Reaktion auf Messerattentat in Solingen Das bedeuten die neuen Sicherheitsmaßnahmen für Hessens Stadtfeste

Das Innenministerium hat die hessischen Polizeipräsidien nach der Tat in Solingen aufgefordert, ihre Präsenz bei Festen zu erhöhen. Doch woher das zusätzliche Personal kommen soll, scheint ungeklärt. Dieses Wochenende häufen sich gleich mehrere Großveranstaltungen.

Menschenmenge auf einem großen Platz mit Riesenrad und Karussell vor abendlichem Himmel
Lockt jedes Jahr bis zu 400.000 Besucher nach Bad Homburg: das Laternenfest Bild © Stadt Bad Homburg v. d. Höhe
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Nach dem Anschlag auf das Stadtfest in Solingen am vergangenen Wochenende hat Innenminister Roman Poseck (CDU) bei hessischen Groß-Events vorübergehend verschärfte Sicherheitsvorkehrungen mit erhöhter Polizeipräsenz verfügt.

Noch bis Donnerstag kommender Woche gilt ein entsprechender Erlass. Poseck forderte die "Gewährleistung einer deutlich sichtbaren und für die Bevölkerung wahrnehmbaren polizeilichen Präsenz - mit den Schwerpunkten Volksfeste, Musik-, Sport und sonstige Großveranstaltungen, Innenstadtbereiche, Waffenverbotszonen".

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Bundesregierung will Messer auf Festen und Großveranstaltungen verbieten

Als Reaktion auf die Debatte um härtere Asylpolitik und mehr Waffenverbote hat die Bundesregierung am Donnerstag ein neues Maßnahmenpaket vorgestellt. Unter anderem soll der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter eingeschränkt werden. Dazu zählt ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, auf Volksfesten und bei anderen Großveranstaltungen. Noch ist das Maßnahmenpaket nicht umgesetzt.

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Gerade an diesem Wochenende stehen in Hessen mehrere größere Ereignisse bevor. Hier sollen die Beamtinnen und Beamten besondere Präsenz zeigen - wie sich diese beziffern lässt, ist allerdings unklar.

Waffen- und Messerverbot beim Laternenfest in Bad Homburg

Die Stadtverwaltung von Bad Homburg sieht sich für das anstehende Laternenfest (Freitag bis Montag) mit bis zu 400.000 erwarteten Besuchern mit dem Sicherheitskonzept der vergangenen Jahre gut aufgestellt. "Die aktuelle Gefahrenlage hat zwar durch das schreckliche Ereignis in Solingen eine neue Dynamik gewonnen, ist aber ansonsten nicht gänzlich neu", teilte ein Sprecher dem hr auf Anfrage mit.

Der Veranstalter des Laternenfestes, die Kur- und Kongreß-GmbH, habe schon in den vergangenen Jahren in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung sein Konzept entsprechend verschärft. Dazu gehöre unter anderem eine hohe zweistellige Zahl an Sicherheitsmitarbeitern und Fahrzeugsperren an sämtlichen Festzufahrten. Für das Fest gilt auch erneut ein Waffen- und Messerverbot, das vom Sicherheitsdienst stichprobenartig kontrolliert werden soll.

Trotzdem erhofft sich die Stadt eine erhöhte Präsenz von Beamten der Landespolizei. Wie das zuständige Polizeipräsidium Westhessen schriftlich mitteilte, wird für das Laternenfest "die Polizeipräsenz, auch durch vermehrte gemeinsame Streifen mit der Stadtpolizei der Stadt Bad Homburg (...) erhöht". In welchem Umfang das geschehen soll, ließ die Polizei unbeantwortet. Die Sicherheitslage werde täglich neu bewertet und Sicherheitskonzepte würden angepasst.

Zufahrtssperren bei Brückenfest in Wetzlar

Ähnlich sieht es bei dem anstehenden Brückenfest (Freitag bis Sonntag) in Wetzlar aus. Hier werden nach Angaben der Stadtverwaltung die bereits im Jahr 2023 eingesetzten Zufahrtssperren eingesetzt. Aktionen, die über das bekannte Maß hinausgehen, seien von Seiten der Stadt nicht geplant. "Alles andere liegt in den Händen der Polizei", sagte ein Sprecher der Stadt. Zu dem Fest werden zwischen 50.000 und 70.000 Besucher erwartet.

Konkrete Angaben zur geplanten Polizeipräsenz wollte auch das Polizeipräsidium Mittelhessen nicht machen. Die Zahl der Polizeikräfte solle allgemein bei Festen und Veranstaltungen erhöht werden, "soweit dies erforderlich ist", teilte die Polizei mit. Zur Unterstützung würden auch Beamte des Hessischen Polizeipräsidiums Einsatz (HPE) angefordert. Zudem würden sogenannte Notinterventionsteams vorgehalten, die im Notfall schnell vor Ort sein sollen.

Ähnlich lautende Antworten erhielt der hr auf seine Anfragen von den zuständigen Polizeipräsidien für das anstehende Golden-Leaves-Festival in Darmstadt (Freitag bis Sonntag, dem Eintracht-Spiel in Frankfurt am Samstagnachmittag und dem Offenbacher Sommerfestival, das bereits am Donnerstag startete und bis Sonntag läuft.

Polizei-Gewerkschaft: Schon jetzt über vier Millionen Überstunden

Der Landesbezirk Hessen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt eigenen Angaben zufolge grundsätzlich die derzeit angestrebte Präsenzoffensive bei Festen und Großevents, wie GdP-Chef Jens Mohrherr in Wiesbaden dem hr auf Nachfrage sagte: "Natürlich muss die Polizei ran, wenn es geht - das ist überhaupt keine Frage. Aber sie muss auch die personellen Ressourcen haben."

Der Polizei stelle sich zunehmend ein massives Personalproblem, so Mohrherr. Stand jetzt habe die hessische Polizei über vier Millionen Überstunden angesammelt. Bei den jetzigen Sondereinsätzen sei nicht mit der Unterstützung von Kollegen aus anderen Bundesländern zu rechnen, weil diese derzeit ebenfalls bei Festen verstärkt präsent sein müssten. Deswegen müssten jetzt zunehmend Kollegen eingeteilt werden, die eigentlich frei gehabt hätten.

1.000 zusätzliche Polizei-Stellen gefordert

"Wir hatten eine super Europameisterschaft in Frankfurt und haben in fünf Wochen 300.000 Überstunden eingefahren - jetzt sollen die Kollegen zusätzlich Feste bewachen und Sondermaßnahmen und Kontrollen durchführen", so der GdP-Chef. "Es stellt sich die Frage, wie das noch gehen soll?"

Auch vor der Ankündigung von Innenminister Roman Poseck (CDU), "weitgreifende Maßnahmen" für mehr Sicherheit zu prüfen und umzusetzen, fordert die hessische GdP die Einstellung von mindestens 1.000 zusätzlichen Polizeibeschäftigten.

Täter stach auf Stadtfest in Solingen zu

Bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen waren am Freitagabend vergangener Woche drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere Personen teils schwer verletzt worden. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen einen 26 Jahre alten Syrer wegen Mordes und Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Redaktion: Anikke Fischer

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: mit Informationen von Anna Lisa Lüft, hessenschau.de