Milde Temperaturen und Mülldeponien Immer mehr Störche überwintern in Hessen

Der Anblick von Störchen ist in Hessen längst kein reines Sommervergnügen mehr. Das Nahrungsangebot hierzulande und milde Temperaturen veranlassen die Tiere, auf lange Zugwege vor dem Wintereinbruch zu verzichten. Im Landkreis Groß-Gerau werden sie auch von einer Mülldeponie angelockt.

Mehrere Störche stehen im flachen Wasser eines Sees.
Störche in Hessen: Überflutete Bereiche bieten ihnen Schutz vor Räubern. Bild © Frank Ihle

"Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah." Diese geflügelte Goethe-Zitat scheinen sich auch immer mehr geflügelte Tiere zu Herzen zu nehmen: Störche verzichten zunehmend auf den langen und manchmal verlustreichen Flug in entfernte südliche Gefilde und überwintern stattdessen in Hessen.

Über 400 Störche in Büttelborn

Rund 420 Störche wurden zwischen November und Januar alleine bei Büttelborn (Groß-Gerau) gezählt, wie der Ornithologe vom Naturschutzbund (Nabu) Hessen, Bernd Petri, mitteilte. Die Region sei damit das größte Überwinterungsgebiet für Störche bundesweit.

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Die Gründe dafür sind vielfältig. So bieten die überfluteten Niedermoorgebiete der dortigen Bruchwiesen den Vögeln einen guten Schutz vor nächtlichen Jägern wie Füchsen oder Mardern. Und auf den benachbarten Ackerflächen, zu denen die Störche morgens fliegen, finden sie reichlich Würmer und Mäuse - ihre Hauptnahrung.

Nahrungssuche im Biomüll

Ein reichlich gedeckter Tisch bietet sich ihnen aber auch auf einer nahe gelegenen Mülldeponie, wie Petri zu berichten weiß. Wenn sie dort im Bioabfall nach Nahrungsresten suchen, sind sie ungestört. An das Personal der Deponie hätten sich die eleganten Vögel längst gewöhnt, berichtet der Ornithologe. Und Spaziergänger mit Hunden gebe es dort kaum.

Die meisten Störche, die im hessischen Ried überwintern, kämen aus nahe gelegenen Regionen wie Nordhessen oder Thüringen, sagt Petri. Auch aus anderen Teilen der Republik und den Niederlanden reisen sie an. Die Überwinterungsphasen werden insgesamt kürzer.

Die ersten fliegen schon nach Hause

So kehren die ersten Störche dem Experten zufolge bereits jetzt in ihre eigentlichen Lebensräume zurück - früher als sonst. Gleichzeitig findet der Abflug für die immer kürzer werdenden Reisen vor dem Wintereinbruch später statt.

Petri sieht die Gründe dafür in einer Anpassung der Störche auf sich verändernde Umweltbedingungen. Mildere Temperaturen erleichtern das Überleben in unseren Breiten, die zunehmenden Mülldeponien unterstützen den Effekt. Die Zugwege vieler Störche werden kürzer.

Auch viele Kraniche schon auf dem Rückflug

Nicht nur Störche, auch viele Kraniche befinden sich ungewöhnlich früh auf der Heimreise. Alleine im Rhein-Main-Gebiet verzeichnete der Nabu an einem Januar- Wochenende mehr als 80 Sichtungen über sein Meldeportal. "Der Hauptdurchzug der Kraniche ist aber ab Mitte Februar zu erwarten", sagt Petri.

Redaktion: Uwe Gerritz, hessenschau.de

Sendung: hr1,

Quelle: hessenschau.de