Nach Räumung des Geländes Polizei löst Demo mit 500 Menschen nach Räumung der Dondorf-Druckerei auf
Nach der Räumung einer ehemaligen Druckerei im Frankfurter Stadtteil Bockenheim sind am Mittwochabend Polizei und Demonstranten aneinandergeraten. Eine Demo mit rund 500 Teilnehmern wurde daraufhin aufgelöst. Es gab mehrere Verletzte.
In Frankfurt haben nach der Räumung der Dondorf-Druckerei in Bockenheim bis zu 500 Menschen bis in den späten Mittwochabend demonstriert. Dabei habe es vereinzelt auch Angriffe auf die Beamten gegeben, teilte die Polizei mit.
Demzufolge wurde Pyrotechnik gezündet, außerdem hätten einige der teilweise vermummten Demonstrierenden versucht, durch die Polizeikette auf den Uni-Campus Westend zu kommen. Das Gelände durfte nach einer Verfügung nicht betreten werden. Die FAZ berichtete, dass vereinzelt Beamte angegriffen und angespuckt worden seien.
Verletzte Polizisten und Demonstrierende
Insgesamt wurden nach Angaben der Polizei vom Donnerstag bei dem Einsatz acht Polizistinnen und Polizisten verletzt. Die Demonstrierenden wiederum beklagten "massive Polizeigewalt". Besetzerinnen und Besetzer der Druckerei erklärten auf Twitter, es seien weitaus mehr Demonstranten als Polizisten verletzt worden.
Gegen 22 Uhr am Mittwochabend war die Veranstaltung durch die Polizei aufgelöst worden. Die Demonstrierenden wenden sich gegen die Räumung und den geplanten Abriss der Druckerei. Das Gebäude soll einem Neubau des Max-Planck-Instituts weichen. Die Frankfurter Goethe-Universität, der das Gebäude gehört, will das Grundstück bald übergeben. Die Demonstrierenden planen, sich am Donnerstag noch einmal zu treffen.
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22 Menschen bei Räumung aus Gebäude getragen
Die Polizei hatte die Dondorf'sche Druckerei am frühen Mittwochmorgen nach rund zweieinhalb Wochen geräumt. Das 150 Jahre alte Backsteingebäude war am 24. Juni während des "Kulturcampus Open Air Festival" besetzt worden.
Die eigentliche Räumung verlief aus polizeilicher Sicht friedlich, wie ein Sprecher sagte. 22 Personen hätten sich auf dem Gelände befunden, die herausgeführt oder herausgetragen worden seien und nach "polizeilicher Sachbearbeitung", also Feststellung der Identität, wieder entlassen würden. Das Gebäude wird seitdem von einem Sicherheitsdienst bewacht.
"Räumung ist immer gewaltvoll"
"Eine Räumung ist immer gewaltvoll und kein Dialog", sagte ein Sprecher der Besetzergruppe "Die Druckerei". Erneut sei die Goethe-Universität mit einem Spezialeinsatzkommando gegen friedliche Protestierende vorgegangen, sagte er in Anspielung auf die Besetzung und Räumung eines Hörsaals im Dezember vergangenen Jahres. Er forderte den Rücktritt des Präsidiums der Universität. Es halte sich nicht an die eigenen Beschlüsse, nach denen die Uni ein Ort des gewaltfreien Diskurses sei.
Die Besetzerinnen und Besetzer fordern, das Gebäude zu erhalten und in ein selbstverwaltetes kulturelles Zentrum umzuwandeln. Die Goethe-Universität, die das landeseigene Gebäude zuletzt nutzte, stellte am 10. Juli Strafanzeige und Strafantrag gegen die Aktivistinnen und Aktivisten.
Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) solidarisierte sich in einer Mitteilung am Mittwoch mit der Besetzung und forderte, das "industrielle Erbe inmitten Bockenheims zu erhalten und damit eine soziale und kulturelle Nutzung zu ermöglichen".
Uni: Entschluss ist nicht leicht gefallen
Der Entschluss zur Räumung sei ihr nicht leicht gefallen, teilte wiederum die Universität mit. Dies sei erst geschehen, nachdem die Besetzenden individuell angesprochen und zur freiwilligen Räumung aufgefordert worden seien.
Eine dauerhafte Besetzung habe die Uni nicht dulden können, auch um Personenschäden oder Schäden am Uni-Archiv zu verhindern, das sich noch im Gebäude befindet. Zudem stehe schon der Zeitplan für die Übergabe an das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik fest.
Opposition im Landtag kritisiert Räumung
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag, Elisabeth Kula, bezeichnete die Räumung als Skandal. "Statt den laufenden Verhandlungsprozess mit den Besetzerinnen und Besetzern weiterzuführen, schafft die Goethe-Universität mit Hilfe der Polizei Fakten", sagte sie.
Übergangen würden damit diejenigen, die sich mit Verweis auf die jüdische Geschichte des Ortes, die industriekulturelle Bedeutung des Gebäudes und nicht zuletzt den Klimaschutz für den Erhalt des historischen Druckereigebäudes eingesetzt hätten.
SPD: "Erhalt des Gebäudes sicherstellen"
SPD-Landtagskandidat Jan Pasternack kritisierte die Abrisspläne: "Ein Abriss würde riesige Mengen an grauer Energie freisetzen und zudem historisch und baukulturell wertvolle Bausubstanz unwiederbringlich zerstören", sagte er am Mittwoch. Er fordere die Landesregierung auf, ein Konzept vorzulegen, das den Erhalt des Gebäudes sicherstelle.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) wiederum verteidigte die Räumung: "Der Protest der Besetzer der Druckerei hat wichtige Anliegen aufgegriffen, die auch zum Themenfeld des Instituts gehören – umso mehr bedaure ich, dass sie nicht dazu zu bewegen waren, das Gelände freiwillig zu verlassen", sagte sie laut einer Mitteilung. Die Universität habe keine andere Wahl als die Räumung gehabt.
Max-Planck-Institut will Neubau - "schweren Herzens"
Künftig soll auf dem Gelände das Institut für empirische Ästhetik des Max-Planck-Instituts entstehen - in einem Neubau.
Die "für eine Arbeitsstätte geltenden Anforderungen an Statik, Barrierefreiheit, Brandschutz, Schallschutz und Schadstofffreiheit" seien mit dem Altbau nicht umzusetzen und auch nicht zu finanzieren gewesen, hatte das Max-Planck-Institut Anfang des Jahres nach mehreren Gutachten erklärt - und sich für einen Architektenentwurf entschieden, der den Abriss des historischen Gebäudes vorsieht.
"Schweren Herzens", wie das Institut betonte - und in Absprache mit der Stadt und dem Denkmalschutz. Die Fassade des Neubaus werde sich stark an das historische Vorbild anlehnen, versicherte das Institut.
"Aus ökologischer Perspektive irrational"
Nach Ansicht der Hausbesetzer ist das "aus ökologischer Perspektive völlig irrational". Schätzungen der Initiative "Architects for Future", die sich für einen nachhaltigen Wandel in der Baubranche einsetzt, hätten ergeben, dass Abriss und Neubau des Backsteinbaus einen CO2-Ausstoß von "deutlich über einer Million Kilogramm" verursachen würden. Mehrere andere Initiativen unterstützten diese Ansicht, unter anderem Fridays for Future oder auch der Bund Deutscher Architekten (BDA) Frankfurt.
Die Besetzerinnen und Besetzer starteten eine Online-Petition für den Erhalt des Gebäudes, die inzwischen von gut 1.700 Menschen unterzeichnet wurde.
Besetzer-Gruppe entschlossen zu bleiben
Die Polizei setzte nun das Hausrecht der Uni durch, wie sie am Mittwoch mitteilte. Sie sei unter anderem mit Spezialkräften vor Ort gewesen und habe auf dem besetzten Areal mehrere Personen angetroffen. Es kam zu Verkehrsbeeinträchtigungen im Bereich der Sophienstraße.
Die Besetzer-Gruppe rief auf Instagram zur Unterstützung auf: "Die Druckerei bleibt!"
Die Druckerei gehörte ursprünglich der jüdischen Familie Dondorf, deren Mitglieder in der NS-Zeit verfolgt wurden. Die Familie verkaufte die Druckerei, zeitweise wurde hier später das nationalsozialistische Volksblatt gedruckt.
Sendung: hr-iNFO, 12.07.2023, 8 Uhr
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