Kontroverse um Naturmonument Warum das Grüne Band nicht alle begeistert

Wo zu DDR-Zeiten die Grenze zwischen Thüringen und Hessen verlief, hat sich mit dem Grünen Band ein bedeutendes Naturmonument entwickelt. Für die scheidende grüne Umweltministerin Priska Hinz ist es ein Herzensprojekt. Doch nicht von allen Seiten gibt es Applaus.

Naturmonument Grünes Band zwischen Hessen und Thüringen
Das Naturmonument Grünes Band verläuft an der Grenze zwischen Hessen und Thüringen, teilweise auch auf dem sogenannten Kolonnenweg, wo früher das Grenzpersonal patrouillierte und heute vereinzelt noch Grenztürme zu sehen sind. Bild © Imago Images
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Einweihung des Grünen Bands

hs 21.08.20223
Bild © hessenschau.de
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Die innerdeutsche Grenze zwischen Deutschland und der DDR galt früher als Todesstreifen. Nicht wenige Menschen verloren ihr Leben, beim Versuch von Ost nach West zu flüchten. Doch im Schatten der stark geschützten und hochgerüsteten Grenzanlagen konnte sich die Natur - Tiere und Pflanzen - ungestört vom Menschen prächtig entwickeln.

Aus dem ehemaligen Todesstreifen entstand im Laufe der Jahrzehnte seit der Wiedervereinigung im Jahr 1990 das sogenannte Grüne Band. Mittlerweile ist es ein bedeutendes Naturmonument. Es verbindet Hessen mit seinem Nachbarland Thüringen - aus der Trennungslinie wurde eine Lebenslinie.

Mehr feierliche Begehung als Eröffnung

Für Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne), die ihr Amt nicht fortführen und nach der Landtagswahl im Oktober das Ministerium verlassen wird, war es eines der großen Projekte, das sie politisch mit vorangetrieben hat. Deswegen wollte die Ministerin der Region während ihrer aktuellen Sommertour mit weiteren Umweltpolitikerinnen und -politikern noch einen Besuch abstatten.

Naturmonument Grünes Band
Thüringens Umweltstaatssekretär Burkhard Vogel, Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Hessens Umweltministerin Prika Hinz (alle Grüne/von links) besuchten mit dem Naturschutzgebiet Rhäden in Wildeck (Hersfeld-Rotenburg) einen Teil des Grünen Bands. Bild © Mieke Kaiser (hr)

Doch es war am Montag eher eine Würdigung oder "feierliche Begehung", wie es das Ministerium auch nannte, als tatsächlich eine Eröffnung. Denn offen und begehbar ist das Areal natürlich längst. Im Januar hat Hessen das Grüne Band zudem bereits als Nationales Naturmonument ausgewiesen.

"Größtes nationales Naturmonument"

Hinz sagte: "Mit der Ausweisung leisten wir als erstes westdeutsches Bundesland einen Beitrag zu einem der größten europäischen Naturschutzprojekte und der Bewahrung unserer deutsch-deutschen und europäischen Geschichte."

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte zur Einordnung: "Mit über 8.000 Hektar ist das hessische Gebiet die bisher größte ausgewiesene Fläche des Grünen Bandes in Deutschland und damit auch das bislang größte Nationale Naturmonument." Es ist 260 Kilometer lang, berührt 21 Kommunen in Hessen und führt durch die drei Kreise Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda im Norden und Osten.

Auf einer Karte von Hessen ist am östlichen Rand eingezeichnet, wo das grüne Band verläuft und welche Städte in der Nähe sind.
Der Verlauf des Grünen Bands auf einer Karte. Das Grüne Band führt durch die Kreise Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda. Bild © hessenschau.de

Zeichen für Naturschutz und Erinnerungskultur

Für Hinz ist das Gebiet ein Zeichen für Naturschutz und Erinnerungskultur und für das Bewahren von Geschichte und Artenvielfalt. Davon konnten sich Hinz, Lemke und Thüringens Umweltstaatssekretär Burkhard Vogel (Grüne) am Montag beim Besuch im Naturschutzgebiet Rhäden in Wildeck (Hersfeld-Rotenburg) überzeugen.

Der Rhäden ist bekannt für seine Artenvielfalt. In der Auenlandschaft finden geschützte Arten ein Refugium: Vor allem für Vögel ist es als Brut-, Nahrungs- und Rastgebiet bedeutsam. Dort finden sich Sperber, Habichte, Schwarze Milane, verschiedene Adler- und Falkenarten oder auch seltene Singvögel, wie etwa die Beutelmeise. Amphibien, wie Frösche und Molche, nutzen die Gewässer zur Fortpflanzung, Libellen schwirren über die Wasserflächen.

Noch kein Plan fürs Grüne Band

Doch wie geht es nun weiter mit dem Grünen Band in Hessen? Als nächstes werde, begleitet durch einen Fachbeirat aus Vertreterinnen und Vertretern der Region, ein Pflege-, Entwicklungs- und Informationsplan aufgestellt. Dieser Plan solle die Richtung weisen für die Entwicklung des Grünen Bandes, erläuterte das Ministerium.

Für Ministerin Hinz ist wichtig: "Die Erinnerung an die Geschichte wachhalten, eine einzigartige Landschaft bewahren und Artenvielfalt und die Region stärken, ist das gemeinsame Herzensanliegen aller Beteiligten."

Wanderverband freut sich

Auch andere Akteure beobachten den Fortgang gespannt. Hans-Ulrich Rauchfuß, Präsident des Deutschen Wanderverbands, sagte: "Der Erfolg dieses Naturmonuments wird wesentlich davon abhängen, wie das nun zu entwickelnde Pflege- und Entwicklungskonzept konkret aussieht."

Das Gebiet sei ideal für sanften Tourismus in der Region und um Kultur und Natur mit dem Wandern zu verbinden. Überragende Bedeutung habe - auch im Sinne des Biotopschutzes - eine kluge Besucherlenkung auf möglichst naturnahen Wanderwegen.

Naturmonument Grünes Band zwischen Hessen und Thüringen
Das Naturmonument Grünes Band verläuft an der Grenze zwischen Hessen und Thüringen. Auf dem ehemaligen Kolonnenweg der DDR-Grenzwächter sind heute viele wandernde Menschen unterwegs. Bild © Imago Images

Viel Kritik von Parteien und Verbänden

Doch es gibt auch skeptische Stimmen. Vor der Verabschiedung des Gesetzes zum Grünen Band gab es viel Kritik von Parteien und Verbänden. Die Landtags-FDP erklärte, das Gesetz gehe völlig an den Bedürfnissen der Menschen im ländlichen Raum vorbei. Bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten vergesse die Landesregierung, dass es auch Menschen gebe, die mit ihren eigenen Flächen Geld verdienen müssten.

Land- und Forstwirtschaft sowie die Jägerschaft würden über Gebühr eingeschränkt, bemängelte FDP-Landtagsabgeordnete Wiebke Knell. "Das Gesetz der Landesregierung ist waldfeindlich, und es ist auch eigentumsfeindlich." Die Kommunikation mit den Eigentümern sei äußerst schlecht gewesen.

"Paragrafenzaun mit Ge- und Verboten"

Die SPD monierte, die schwarz-grüne Landesregierung befriedige mit ihren Vorgaben zum Naturmonument ausschließlich grüne Ideologien und die Lobby der Naturschutzverbände. Und auch der Hessische Waldbesitzerverband schloss sich an und sprach von einem "Paragrafenzaun mit gesetzlichen Ge- und Verboten". Noch nie habe eine Landesregierung in Hessen in so großem Umfang mit naturschutzrechtlichen Mitteln auf privates Grundeigentum zugegriffen.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 21.08.2023, 16.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de