KZ "Katzbach" in Frankfurt Hunderte gedenken der Opfer des Todesmarschs von Frankfurt nach Hünfeld

Mit einer Gedenkstunde ist in der Paulskirche der Opfer des NS-Todesmarschs vom KZ "Katzbach" in den Frankfurter Adlerwerken nach Osthessen gedacht worden. Mehrere Rednerinnen und Redner betonten, dass sich die Stadt lange schwer getan habe mit der Aufarbeitung des Verbrechens.

Gedenken an den Todesmarsch der Zwangsarbeiter in den Frankfurter Adlerwerken
Applaus für die Hinterbliebenen. Jennifer Hauwert-Swistak (Bildmitte, sitzend) ist die Tochter des Todesmarsch-Überlebenden Zygmunt Świstak. Bild © Stadt Frankfurt/Salome Roessler

Am Ende von jahrzehntelangem Wegsehen und Verschweigen steht ein gemeinsames Erinnern. Rund 500 Menschen haben am Montagabend in der Frankfurter Paulskirche des Todesmarschs von 360 Zwangsarbeitern von den Adlerwerken im Stadtteil Gallus ins osthessische Hünfeld (Fulda) gedacht. Eingeladen hatte das städtische Dezernat für Kultur und Wissenschaft und die Initiative "Geschichtsort Adlerwerke".

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Gedenken an KZ-Inhaftierte – 80 Jahre Todesmarsch

hs 24.03.2025
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Eines der grausamsten Außenlager

Die Gedenkstunde fand anlässlich des 80. Jahrestags des Beginns des Todesmarschs statt. "In dieser Stunde vor 80 Jahren passierte in Frankfurt Grauenvolles. Etwa 360 abgemagerte und erschöpfte Männer zogen zu Fuß und von bewaffneten SS-Wachen angetrieben von den Adlerwerken im Stadtteil Gallus aus über das nördliche Mainufer, über die Hanauer Landstraße nach Fechenheim, über Dörnigheim, an Hanau vorbei und weiter durch zahlreiche Städte und mehr als 20 Dörfer in Hessen", fasste Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) zur Eröffnung der Veranstaltung die Geschehnisse im März 1945 zusammen.

Das Ziel der als Arbeitskräfte missbrauchten und misshandelten Männer: Hünfeld. Ein letzter Versuch des NS-Systems, Opfer der eigenen Vernichtungs- und Ausbeutungspolitik für immer zum Schweigen zu bringen.

Die Gefangenen, die seinerzeit aufbrachen, gehörten zu den wenigen Überlebenden des Konzentrationslagers "Katzbach", das mittlerweile in der Geschichtswissenschaft als "eines der grausamsten Außenlager des Nationalsozialismus" gilt, wie Hartwig betonte. 1.616 Menschen aus elf Nationen, vorwiegend aus Polen, durchliefen das Lager. Die wenigsten überlebten.

Nachfahren zeigen sich bewegt

Auf dem Marsch wurden zahlreiche Zwangsarbeiter von ihren SS-Wachern ermordet - teilweise unter den Augen der Öffentlichkeit entlang der Marschroute. Ein Geschichtskapitel, das lange nicht aufgearbeitet wurde. In Frankfurt kämpften Initiativen und Unterstützer fast drei Jahrzehnte für ein würdiges Gedenken an die Opfer des KZ "Katzbach". Anlässlich des Jahrestags hatte die Stadt Frankfurt in der vergangenen Woche mit einer Veranstaltungsreihe an das Schicksal der Zwangsarbeiter erinnert.

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80 Jahre nach dem Todesmarsch sind auch die letzten Überlebenden verstorben. An ihrer statt sprachen ihre Nachkommen in der Paulskirche. Jennifer Hauswert-Swistak, Tochter des Überlebenden Zygmunt Swistak - dessen Vater und Bruder in den Adlerwerken beziehungsweise auf dem Todesmarsch ermordet wurden - erinnerte daran, dass ihr verstorbener Vater sich die letzten 24 Jahre seines Lebens für die Errichtung einer Gedenkstätte eingesetzt habe.

Auf der jüngst eingeweihten Gedenkstele auf dem Hauptfriedhof seien die Namen aller Opfer verzeichnet und richtig geschrieben. Für sie und ihre Familie, erklärte die aus Australien angereiste Hauswert-Swistak, seien die "Ereignisse der Gedenkwoche" wichtig und berührend gewesen.

Das Grauen mitten in der Stadt

Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion betonte Thomas Altmeyer, Leiter des Geschichtsorts Adlerwerke, dass die Verbrechen im KZ "Katzbach" unter den Augen der Belegschaft und der Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtteils Gallus stattfanden: "Mitten in der Stadt. Mitten in der Fabrik." Dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - habe es lange Zeit Widerstände gegen einen öffentlichen Ort des Erinnerns gegeben.

Die Erkenntnis, dass viele Menschen tatenlos zugesehen hätten, sei nach wie vor bedrückend, erklärte Andrea Rudorff vom Fritz Bauer-Institut. Dass acht Jahrzehnte später der Opfer gedacht werde, sei zwar angemessen und begrüßenswert, doch auch bitter, da sie "eigentlich diese Anteilnahme damals gebraucht hätten, als ihr Leben in Gefahr war".

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de