Nach dem Unwetter Gottsbüren gleicht einem Trümmerfeld

Nach dem schweren Unwetter herrscht im Trendelburger Ortsteil Gottsbüren der Ausnahmezustand. "Wir haben keine Infrastruktur mehr", sagt Bürgermeister Manuel Zeich. Die Vizelandrätin fühlt sich an das Ahrtal-Hochwasser erinnert.

Drohnenaufnahme von zerstörten Straßen und Hochwasser
Drohnenaufnahmen zeigen die Lage in Trendelburg-Gottsbüren am Freitagnachmittag. Bild © hr
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In der Nacht zum Freitag war Trendelburger Ortsteil Gottsbüren nicht zu erreichen – weder für die Feuerwehr und auch nicht für ihn, sagt Bürgermeister Manuel Zeich (parteilos) am Nachmittag auf einer Pressekonferenz. Über Stunden seien die Feuerwehrleute aus Gottsbüren während des Unwetters auf sich allein gestellt gewesen. "Es hat sich alles so schnell ergeben, dass man nicht mehr hinterherkam."

Videobeitrag

Unwetter mit Starkregen – Trendelburg-Gottsbüren unter Wasser

hs 02.08.2024
Bild © hessenschau.de
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"Die Lage ist dramatisch"

Als es Zeich dann in den Ortsteil schafft, ist der Anblick schockierend. "Die Lage ist dramatisch", sagt der Bürgermeister, "die Infrastruktur ist völlig dahin, die Straßen sind kaputt, die Häuser sind demoliert."

In Gottsbüren reiht sich auf der Straße Krater an Krater, meterlange Risse durchziehen die Oberfläche. Die Fluten haben Mülleimer, Blumenkübel, Heizöltanks und Bäume mitgerissen. Autos wurden weggeschwemmt und völlig demoliert, teilweise fiel der Strom aus.

Zwei Menschen wurden in ihrem Auto von den Wassermassen eingeschlossen und mussten mithilfe eines Radladers befreit werden. "Es ist heute nichts mehr so, wie es gestern noch war", sagt Zeich.

Erinnerungen ans Ahrtal

Fünf Kommunen seien besonders vom Unwetter in der Nacht auf Freitag betroffen gewesen, sagt die Vizelandrätin Silke Engler (SPD), aber keine sei so schwer getroffen wie Wesertal-Gieselwerder und Gottsbüren. Die Schäden seien immens. "Wenn sie die Bilder aus Gottsbüren sehen, werden sie erinnert sein an das Ahrtal-Hochwasser." Mehr als 130 Personen hatten dabei im Sommer 2021 ihr Leben verloren.

In Wesertal-Gieselwerder kann nach Angaben des Landkreises Kassel ein Großteil der Aufräumarbeiten noch im Laufe des Freitags abgeschlossen werden. Dort wurde ein Ringverkehr eingerichtet, der Geröll und Unrat aus den betroffenen Gebieten abtransportiert.

Eine Abschätzung des entstandenen Schadens sei in Gottsbüren derzeit nicht möglich. "Besonders im privaten Bereich ist das noch nicht absehbar." Das Wasser sei teilweise durch Häuser hindurchgelaufen. Der Schock bei den Anwohnern sitze tief. Nun heiße es Aufräumen und Ruhe bewahren. "Anfang der kommenden Woche haben wir sicherlich ein besseres Lagebild", erklärt die Vizelandrätin. Wann die Spuren beseitigt sein werden? Das kann niemand abschätzen.

Anwohnerin Silke Kompfe hockt nach einem Unwetter in dem Trendelburger Stadtteil Gottsbüren an einer zerstörten Fahrbahndecke.
Anwohnerin Silke Kompfe hockt nach einem Unwetter in dem Trendelburger Stadtteil Gottsbüren an einer zerstörten Fahrbahndecke. Bild © picture-alliance/dpa

In den nächsten Tagen werde alles darangesetzt werden, die Infrastruktur so weit wie möglich wieder herzustellen, sagt Zeich. Der Landkreis Kassel teilte am Freitagnachmittag mit, dass alle verfügbaren Kräfte nun nach Gottsbüren und Gieselwerder geschickt würden, um die Aufräumarbeiten zu unterstützen. In Gottsbüren wurde eine Sporthalle zur Notunterkunft umfunktioniert.

Eine fRau mit rotem T-Shirt hebt eine Kiste auf.
Anwohnerin Sarah Scheele hilft ihren Nachbarn. Bild © Stefanie Küstner (hr)

Zuletzt hatte es in dem Ort 2019 und 2021 Schlammlawinen und vollgelaufene Keller nach starken Regenfällen gegeben. "Die Gottsbürer kennen Hochwasser, aber so hatten wir es noch nie. Das ist das Schlimmste, seitdem ich hier wohne - und ich bin hier aufgewachsen", sagt Anwohnerin Franziska Engelhardt.

Wurde zu wenig getan?

Doch einige Anwohner sind über Kreis und Gemeinde verärgert, wie hr-Reporter vor Ort erfahren. Es sei zu wenig in Sachen Hochwasserschutz passiert. Man habe in Schutzmaßnahmen investiert, entgegnet Bürgermeister Zeich. Diese seien bei einem Ereignis dieser Dimension aber nicht wirksam. "Selbst mit allen möglichen Maßnahmen, die man sich vorstellen kann, hätte man das nicht auch nur im Ansatz verhindern können."

"Ich habe sowas noch nie gesehen und erlebt", sagt Sarah Scheele. Das sind massive finanzielle Schäden, sagt die Gottsbürerin und wünscht sich für die Betroffenen finanzielle Unterstützung von Bund und Land. Sie selbst hatte ihre Arbeit am Freitag abgesagt und ihren Nachbarn geholfen: "Man kommt ja eh nicht hier raus."

Redaktion: Felix Monsees

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe