Prozess Angriff auf Obdachlosen – Jugendliche in Eschwege zu Jugendstrafen verurteilt

Vier junge Männer mussten sich vor dem Amtsgericht Eschwege verantworten, weil sie einen wohnsitzlosen Mann misshandelten. Nun wurden sie zu Jugendstrafen und Sozialmaßnahmen verurteilt. Die Täter handelten aus Frust – und dem Wunsch, sich überlegen zu fühlen, so die Richterin.

Ein Tisch, hinter dem ein schwarzer Bürostuhl steht. Auf dem Tisch liegen Aktenordner und Gesetzesbücher.
Auftakt des Prozesses in Eschwege. Bild © Stefanie Küster (hr)
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Obdachloser in Eschwege misshandelt: vier junge Männer verurteilt

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Es sind vier schmächtige junge Männer zwischen 17 und 20 Jahren, die an diesem Mittwoch im Amtsgericht Eschwege (Werra-Meißner) sitzen. Immer wieder schließen sie die Augen und kauen an ihren Nägeln, während sie die Aussage eines Polizisten, die Plädoyers der Staatsanwältin und ihrer Verteidiger verfolgen.

Die vier sind angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung. Im Mai 2023 haben sie nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft einen Wohnsitzlosen in einer Gartenhütte in Eschwege mehrfach misshandelt. Laut Anklageschrift traten sie ihrem Opfer ins Gesicht und prügelten mit der Armlehne eines Stuhls auf den Mann ein.

Gegen 14 Uhr fällt dann das Urteil: Das Gericht verurteilt drei der jungen Männer zu Jugendstrafen von neun Monaten bis zu zwei Jahren auf Bewährung, außerdem zu Geldstrafen, gemeinnütziger Arbeit, Anti-Aggressionstraining und Suchtberatung. Einer von ihnen kommt für eine Woche in einen so genannten Warnschussarrest. Der vierte kommt für sechs Monate unter die Aufsicht der Jugendgerichtshilfe.

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Wohnsitzlosen Mann mehrfach misshandelt

Die vorsitzende Richterin betont, die Misshandlung des wohnsitzlosen Mannes sei eine sinnlose, brutale und menschenverachtende Tat gewesen. Da die "Jungs" aber erstmals auf der Anklagebank säßen und Reue gezeigt hätten, gehe es dem Gericht vornehmlich um erzieherische Maßnahmen. Die vier jungen Männer hätten damals die "eine falsche Entscheidung" getroffen.

Das Opfer erlitt dabei laut Anklage mehrere Platzwunden, einen Bluterguss und Rippenprellungen. Einer der Angeklagten filmte die Angriffe zusätzlich. Glücklicherweise seien die Verletzungen des Obdachlosen nicht lebensgefährlich gewesen, betonte die Richterin.

Richterin: Wunsch der Täter sich aufzuwerten

Doch wie konnte es zu der Tat kommen? Wie die Richterin bei der Urteilsverkündung betonte, spielten mehrere Faktoren eine Rolle: Frust, Aggression und eine verstärkende Gruppendynamik.

Alle vier Angeklagten hatten schulische Probleme und waren im Bildungssystem durchgerutscht. Nur einer von ihnen hatte überhaupt einen Schulabschluss. Hinzu sei der Wunsch gekommen, sich selbst aufzuwerten – auf Kosten eines Opfers, das noch schlechter dran war. Der wohnsitzlose Mann wurde zum Ziel, weil er sich laut der Richterin außerhalb gesellschaftlicher Normen und Regeln bewegte. So konnten die Angeklagten auf jemanden herabschauen, um sich selbst stärker zu fühlen.

Am Ende der Plädoyers ergriffen drei der Angeklagten das Wort. Einer von ihnen sagte: "Ich weiß bis heute nicht, was mich dazu getrieben hat." Alle drei beteuerten ihre Reue und entschuldigten sich für die Tat.

Der Prozess war öffentlich und stieß auf großes Interesse in Eschwege. Der Gerichtssaal war am Tag der Urteilsverkündung bis auf den letzten Platz gefüllt. Der wohnsitzlose Mann war bei der Verhandlung nicht anwesend .

Eine verlassene Gartenhütte. Die Tür steht offen. Der Kleingarten ist sehr ungepflegt.
Die Tat hat sich vermutlich in einer verlassenen Gartenhütte unweit des Eschweger Friedhofs abgespielt. Bild © Bernd Götz/hr
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Redaktion: Stefanie Küster und Sonja Fouraté

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de