Verkehrschaos droht "Kraftakt" für Darmstadt: Wichtigste Brücke ab sofort gesperrt
Die Rheinstraßenbrücke wird zunächst stadteinwärts nicht mehr befahrbar sein, später dann komplett gesperrt. Das über 100 Jahre alte Bauwerk wird abgerissen. Vor allem Pendler brauchen in den nächsten Jahren starke Nerven: Erst 2027 soll der Neubau fertig sein.
"Wir werden viel Geduld brauchen", stimmte Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) die Darmstädterinnen und Darmstädter unter der Woche auf das ein, was in der kommenden Zeit auf sie zukommt. Partsch sprach über die heiße Phase des Neubauprojekts Rheinstraßenbrücke.
Darmstadts für den Verkehr wichtigste Brücke ist seit diesem Sonntag stadteinwärts gesperrt – Pendler, Busse und Lastwagen müssen voraussichtlich bis 2027 einen umständlichen Umweg fahren. Stadtauswärts wird noch bis Ende des Jahres freie Fahrt sein.
Bis zu 50.000 Fahrzeuge täglich
Der Verkehr fließt von nun an stadteinwärts über die Straße "Am Kavalleriesand" oder die Deutsche-Telekom-Allee in einen eigens eingerichteten Einbahnstraßenring, der hinter der Brücke wieder auf die Rheinstraße führt.
Angesichts des massiven Verkehrsaufkommens – rund 50.000 Fahrzeuge passieren die Rheinstraßenbrücke täglich – rechnet die Stadt mit größeren Behinderungen. "Das erfordert großes Verständnis in der Stadtbevölkerung", weiß auch Partsch.
Wie groß die Sorgen der Stadt vor einem Verkehrschaos sind, zeigt die Tatsache, dass sie bereits Pläne für eine "Stauampel" ausgearbeitet hat, sollte sich der Verkehr bis auf die Autobahnen zurückstauen.
Marode Brücke muss ersetzt werden
Der Neubau der Brücke sei aber alternativlos und lasse sich auch nicht mehr aufschieben, sagt Mobilitätsdezernent Michael Kolmer (Grüne). Die Bausubstanz der 1912 erbauten Brücke habe sich in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert, die Sicherheit könne nicht mehr lange gewährleistet werden. Deswegen wird die Brücke schrittweise abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Rund 207 Meter lang und 43,5 Meter breit soll das neue Bauwerk werden. Die aktuelle Brücke ist lediglich 26,5 Meter breit.
Neben Gehwegen soll es auf beiden Seiten breite Radwege geben, die in zwei Richtungen befahren werden können. Die Straßenbahnschienen bekommen einen eigenen erhöhten Gleiskörper in der Fahrbahnmitte und werden somit vom Autoverkehr getrennt. Für Autos wird es stadtauswärts drei Fahrstreifen und zwei Abbiegespuren geben, stadteinwärts sind zwei Fahrstreifen vorgesehen.
Oberbürgermeister Partsch spricht von einem "Brückenschlag in die Zukunft". Die neue Brücke werde vielen Generationen eine sichere und zukunftsgerichtete Mobilität ermöglichen. Gleichwohl sei das Projekt ein "Kraftakt" für die verkehrsgeplagte Stadt, da sehr viele Menschen betroffen seien. Es handele sich um eines der größten Infrastrukturprojekte in der Geschichte Darmstadts.
Neubau wird deutlich teurer
Schon jetzt ist klar, dass die Kosten die ursprünglich veranschlagten 60 Millionen Euro übersteigen werden. Mobilitätsdezernent Kolmer kann und will dem Projekt aufgrund laufender Ausschreibungsverfahren kein Preisschild verpassen, deutete aber bereits an, dass es am Ende ein dreistelliger Millionenbetrag sein wird.
Das sei vor allem auf die steigenden Baukosten zurückzuführen. Einen Teil davon, mindestens 22 Millionen Euro, übernimmt das Land Hessen. Auch die Deutsche Bahn und das Darmstädter Verkehrsunternehmen Heag mobilo beteiligen sich an den Kosten.
Am Montag beginnen erste Kanalbauarbeiten am westlichen Eingang der Brücke. Voraussichtlich im Mai wird nördlich des Bauwerks eine Behelfsbrücke errichtet, über die zunächst Versorgungsleitungen laufen sollen, später dann auch der Fuß- und Radverkehr.
Anfang 2024 folgt laut Plan der Abriss der nördlichen Brückenhälfte, spätestens dann wird auch der Verkehr stadtauswärts umgeleitet. Anfang 2025 ist die südliche Hälfte an der Reihe. Die Straßenbahn soll bis auf kurze Unterbrechungen die ganze Bauzeit über weiterhin über die Brücke fahren, die Gleise werden dafür mehrfach verlegt. Offiziell soll das neue Bauwerk 2027 eröffnet werden.
Sendung: hr4, 27.03.2023, 16.30 Uhr
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