Klimawandel: Nehmen Turbulenzen im Flugverkehr zu?

Rekordumsätze beim Frankfurter Flughafenbetreiber. Der Flugverkehr boomt wieder. Doch es häufen sich auch die Meldungen über Turbulenzen in der Luft. Wie stark sind Flüge von und nach Frankfurt betroffen? Was können Passagiere tun? Fragen und Antworten.

Aufnahme einer Lufthansa-Maschine am Flughafen Frankfurt
Eine Lufthansa-Maschine am Flughafen Frankfurt. Bild © Imago Images
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Am Sonntag sind auf einem Flug von Katar nach Irland zwölf Menschen verletzt worden – infolge von Turbulenzen. Erst am vergangenen Dienstag ereignete sich ein ähnlicher Vorfall, hier war nach starken Turbulenzen auf einem Flug von London nach Singapur ein 73 Jahre alter Brite ums Leben gekommen. Rund hundert Menschen wurden verletzt.

Auch bei Flügen von und nach Frankfurt kommen solche Zwischenfälle vor: Am 1. März 2023 geriet eine Lufthansa-Maschine auf dem Weg von Austin in Texas nach Frankfurt in heftige Turbulenzen. Videoaufnahmen zeigten, wie chaotisch das Innenleben der Maschine nach dem Flug aussah. Sieben Menschen wurden damals verletzt. Weitere Fälle folgten.

Fliegen gilt immer noch als überaus sicher, doch immer mehr Menschen berichten in den sozialen Medien von ihren erlebten Flugturbulenzen. Nehmen diese nicht nur gefühlt, sondern auch tatsächlich zu? Ein Überblick.

Kommen Turbulenzen häufiger vor?

Turbulenzen im Flugverkehr häufen sich, sagt Thomas Gerz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Es komme allerdings auf die Lufträume an. So könnte die Turbulenzen-Gefahr besonders für Fluggäste in Richtung Nordamerika künftig größer werden.

Das zeigt unter anderem eine Studie der Uni Reading. "An der Uni Reading wurde beispielsweise in den vergangenen 45 Jahren eine 55-prozentige Zunahme der Turbulenz über dem Nordatlantik analysiert", erklärt Holger Tost vom Institut für Atmosphärenphysik der Uni Mainz. Über den Nordatlantik führt auch die Flugroute zwischen Frankfurt und Nordamerika.

Insbesondere die nicht sichtbaren Turbulenzen spielen hier eine Rolle. "Die sogenannte Clear Air Turbulence (CAT) tritt häufig in typischer Reiseflughöhe auf", sagt Tost. Etwa in der Nähe eines Starkwindfelds oder in der Nähe von Gewittertürmen.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Doch warum kommt es überhaupt zu einer Häufung an Turbulenzen? Eine Antwort: Der Klimawandel. Dieser sorge für "unterschiedliche Änderungen der Oberflächentemperaturen an den Polen und am Äquator", erklärt Gerz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Das führt zu geänderten Strömungsmustern und zum Teil auch zu mehr und intensiveren Wolken, was wiederum Turbulenzen hervorrufen kann.

Zu dem Ergebnis kommt auch die Studie aus den Geophysical Research Letters. Danach zeigt die Untersuchung, die in einem Zeitraum von über 40 Jahren durchgeführt wurde, dass insbesondere die Clear-Air-Turbulenzen viel häufiger geworden sind. Aufgrund des Klimawandels ist zu erwarten, dass diese Turbulenzen noch regelmäßiger auftreten.

Wie stark sind Flüge von und nach Frankfurt betroffen?

Es gibt nicht viele Daten, die eine Häufigkeit von Turbulenzen im Zusammenhang mit dem Frankfurter Flughafen aufzeigen. Die Website turbli.com führt den Frankfurter Flughafen auf Platz 18 in Verbindung mit Turbulenzen im weltweiten Flugraum im Jahr 2023. 81 Flüge im Jahr 2023 und bislang 36 Flüge im Jahr 2024 seien von oder nach Frankfurt betroffen gewesen. Eine Unterscheidung, wie schwer die Turbulenzen waren, gibt es nicht. Unter den turbulentesten Routen Europas im Jahr 2023 taucht die Route Frankfurt-Turin auf Platz zehn auf.

Wie gefährlich sind Turbulenzen?

"Mit Turbulenzen ist immer zu rechnen", sagt Physiker Gerz. "Sie sind Ausdruck des Wechsels von einem dynamisch stabilen in einen vorübergehend instabilen Strömungszustand der Luft." Lebensbedrohlich sind Turbulenzen allerdings nur äußerst selten. "Vorausgesetzt, man ist jederzeit angeschnallt", so Gerz.

Das mag profan klingen – ist bei aufkommenden Turbulenzen, die mit plötzlichen Höhenverlusten einhergehen, aber ein essentieller Punkt. "Größere Turbulenzelemente sorgen für eine vertikale Verlagerung des Flugzeugs (Luftlöcher), sodass das Flugzeug kurzzeitig stark ansteigt oder absinkt und dadurch Passagiere verletzt werden können, wenn sie nicht angeschnallt sind", erklärt der Mainzer Wissenschaftler Tost.

Wer also angeschnallt ist, reduziert sein Risiko drastisch. Dass schwere Turbulenzen für nicht angeschnallte Menschen dramatische Folgen haben können, sieht man am Beispiel des Fluges von London nach Singapur. Dort geriet die Maschine mit 229 Menschen an Bord über Südostasien in starke Turbulenzen, es kam zu einem drastischen Sinkflug, der alle nicht angeschnallten Passagiere an die Decke schleuderte.

Was bedeuten Turbulenzen für Piloten in der Praxis?

Die Ausbildung der Pilotinnen und Piloten soll sich durch die veränderten Gegebenheiten erstmal nicht ändern. "Das Thema Turbulenzen wird bereits heute sehr ausführlich und umfassend in unserer Schulung zum Verkehrsflugzeugführer behandelt", sagt Dirk Sturny vom Lufthansa Aviation Training. Die Lufthansa sieht sich für die künftigen Herausforderungen gut vorbereitet.

Es wird auch einfacher, Turbulenzen vorherzusagen. "Wir liefern unsere Turbulenzvorhersagen standardmäßig zum Beispiel an die Lufthansa", so Experte Klaus Sturm vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. "Die kriegen das mittlerweile direkt bis ins Cockpit geschossen, die Verbindung steht selbst während des Fluges." So erfahre der Pilot von der aktuellen Situation und könne danach fliegen.

Bezüglich der Flugzeuge muss man sich laut Flugmeteorologen ebenfalls keine Sorgen machen. Man habe in den vergangenen Jahrzehnten viele Erfahrungen mit Turbulenzen gesammelt und alle Flieger seien sehr robust gebaut, sagt der Flugmeteorologe und ehemalige Chef der weltweiten meteorologischen Organisation (WMO) Herbert Pümpel. "Die Flugzeuge halten es wirklich aus. Jedes Flugzeug, das zugelassen wird, muss nachweisen, dass es die stärksten bekannten Turbulenzen übersteht." Wenn der Klimawandel allerdings so voranschreite, müsse man die Bauvorschriften vermutlich anpassen.

Was kann ich als Passagier tun?

Sich anschnallen. Und zwar jederzeit, wenn man nicht gerade auf dem Weg zur Toilette ist. Daneben ist es ratsam, seine Utensilien jederzeit gut zu verstauen, damit diese im Turbulenzfall nicht zu gefährlichen Geschossen werden können. Wer sich vor einem Flug auf eventuelle Turbulenzen vorbereiten will, kann die Seite turbli.com besuchen. Dort hat man die Möglichkeit, unter Eingabe seiner Flugdaten maximal 36 Stunden im Voraus zu sehen, ob es zu Turbulenzen kommen könnte.

Einen kleinen Tipp hält Gerz vom DLR noch bereit: "Je größer das Flugzeug, umso resilienter ist es gegenüber der Turbulenz." Vielleicht auch ein Grund, um bei der nächsten Flugbuchung etwas genauer hinzuschauen.

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Redaktion: Susanne Mayer, Bernhard Böth

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Quelle: hessenschau.de