Kriminalstatistik Mehr Straftaten in Frankfurt - Bahnhofsviertel als Hotspot
Die Zahl der Straftaten ist in Frankfurt im vergangenen Jahr gestiegen. Ein Schwerpunkt war das Bahnhofsviertel. Sorge bereitet der Polizei vor allem die zunehmende Gewalt. Gegen den Bundestrend sank die Jugendkriminalität.
Die Zahl der Straftaten in Frankfurt hat im vergangenen Jahr wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht. Die Fälle seien moderat um 5.922 auf 114.969 Straftaten gestiegen, teilte die Polizei am Freitag bei einer Pressekonferenz mit.
Insgesamt habe die Polizei Frankfurt ein "schwieriges und anspruchsvolles Jahr" hinter sich. Das Klima sei rauer geworden, sagte Polizeipräsident Stefan Müller.
Gleichzeitig sei die Aufklärungsquote um rund zwei Prozent gestiegen. 2023 sind demnach rund 66 Prozent der Straftaten aufgeklärt worden.
Schwerpunkt Bahnhofsviertel
Im Bereich der sogenannten Rohheitsdelikte, also etwa Körperverletzung und Raub, sei im vergangenen Jahr ein neuer Höchststand erreicht worden. Insgesamt 12.530 Straftaten seien in diesem Bereich festgestellt worden, das bedeute ein Plus von mehr als 1.000 Delikten.
Im Jahr 2022 waren es noch 11.489 gewesen. Dies sei aber ein bundesweiter Trend, erklärte Müller. Ein "nicht geringer Teil" der Delikte sei im Bahnhofsviertel registriert worden. Auch ein Großteil der Taschendiebstähle (+11 Prozent) habe dort stattgefunden.
Polizeipräsident lobt Waffenverbotszone
Die im vergangenen November eingeführte Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel hat laut Polizei aber dazu beigetragen, dass es 2023 zu weniger Körperverletzung auf Straßen, Wegen und Plätzen kam.
Insgesamt seien seitdem 35 Ordnungswidrigkeiten angezeigt und 35 Waffen aus dem Verkehr gezogen worden. Dabei habe es sich hauptsächlich um Messer gehandelt, aber auch ein Fleischerbeil und ein Schlagring seien darunter gewesen.
"Die Zündschnur bei Konflikten ist kurz und der gegenseitige Respekt geht immer mehr verloren", sagte Polizeipräsident Müller am Freitag. Menschen seien sehr früh bereit, in körperliche Auseinandersetzungen zu gehen.
Videoüberwachung im Innenstadtbereich
Das sei aber kein Frankfurter Problem, sondern vermutlich eine Folge der vielen globalen Krisen. Die Waffenverbotszone trage dazu bei, das Risiko für gefährliche Verletzungen im Bahnhofsviertel deutlich zu reduzieren, so Müller.
Die sogenannten Videoschutzzonen im Bahnhofsgebiet sowie in der Innenstadt rund um die Hauptwache und die Konstablerwache hätten ebenfalls dazu beigetragen, die Aufklärung von Straftaten zu erhöhen.
Mehr häusliche Gewalt
Im Bereich der häuslichen Gewalt habe sich der kontinuierliche Anstieg seit dem Jahr 2017 fortgeführt. Nachdem es in den Pandemiejahren nicht zu der befürchteten Zunahme gekommen sei, habe sich die Zahl der Fälle 2023 mit einem Plus von 18 Prozent merklich erhöht. Das sei "die Zahl, die mich letztendlich negativ am meisten schockiert hat", so Müller.
Die Opfer seien meist Frauen, die Täter mehrheitlich Männer. Hauptsächlich handele es sich dabei um Körperverletzung. Im vergangenen Jahr habe es sieben Straftaten gegen das Leben gegeben, zwei Frauen seien gestorben.
Mit einem eigenen Kommissariat, das im August 2023 als Pilotprojekt gestartet war und seit 1. März regelhaft aktiv sei, sollen entsprechende Gewaltstraftaten laut Polizei zukünftig früher als bisher festgestellt und entsprechend abgewehrt werden. In diesem Rahmen seien auch elektronische Fußfesseln eine Maßnahme, um Täter "wirksam zu überwachen".
Jugendkriminalität gesunken
Einen hohen Anstieg gab es demnach auch im Bereich der ausländerrechtlichen Verstöße (+25,8 Prozent) und der Betäubungsmitteldelikte (+25,6 Prozent). Die Zahl der Wohnungseinbrüche sei leicht gestiegen, liege aber weiterhin unter vorpandemischen Niveau.
Die Jugendkriminalität ist laut Polizei dagegen um etwa 450 Fälle gesunken. Im vergangenen Jahr gab es demnach rund 11.000 Fälle, an denen mindestens ein Tatverdächtiger im Alter von unter 21 Jahren beteiligt war. Damit sei Frankfurt "völlig gegen den Bundestrend unterwegs", sagte Stefan Müller.
Mehr Angriffe auf Polizisten und Rettungsdienste
Auf einem Höchststand bewegte sich der Frankfurter Polizei zufolge 2023 die Angriffe auf Einsatzkräfte. Im Vergleich zum bisherigen Höchststand im Jahr 2022 sei die Zahl noch einmal um 93 Fälle gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2018 seien fast 500 Polizistinnen und Polizisten mehr Opfer einer Strafttat geworden. Das bedeute einen Zuwachs von einem Drittel.
Auch die Opferzahlen bei den Rettungsdiensten hätten sich in diesem Zeitraum mit rund 50 Prozent deutlich erhöht. Damit sei ein Punkt erreicht, "der nicht mehr akzeptabel ist", so Polizeipräsident Müller.
Er unterstützte einen Vorschlag des hessischen Innenministers Roman Poseck (CDU), die Strafen bei entsprechenden Angriffen anzupassen und etwa die Mindeststrafe von drei auf sechs Monate zu erhöhen. "Es wird offensichtlich ein Abschreckungseffekt benötigt."
"Geopolitische Konflikte" in Frankfurt ausgetragen
Insgesamt sei die Zahl der Fälle der politisch motivierten Kriminalität 2023 um fast 22 Prozent gestiegen. Dabei hätten die Fälle im Bereich der ausländischen Ideologie mit einem Plus von 123 Fälle im Vergleich zum Vorjahr einen nie dagewesenen Höchststand erreicht. Das lasse sich darauf zurückführen, dass "geopolitische Konflikte auch auf den Straßen Frankfurts ausgetragen werden", so die Polizei.
Im vergangenen Jahr seien außerdem 100 Fälle dem Bereich der Linkskriminalität (-5) und 288 Fälle der rechtsextremistisch motivierten Straftaten (+26) zuzuordnen gewesen.
Im Bereich der religiös ideologisch motivierten Straftaten habe es 44 Fälle und damit 38 mehr als noch 2022 gegeben. Darunter fielen Fälle im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung und Propaganda im Internet.
Zudem seien insgesamt 47 Straftaten mit queerfeindlichem Motiv erfasst worden, darunter Beleidigung, Bedrohung, Nötigung und Körperverletzung.
Sieben Demonstrationen pro Tag
Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe es in Frankfurt außerdem einen Anstieg von Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt gegeben. 200 Straftaten seien festgestellt worden. Sie seien hauptsächlich antisemitisch motiviert gewesen. Zu schweren Gewaltdelikten sei es nicht gekommen.
Auch im Rahmen von Versammlungen sei im Jahr 2023 ein Plus an Straftaten verzeichnet worden. Insgesamt seien 89 mehrheitlich antiisraelische Fälle registriert worden, darunter viele Fälle von Beleidigung gegen Polizeibeamte.
Überhaupt habe die Zahl der Versammlungen 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Mehr als 2.800 - überwiegend friedliche - Demonstrationen, Kundgebungen und Mahnwachen seien angemeldet, knapp 2.500 davon auch durchgeführt worden.
Fast 100 davon hätten den Nahost-Konflikt zum Thema gehabt: 37 davon seien pro-palästinensisch gewesen, 35 pro-israelisch und 26 Versammlungen hätten sich generell für Frieden eingesetzt. Umgerechnet bedeutete das knapp sieben Versammlungen pro Tag in Frankfurt.
Sendung: hr-iNFO, 15.03.2024, 14 Uhr
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