Oberlandesgericht Frankfurt würdigt Geständnis 33-Jährige aus Mittelhessen wegen IS-Mitgliedschaft zu Bewährungsstrafe verurteilt
Sie war mit ihren kleinen Söhnen nach Syrien gereist, um sich der IS-Terrormiliz anzuschließen: Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die 33 Jahre alte Laura H. aus Mittelhessen nach ihrer Rückkehr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Knapp vier Jahre nach der Rückkehr aus Syrien ist Laura H. wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Frankfurt zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Sie habe die Vereinigung von innen heraus gefördert, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung am Montag vor dem Oberlandesgericht.
Außerdem habe die heute 33-Jährige aus Mittelhessen die Fürsorge- und Erziehungspflicht grob verletzt und sich an der Transaktion von 27.000 Euro ins IS-Gebiet beteiligt.
Laura H. hatte ihre kleinen Söhne im Frühjahr 2016 mit nach Syrien genommen und dort den Gefahren des Bürgerkriegs ausgesetzt. Als Bewährungsauflage muss H. 300 Stunden gemeinnützig arbeiten. Zudem wird sich ein Bewährungshelfer um sie kümmern.
Als Jugendliche radikalisiert
H. war in bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte sich bereits als Jugendliche für den Islam interessiert. Mit 17 Jahren konvertierte sie zum Islam und wandte sich dann einer radikal-islamistischen Glaubenseinstellung zu, wie das Gericht mitteilte. Ihr Abitur machte sie mit einem Notendurchschnitt von 1,6.
2011 habe H. nach islamischem Ritus Ahmed D. geheiratet, der Kontakte zur Dschihadistengruppe Al-Shabaab hatte. In den beiden folgenden Jahren kamen ihre Söhne auf die Welt.
Gemeinsam seien sie nach Ägypten gezogen. Nach dem Sturz der dortigen Regierung von Mohammed Mursi sei D. festgenommen worden. Durch einen Gefangenenaustausch kam er schließlich nach Syrien, wo er sich laut Gericht dem IS anschloss.
H. sei 2016 mit den beiden Söhnen mithilfe von Schleusern und gefälschter Papiere ebenfalls nach Syrien gereist, wo ihr Mann bereits IS-Kämpfer war. Dem Urteil zufolge gliederte sich H. sofort in die Terrororganisation ein.
Kuchen und Süßspeisen für den IS verkauft
In den beiden ersten Jahren habe die Familie in Rakka in einer Wohnung gelebt, deren Miete teilweise der IS bezahlt habe. H. soll an einer Informationsveranstaltung eines IS-Frauenbataillons teilgenommen und einen Glaubenskurs absolviert haben. Nach den Vorgaben des IS verkaufte sie selbst gebackenen Kuchen und andere Süßspeisen auf Märkten.
Als sich die Bombenangriffe häuften, flüchtete die Familie. H.s Mann kam vor den Augen der Kinder bei einem Luftangriff ums Leben. Sie habe dann ein anderes IS-Mitglied geheiratet und sei im IS-Gebiet geblieben. Ende 2018 sei sie mit ihren inzwischen drei Kindern von dort geflohen.
Auf ihrer Flucht lebte die Familie zeitweise in Erdlöchern und in stallähnlichen Gebäuden, sie flüchteten zu fünft auf einem Motorrad und zu Fuß durch die Wüste. Vergeblich suchte die Frau nach Schleusern, die sie ins Ausland bringen sollten.
Rückholaktion der Bundesregierung
Ende 2018 wurde sie von kurdischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen und lebte rund ein Jahr in einem Flüchtlingslager. Im November 2019 wurde H. zusammen mit ihren Kindern nach Deutschland gebracht, die erste Rückholaktion einer erwachsenen IS-Anhängerin, organisiert vom Auswärtigen Amt.
Das Gericht würdigte H.s "reflektiertes und von Reue geprägtes Geständnis", wie der Richter sagte. H. sei nicht vorbestraft, stehe heute kurz vor dem Abschluss ihres Studiums und lebe in stabilen Verhältnissen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Rechtsanwalt der 33-Jährigen erklärte, das Urteil werde akzeptiert. Der Generalbundesanwalt kann dagegen noch Revision einlegen. Darüber würde dann der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entscheiden.
Sendung: hr-iNFO, 17.07.2023, 15 Uhr
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