfläche ein. Die Bedeutung der hessischen Moore ist dafür umso größer. Nicht nur als Lebensraum seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, wie Sonnentau oder der vom Aussterben bedrohten Sumpfschnepfe, sondern vor allem für den Klimaschutz.
Die Feuchtgebiete gelten als wichtige Kohlenstoffspeicher. Laut dem Bundesamt für Naturschutz entziehen Moore der Atmosphäre so weltweit jedes Jahr 150 bis 250 Millionen Tonnen des Treibhausgases - etwa doppelt so viel wie alle Wälder der Welt.
Eine Million für Renaturierung
Mittlerweile geht von Mooren auch eine gewisse Klima-Gefahr aus: Jahrhundertelange Entwässerung für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, die Aufforstung von Nadelbäumen und der Abbau von Torf haben dazu geführt, dass die Feuchtgebiete zunehmend austrocknen.
Das macht sie vom Kohlenstoffspeicher zur Kohlenstoffschleuder. Trocken gelegte Moore geben das im Torf gespeicherte CO2 nämlich wieder in die Luft ab. Laut Umweltbundesamt machen entwässerte Moore derzeit rund sieben Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland aus.
Die Feuchtgebiete zu renaturieren, spielt daher auch eine Rolle im Klimaplan Hessen 2030, den die vorherige schwarz-grüne Koalition auf den Weg gebracht hat.
Darin ist zwischen 2023 und 2026 eine Million Euro für die Moorrenaturierung im hessischen Staatswald vorgesehen. Hinzu kommen 400.000 Euro für die Beratung privater und kommunaler Waldbesitzer bis zum Jahr 2027.
Projekt zur Erfassung von Waldmooren
Einen Fokus legte das hessische Umweltministerium auf Waldmoore. Sie beziehen ihr Wasser aus bewaldeten Gebieten und haben laut Landesbetrieb Hessen Forst bessere Erholungschancen als etwa Moorflächen, die in landwirtschaftlich genutztem Flachland liegen.
Im Vergleich zu Waldgebieten sei dort das Grundwasser im Zuge früherer Entwässerung oftmals tiefer abgesenkt worden. Außerdem seien Waldmoore weniger von Trockenheit in den Sommermonaten betroffen als Hochmoore, die sich allein aus Regenwasser speisen.
Um erstmals einen Überblick über die hessischen Waldmoore zu erhalten, hat das Umweltministerium 2020 die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) beauftragt, die Feuchtgebiete zu erfassen, ihren Zustand zu analysieren und Vorschläge für eine Renaturierung der Flächen zu machen.
1.000 Hektar Moor im Staatswald
Im vergangenen Oktober wurde ein Ergebnis vorgestellt. Im hessischen Staatswald befinden sich demnach 220 Moore, insgesamt wird von rund 450 Moorflächen ausgegangen.
Die Waldmoore sind der NW-FVA zufolge im Durchschnitt ein bis zwei Hektar groß, nehmen insgesamt eine Fläche von rund 1.000 Hektar ein und binden durchschnittlich 396 Tonnen Kohlenstoff. Wie viel im Einzelfall gespeichert wird, hinge unter anderem von der Torfart und ihrer Dichte ab.
Erste Erfolge sichtbar
Die Arbeiten sind noch nicht flächendeckend abgeschlossen. Laut NW-FVA müssen noch rund 1.000 "Verdachtsflächen" untersucht werden, rund 750 davon in Waldgebieten.
Aber schon jetzt ist klar: Zwei Drittel der hessischen Waldmoore sind mittelfristig gefährdet. Erste Maßnahmen zur Renaturierung sind bereits umgesetzt worden.
In Hessisch Lichtenau (Werra-Meißner) etwa wurden am Hirschhagener Moor störende Fichten entfernt, sowie frühere Entwässerungsgräben mit Sägespänen verschlossen und neu mit Moosen bepflanzt.
Das habe schnell eine positive Wirkung gezeigt, so das NW-FVA: Der Wasserstand des Moors sei gestiegen, Torfmoose hätten sich rasch ausgebreitet.
"Operation am offenen Herzen"
Im vorigen Sommer wurde außerdem damit begonnen, das Rote Moor an der hessisch-bayerischen Grenze zu revitalisieren. "Es ist wie eine Operation am offenen Herzen", sagt der Leiter der hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats (BR) Rhön, Torsten Raab, auf hr-Anfrage. "Wir versuchen dabei zu retten, was noch zu retten ist."
Denn in den vergangenen Jahrzehnten hat das etwa 15 Hektar große Hochmoor stark gelitten. Durch den Klimawandel sind zahlreiche Gebiete trockengefallen, mitunter entstanden irreparable Schäden.
Außerdem fand erheblicher Raubbau statt. Rund 175 Jahre lang wurde dort Torf als Brennstoff abgebaut und Moor-Masse entnommen, um sie bei Anwendungen zur Gesundheitsförderung, etwa für Moorbäder oder Schlammpackungen, einzusetzen.
Irreparable Schäden
Bereits Ende der 1970er Jahre begannen erste Naturschutzmaßnahmen am Roten Moor. Zwischen 1981 bis 1985 fand dort eines der ersten Renaturierungs- und Wiedervernässungsprojekte für Hochmoore in Deutschland statt.
Mit großem Aufwand wurden die Entwässerungsgräben mit Holzspundwänden wieder verschlossen und hölzerne Ablaufwerke, sogenannte Mönche, zur Wasserregulierung eingebaut.
Diese Bauwerke sind heute, rund 40 Jahre später, weitgehend verrottet und nicht mehr funktionstüchtig. Das Hochmoor kann deshalb Niederschläge nicht mehr optimal speichern. Zudem haben sich laut Untersuchungen des BR Rhön Wasserrinnen im abgetorften Bereich entwickelt.
Verrottete Bauwerke entfernt
Im vergangenen Sommer wurde mit Hilfe von 140 Ehrenamtlichen damit begonnen, unter anderem die Spundwände zum Wassererhalt zu erneuern und zu erweitern.
Fertiggestellt werden können die Arbeiten erst in diesem Jahr. "Wir haben etwa zwei Drittel geschafft und müssen im Sommer noch Ausbesserungsarbeiten vornehmen", so Raab.
Ab Juni wird deshalb der Bohlenweg im Moor, der von Besuchern und Wanderern gern genutzt wird, für vier Wochen gesperrt. Anschließend sollen Messungen zeigen, ob die Revitalisierung des Moores erfolgreich war.
Sendung: hr2, 02.02.2024, 8.40 Uhr
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