Hessische Kriminalstatistik 2024 Zahl rechtsextrem motivierter Straftraten sprunghaft gestiegen
Als Licht und Schatten bezeichnet Hessens Innenminister Poseck die aktuellen Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik. Demnach ist die Kriminalität in Hessen 2024 leicht zurückgegangen. Rechtsextrem motivierte Straftaten nahmen hingegen zu. Bei der Bewertung der Zuwanderer-Kriminalität widerspricht Poseck seinem Landespolizeipräsidenten.
Hessen - eines der sichersten Bundesländer Deutschlands. Es ist das Mantra, das Innenminister Roman Poseck (CDU) am Ende der Vorstellung der Kriminalstatistik (PKS) am Donnerstag in Wiesbaden mehrmals wiederholt haben wird. Die Zahlen geben ihm größtenteils recht, denn 2024 ist die Gesamtzahl aller Straftaten im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, um 2,3 Prozent auf nun 388.226 Fälle.

Von "Licht und Schatten" sprach Poseck hingegen beim Kleingedruckten, das sich hinter diesem Minus verbirgt.
Zum Licht gehört, dass der Anstieg der registrierten Straftaten in den zurückliegenden Jahren gestoppt werden konnte. Noch haben bei weitem nicht alle Bundesländer ihre Statistiken vorgelegt, doch den vierten Platz vom Vorjahr glaubt der Minister halten zu können. "Der Kampf um die Champions-League-Plätze ist noch offen", scherzte seine Pressesprecherin.
Poseck lobt Regierungshandeln
Lichtblicke auch: weniger Straßenkriminalität (-3 Prozent), weniger Ladendiebstähle (-4,9 Prozent). Die Erfolge verbucht der Minister gern unter den dank seiner Führung getroffenen Maßnahmen: die Innenstadtoffensive mit mehr Polizeipräsenz, Videoüberwachung oder Waffenverbotszonen beispielsweise.
Den leichten Rückgang bei Fällen von häuslicher Gewalt (-1 Prozent), wo ohnehin von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist, will die hessische Landesregierung außerdem mit ihrem beschlossenen Frauensicherheitspaket - Stichwort Fußfessel - verstärken.
Auch das Minus von 60 Prozent bei den Geldautomatensprengungen ist laut Landeskriminalamtschef Andreas Röhrig vor allem auf intensive Schutzmaßnahmen der Sicherheitsbehörden zurückzuführen. Das Land habe sich intensiv gekümmert, zum Beispiel mit der Allianz Geldautomaten.
"Durch eine Mischung aus hoher Sicherheit und hohem Entdeckungsrisiko ist Hessen unattraktiver geworden für Täter", so Röhrig. Das Ergebnis: In diesem Jahr habe es erst eine Geldautomatensprengung gegeben, die obendrein erfolglos war.
Landespolizeipräsident: Rechtsextreme Szene selbstbewusster
Zum dunklen Schatten der Statistik zählt der Anstieg der politisch rechtsextrem motivierten Straftaten. Die Statistik zeigt 2.375 Delikte, was ein Plus von 57,2 Prozent bedeutet. Mehr als die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten fallen in diese Kategorie. "Das ist ein neuer Höchstwert, der allen Grund zur Sorge bereitet", betonte Innenminister Poseck.
Laut Statistik machen ein Großteil dieser Straftaten so genannte Propagandadelikte (1.360) aus, also zum Beispiel das Verbreiten von Symbolen. Landespolizeipräsident Robert Schäfer findet das aber nicht weniger besorgniserregend, denn die rechtsextreme Szene werde zunehmend selbstbewusster. "Verbalisiertes Vorgehen verankert sich in der Gesellschaft, und es wird zur Normalität. Davor warnen wir", so Schäfer.
Poseck: "Verrohung der Debatte"
Innenminister Poseck sprach außerdem von einer Verrohung der Debatte, die sich auch darin zeige, dass immer mehr Amts- und Mandatsträger angegangen würden. Hier ist die Zahl der registrierten Straftaten laut PKS um 50 Prozent gestiegen. "Die Zündschnur ist kürzer", urteilte der Minister.
Die FDP im Hessischen Landtag forderte prompt "entschlossenes Handeln" der Regierung. "Wer sich politisch engagiert und Verantwortung übernimmt, darf nicht zur Zielscheibe von Hass und Gewalt werden", so Moritz Promny, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.
Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte kaum verändert
Ein ähnliches Urteil fällt der Innenminister auch bei Angriffen auf Einsatzkräfte. Hier ist die Zahl nach dem bisherigen Rekord an Opfern 2023 auf einem ähnlichen Niveau geblieben. "Jeder Angriff auf Polizeibeamte, Feuerwehrfrauen und Rettungskräfte ist einer zu viel und scharf zu verurteilen", so Poseck.
Der CDU-Politiker setzt sich auf Bundesebene für härtere Strafen ein. In Hessen soll zudem ein 2024 geschnürtes "Respekt-Paket" beispielsweise an Schulen für Sensibilität sorgen.
Die AfD sieht bei den Ergebnissen der Kriminalstatistik keinen Grund für Eigenlob des Ministers. "Bei Straftaten macht die Qualität, nicht die Quantität das Sicherheitsgefühl der Bürger aus", so Sandra Weegels, innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion. Auch die Aufklärungsquote sei auf 61,9 Prozent gesunken, das niedrigste Niveau seit neun Jahren.
Zugewanderte überdurchschnittlich kriminell?
Und so werden das Licht und der Schatten der Kriminalstatistik politisch unterschiedlich gedeutet. Ebenso wie die Frage, ob Zuwanderer überproportional an Kriminalität beteiligt sind. Sie führte zu überraschender Uneinigkeit zwischen Innenminister Poseck und dem Landespolizeipräsidenten Schäfer.
Blickt man auf die Zahlen, ergibt sich folgendes Bild: Von den knapp 170.500 Tatverdächtigen waren 26,4 Prozent Zuwanderer (z.B. Asylbewerber und Geduldete), 26,6 Prozent "sonstige Nichtdeutsche" und 47 Prozent Deutsche.
Landespolizeipräsident Schäfer gab zu bedenken, dass die Mehrheit der von Zuwanderern begangenen Vergehen asylrechtliche Verstöße seien. Sie können folglich nur dieser Bevölkerungsgruppe zugerechnet werden. Deshalb sei die Quote der straffälligen Zuwanderer im Vergleich zu ihrem Anteil an der Bevölkerung nicht klar zu beziffern, so Schäfer.
Poseck gab hingegen eine eindeutigere Antwort: "Ja, Zuwanderer sind überrepräsentiert", befand der Innenminister. Selbst wenn man differenziere und die Aufenthaltsverstöße herausrechne, seien Zuwanderer überdurchschnittlich an Kriminalität beteiligt.
Für Poseck auch eine Folge der "ungezügelten Migration" der vergangenen Jahre. "Die allermeisten halten sich an Recht und Gesetz, aber eben nicht alle." Deshalb sei es auch richtig, gerade Straftäter verstärkt abzuschieben und auch Staaten wie Syrien neu zu bewerten, um noch mehr Rückführungen zu ermöglichen.