Rabiate Tierschützer Petition, Shitstorm und Morddrohung nach Limburger Tauben-Tötungsbeschluss

Nach dem Limburger Beschluss, Tauben künftig per Genickbruch zu töten, gibt es heftigen Widerstand von Tierschützern. Einige kündigen rechtliche Schritte an. Auch eine Morddrohung gab es.

Drei Tauben
In Limburg geht die Stadt von 700 bis 1.000 Tauben aus. Bild © Imago
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Eigentlich gelten sie als ein Symbol des Friedens. Ausgerechnet Tauben sorgen in Limburg und im Internet derzeit allerdings für heftige Konflikte. Auf die Diskussion um den Taubendreck in der Stadt folgt nun offenbar ein ausgewachsener Shitstorm.

Weil es in Limburg aus Sicht der Verwaltung zu viele Tauben gibt, entschieden die Stadtverordneten am Montag, die Population künftig per Radikalmethode zu reduzieren: Ein Falkner soll die Tiere in einen sogenannten Fangschlag locken, sie mit einem Schlag auf den Kopf betäuben und ihnen dann das Genick brechen.

Schon rund um die Abstimmung gab es Proteste, die Abgeordneten wurden unter anderem als "Mörderbande" bezeichnet. Seitdem bricht die Welle der Empörung und des Widerstands nicht ab.

"Tierschutz statt Tiermord"

Eine von einem örtlichem Tauben-Schutz-Verein initiierte Petition mit dem Titel "Tierschutz statt Tiermord" wurde bis Donnerstagmittag über 46.000-mal unterzeichnet - Limburg hat weniger als 40.000 Einwohner. Auch weitere Tierschutzverbände und Vereine haben Stellung bezogen oder rechtliche Schritte angekündigt, darunter der Deutsche Tierschutzbund und der Verein Menschen für Tierrechte.

Die Tierschutz-Organisation Peta teilte mit: Man habe Beschwerde bei der Kommunalaufsicht am Regierungspräsidium (RP) Gießen eingelegt, weil man der Ansicht sei, dass die Entscheidung rechtswidrig sei und aufgehoben werden müsse.

Das RP Gießen teilte dazu auf hr-Anfrage mit, man sei dafür nicht zuständig, sondern der Landrat des Kreises Limburg-Weilburg. Man habe die Peta-Eingabe dorthin weitergeleitet.

Kommentare und Falschmeldungen

In Kommentarspalten in Sozialen Medien oder unter inzwischen bundesweit erschienene Artikeln zu dem Thema geht es ebenfalls hoch her. Zum Teil ist von "Massenmord" die Rede, den Stadtverordneten wird mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. "Hunters will be hunted" (Jäger werden zu Gejagten), kommentiert etwa ein X-Nutzer. Genutzt wird beispielsweise der Hashtag #Schlimmburg.

Auch Falschmeldungen zum Thema kursieren inzwischen. So meldete etwa eine große deutsche Tageszeitung, in Limburg wolle man 1.000 Tauben das Genick brechen. Tatsächlich wird die gesamte Taubenpopulation in Limburg auf insgesamt 700 bis 1.000 geschätzt. Sie soll laut Stadt lediglich reduziert werden.

Die Taubentötung soll zudem auf zwei Jahre begrenzt werden, bis die Population so weit verringert ist, dass man mit schonenderen Methoden wie der Geburtenkontrolle in Taubenhäusern - dem Austausch der Taubeneier durch Gipseier - weiterarbeiten könne.

Stadt bekommen massenhaft Mails und Anrufe

Die Stadtverordneten in Limburg, die sich mit Ausnahme der Grünen alle für die Tötung ausgesprochen haben, erhielten in letzter Zeit nach eigenen Angaben auch zahlreiche direkte Protestzuschriften. Ein Sprecher der Stadt teilte mit: Man bekomme zahlreiche Anrufe dazu, zum Teil aus ganz Deutschland. Viele Menschen sprächen sich dafür aus, andere Lösungen zu finden.

"Viele Mails enthalten identische Formulierungen, sodass wir davon ausgehen, dass hier zum Teil organisiert vorgegangen wurde", sagte Dirk Fredl von der CDU-Fraktion auf hr-Anfrage. Schon vor der Abstimmung seien die Stadtverordneten von einer Kanzlei angeschrieben worden mit der Drohung, jeden einzelnen zu verklagen, der mit Ja stimme.

"Grenzen überschritten"

Fredl beont: Natürlich könne man in einer Demokratie unterschiedlicher Meinung sein, davon lebe Politik. Es sei auch legitim, derartige Entscheidungen gerichtlich anzufechten. "Aber wenn man massiv unter Druck gesetzt wird, wenn man aus einem Megafon zehn Zentimeter vor seinem Gesicht als Mörder beschimpft wird, werden Grenzen überschritten."

Dies habe nichts mehr mit Interessenvertretung zu tun und sei sogar bedrohlich für demokratische Prozesse, meint Fredl. Die Entscheidung sei nicht leicht gewesen, aber man habe sie nach monatelangem Abwägen und Diskutieren getroffen und dabei auch Stimmen von Naturschutzverbänden gehört. "Zu versuchen, diejenigen einzuschüchtern, die sich ehrenamtlich nach bestem Wissen und Gewissen engagieren, ist mehr als bedenklich."

Influencer greift Thema auf

Screenshot aus Instagram-Profil
Incluencer Malte Zierden kritisierte die Entscheidung der Limburger Stadtverordneten. Bild © Screenshot / Instagram

Auch der Influencer Malte Zierden griff das geplante Tauben-Töten am Mittwoch auf seinem Instagram-Kanal kritisch auf. Zierden hat dort rund 650.000 Follower und ist unter anderem für Videos über eine Taube bekannt, die regelmäßig auf das Fensterbrett seiner Hamburger Wohnung kommt.

Zierden nannte die Entscheidung "ehrenlos" und "eklig". Dabei bezog er sich auch auf den Limburger Falkner Berthold Geis, der für das Taubentöten plädiert und die Stadtverordneten bei ihrer Entscheidung beraten hatte.

Geis erhielt nach eigenen Angaben inzwischen ebenfalls zahlreiche Protestmails und -briefe. Darunter sei auch eine Morddrohung gewesen, derentwegen er Anzeige erstattet habe.

Auf hr-Anfrage zeigte er sich unbeeindruckt von der Kritik. Er kenne das schon, so Geis. Zudem habe er auch durchaus positive Rückmeldungen erhalten und sogar mehreren Anfragen erhalten, seine Fangschlag-Methode andernorts durchzuführen.

Geis bietet seine Methode zur Taubenabwehr auch als Dienstleistung an. Ob er sie in Limburg selbst anwenden wird, ist aber noch unklar. Zum einen, weil noch das Veterinäramt seine Genehmigung für das Tauben-Töten erteilen muss. Zum anderen, weil der Auftrag dafür offiziell ausgeschrieben werden soll.

Für Samstag wurden erneut Proteste von Tierschützern in Limburg angekündigt.

Weitere Informationen

Sendung: hr1, 16.11.2023, 12.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Rebekka Dieckmann, Marius Kollbacher, Lea Schebaum