"Mehr wäre wünschenswert" Nur knapp 12 Prozent der Grundschul-Lehrkräfte sind männlich

An Hessens Grundschulen unterrichten aus Sicht des Kultusministeriums zu wenige Männer. Ihr Anteil sinkt seit Jahren. Für die Bildungsgewerkschaft GEW liegt das nicht allein an der Besoldung.

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Der Anteil männlicher Lehrkräfte an öffentlichen Grundschulen in Hessen betrug zum Stichtag 1. Oktober 2022 insgesamt 11,8 Prozent, wie aus einer Antwort des Kultusministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Rainer Rahn in Wiesbaden hervorgeht.

Das Niveau stagniert seit zehn Jahren um die zwölf Prozent. Im Jahr 2003 lag der Anteil männlicher Grundschullehrer noch bei 16,3 Prozent.

Noch dramatischer ist der Rücklauf männlicher Schulleitern an öffentlichen Grundschulen. Ihr Anteil lag demnach im Jahr 2003 bei rund 33 Prozent und sank ebenfalls stetig, zuletzt auf gut 14 Prozent.

Ministerium: Mehr Grundschullehrer "wünschenswert"

Eine Entwicklung, die das Kultusministerium nicht zufrieden stellt. "Mehr männliche Lehrkräfte an Grundschulen wären aus Sicht der Landesregierung wünschenswert", erläuterte das Ministerium. Eine Wende erhofft sich das Ministerium durch die schrittweise Anhebung der Besoldung von Grundschullehrkräften von A12 auf A13, beginnend ab dem neuen Schuljahr. Der Landtag verabschiedete vor knapp zwei Monaten das entsprechende Gesetz. Die Anhebung soll in sechs Schritten bis 2028 erfolgen.

A12 entspricht in Hessen zum Berufsstart derzeit rund 3.600 Euro, A13 liegt bei rund 4.200 Euro (jeweils Grundgehalt ohne Zuschläge). Damit verdienen Grundschullehrkräfte dann zum Berufsstart genauso viel wie ihre Kolleginnen und Kollegen an weiterführenden Schulen, etwa Gymnasien.

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Schrittweise Anhebung

Die Anhebung erfolgt in sechs Schritten bis zum Jahr 2028 - mittels einer Zulage, die sukzessive steigt und erstmalig zum 1. August 2023 bezahlt wird. Im ersten Jahr soll sich die Zulage auf zehn Prozent des Mehrbetrags von A13, 2024 auf 25 Prozent, 2025 auf 40 Prozent, 2026 auf 60 Prozent, 2027 auf 80 Prozent und 2028 schließlich auf 100 Prozent belaufen.

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"Sollte der Besoldungsunterschied zwischen Grundschullehrkräften und Lehrkräften an weiterführenden Schulen mit dazu beigetragen haben, dass Männer sich auch aufgrund einer möglicherweise gehaltssensibleren Berufswahl anteilig weniger für ein Grundschullehramt entscheiden als Frauen", könnte die Anhebung mittelfristig dazu beitragen, dass dann mehr Männer an Grundschulen unterrichten, so die Hoffnung des Ministeriums.

Gleichzeitig verwies es auf die Freiheit der Berufswahl. Sowohl die Vergabe der Studienplätze als auch die Einstellung in den Schuldienst folgten nach den Grundsätzen der Bestenauslese und Gleichbehandlung. "Den Möglichkeiten, den Anteil männlicher Lehrkräfte an Grundschulen zu erhöhen, sind damit Grenzen gesetzt", erläuterte das Ministerium.

GEW: Arbeitsbedingungen verbessern

Die Bildungsgewerkschaft GEW Hessen sieht nicht allein die Besoldung als Ursache für den niedrigen Anteil männlicher Grundschul-Lehrkräfte. "Es kann erst dann eine Veränderung geben, wenn neben der strukturellen Besoldung auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden", sagt GEW-Vorsitzender Thilo Hartmann.

In den Grundschulen gebe es die höchste Anzahl an Pflichtstunden. "Besonders für Klassenlehrer gelten hohe Anforderungen, zum Beispiel in der Kommunikation mit Eltern und in der Betreuung von Schulanfängern", so Hartmann.

Generell sei es problematisch, "wenn Kinder nicht das gesamte Spektrum von Erziehungsvorbildern haben". Es müsse aber erst mal genügend Lehrkräfte geben, um das Problem zu lösen. "Ich bin sehr überzeugt, dass sich das Geschlechterverhältnis auch an Grundschulen abbilden lässt, wenn die Grundschullehrer entlastet werden", betonte Hartmann.

Quelle: hessenschau.de/Meliha Verderber, dpa/lhe