Urteil am Oberlandesgericht Nach Unfall mit getötetem Polizisten: Opfer trägt Mitschuld
Neun Jahre nach einem Unfall auf der A4 bei Kirchheim mit einem getöteten und zwei verletzten Polizisten hat ein Gericht deren Mitschuld festgestellt. Sie waren eine halbe Stunde nach Sicherung der Unfallstelle noch auf dem linken Seitenstreifen.
Die Beamten hätten sich als Fußgänger im Bereich der Fahrbahn verkehrswidrig verhalten und dadurch "eine nicht unerhebliche Schadensursache gesetzt", teilte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Donnerstag sein Urteil vom 5. Dezember mit.
Im November 2015 war es auf der Autobahn 4 bei Kirchheim (Hersfeld-Rotenburg) zu einem Verkehrsunfall gekommen. Auf der linken Spur blieb dabei ein Fahrzeug liegen. Trümmerteile befanden sich auf den beiden anderen Spuren. Drei zufällig vorbeifahrende Bundespolizisten hielten an und sicherten die Unfallstelle.
Autofahrer wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
Etwa eine halbe Stunde später, als die beiden rechten Fahrspuren vom Verkehr wieder befahren wurden, fuhr ein Autofahrer mit seinem Wagen frontal gegen einen der Polizisten, der auf dem linken Seitenstreifen stand. Dieser wurde getötet.
Dann fuhr das Auto gegen die beiden weiteren Beamten. Der Mitteilung zufolge erlitten sie zum Teil erhebliche Verletzungen. Der Autofahrer wurde später unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
Gericht: Haftung zu einem Drittel aufseiten der Polizisten
Die Beamten hätten sich fahrlässig selbst gefährdet, urteilte nun das OLG. Das lediglich in Ausnahmefällen zulässige Betreten einer Autobahn dürfe "nur mit höchstmöglicher Sorgfalt und so kurz wie möglich erfolgen".
Zumindest hätten die Polizisten den herannahenden Verkehr beobachten müssen. Dann hätten sie etwa über die beiden Fahrbahnen trennenden Betonschutzwände klettern können, damit wäre der Unfall vermieden worden.
In dem Fall hatte die Bundesrepublik Deutschland als Dienstherr gegen den Fahrer, den Fahrzeughalter und die Versicherung auf Schadenersatz geklagt, und zwar auf die an die Hinterbliebenen gezahlten Gelder von knapp 350.000 Euro. Das OLG entschied, die Haftung liege zu einem Drittel aufseiten der Polizisten und zu zwei Drittel bei den Beklagten.