"Relikt der Vergangenheit" JuLis, Jusos und Grüne Jugend protestieren gegen Tanzverbot
Die Jungen Liberalen haben mit einer Protestaktion vor dem Landtag die Abschaffung des Tanzverbots gefordert. Die Grüne Jugend und die Jusos wollten tanzend demonstrieren. Scharfe Kritik gibt es unter anderem von der Jungen Union und der AfD.
"Das Tanzverbot am Karfreitag stellt für viele Menschen eine Einschränkung ihrer Freiheit dar", hieß es in einer Mitteilung der Jungen Liberalen (JuLis), die eine Abschaffung des Verbots fordern.
Tanzverbot als "Relikt der Vergangenheit"
Das Tanzverbot sei ein Relikt der Vergangenheit, die Gesellschaft habe sich verändert, sagte Tim Hordorff, Landesvorsitzender der FDP-Nachwuchsorganisation in Hessen.
Die Aktion richte sich nicht gegen religiöse Feiertage. Aber "es passt nicht in eine liberale, säkulare Gesellschaft, dass es weiterhin sogenannte stille Feiertage gibt, an denen die gesamte Gesellschaft sich aufgrund christlicher Gewohnheiten und Rituale einschränken muss".
"Karfreitags-Party" in Frankfurt
Die Diskussion über Sinn oder Unsinn des Tanzverbots entflammt alle Jahre rund um Ostern von Neuem. Auch die Grüne Jugend und die Jusos in Hessen hatten in Frankfurt eine Aktion geplant.
Mit ihrer "Karfreitags-Party" an einem nicht genannten Ort in Frankfurt wollten die beiden Jugendorganisationen nach eigener Aussage "zeigen, dass das Tanzverbot am Karfreitag nicht in dieses Jahrhundert gehört". Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte zuerst darüber berichtet. "Es ist ein politischer Protest", sagte Lukas Schneider, Landesvorsitzender der Jusos. Einschränkungen alleine aus religiösen Gründen heraus seien nicht legitim.
Junge Union fordert Respekt vor Feiertag
Jedoch ernten die Aktionen scharfe Kritik, unter anderem von der Jungen Union, die sich klar für das Tanzverbot ausspricht. Die Diskussion um die Abschaffung "ist Ausdruck der Ideenlosigkeit der Ampel-Jugendorganisationen. Die Cannabis-Legalisierung und die Abschaffung des Tanzverbots scheinen ihre letzten verbindenden Themen zu sein", sagte der Landesvorsitzende, Leopold Born, dem hr.
Hier zeige sich die realitätsferne Politik der Ampel, die an der Mehrheit der Bevölkerung vorbeigehe. "Wir können gut verstehen, dass sich Grüne Jugend, Jusos und die JuLis mit dem Tanzen von der katastrophalen Politik der Ampel-Bundesregierung ablenken wollen."
Der Jungen Union hingegen bedeute der Karfreitag und das Osterfest viel. "In einem christlich geprägten Land wie unserem, ist die Frage des Tanzverbots an Ostern auch eine Frage der Toleranz denen gegenüber, die Ostern begehen und feiern. Sie ist aber auch eine Frage des Respekts vor dem Anlass des Feiertags: Christen gedenken an diesem Tag der Kreuzigung Jesu. Diese Toleranz und diesen Respekt erwarten wir von allen Jugendorganisationen."
AfD-Fraktion im Hessischen Landtag verurteilt Protestparty
Die AfD-Fraktion im Landtag verurteilt die Aktionen der Jugendorganisationen ebenfalls und sieht darin einen Angriff auf traditionelle Werte. "Sind es doch ausgerechnet Vertreter der Parteien, die sich dafür feierten, in Frankfurt eine Ramadan-Beleuchtung installiert zu haben und die von der Mehrheitsbevölkerung stets 'Kultursensibilität' gegenüber Muslimen fordern", sagte der stellvertretende kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Lothar Mulch.
Dieses Messen mit zweierlei Maß zeige, dass es den Betreffenden nur vordergründig um die Anliegen der Jugend und um ein Tanzverbot gehe, "sondern vielmehr um eine Kulturrevolution und einen Angriff auf unsere Traditionen".
Kirchen unterstützen Tanzverbot weiterhin
Seit 1971 gibt es das Tanzverbot an Karfreitag. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Diese Regelungen werden von den beiden großen Kirchen nach wie vor unterstützt und als sinnvoll angesehen.
"Es liegt uns fern, den Menschen die Freude am Feiern oder am Tanzen zu nehmen", teilte das katholische Bistum Limburg dem hr mit. "Dennoch ist es uns wichtig, dass die Sonn- und Feiertage auch weiterhin geschützt bleiben. Für uns Christen sind die Tage Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und die Osternacht Teil eines religiösen und liturgischen Gesamtgeschehens."
Deshalb gebe es auch am Gründonnerstagabend und am Karsamstag als einen "Tag der Grabesruhe sowie der Vorbereitung auf das Osterfest" zurecht Einschränkungen.
Evangelische Kirche: "Tag der Stille respektieren"
Dass Christinnen und Christen ein "Bedürfnis nach Stille" hätten, um des grausamen Todes von Jesus Christus am Kreuz zu gedenken, sei nicht mehr für alle Menschen von Bedeutung, teilte die Sprecherin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Caroline Schröder, mit.
"Aber auch unabhängig vom christlichen Glauben ist der Karfreitag ein Tag, um Leid und Tod Raum zu geben und um derer zu gedenken, die zu Opfern von Gewalt und Willkür werden", sagte Schröder. "Diesen Tag als Tag der Stille zu respektieren, halten wir für wichtig."
Bundesverband der Discos prinzipiell gegen Tanzverbote
Der Bundesverband deutscher Discotheken (BDT) ist prinzipiell gegen Tanzverbote: "Ein Tanzverbot greift in die unternehmerische Freiheit der Diskothekenbranche ein und zwingt sie, den Betrieb einzuschränken oder ganz niederzulegen, obwohl die Nachfrage besteht", teilte der Verband der dpa mit.
"Der BDT und die Club- und Diskothekenbranche positionieren sich ganz klar gegen ein Tanzverbot an Karfreitag." Es sei zudem nicht fair, dass es keine bundesweit einheitlichen Regelungen gebe: "Es darf nicht sein, dass manche Betriebe durch das Tanzverbot massive Umsatzeinbußen verzeichnen müssen und andere davon profitieren."
Tanzverbote sind Ländersache
Umstritten ist das Tanzverbot auch in der Bevölkerung. Für viele ist Karfreitag einer der wichtigsten Gedenktage des Jahres. Für andere ist es ein Tag nicht mehr zeitgemäßer Verbote - immerhin ist nicht mal die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands christlich.
In Deutschland sind Sonn- und Feiertage durch das Grundgesetz als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" geschützt. Deshalb bleiben beispielsweise Geschäfte an diesen Tagen geschlossen. Eine besondere Variante sind die sogenannten stillen Feiertage wie der Karfreitag, für die oft strenge Regeln gelten.
Hessen handhabt Tanzverbot streng
Die genauen Bestimmungen für Karfreitag werden durch die Gesetze der einzelnen Bundesländer festgelegt, und diese können sehr unterschiedlich sein. Hessen handhabt das Tanzverbot an Ostern streng. Von Gründonnerstag um 4 Uhr bis Karsamstag um 24 Uhr, Ostersonntag und -montag von 4 bis12 Uhr sind Tanzveranstaltungen verboten. Private Feiern zu Hause sind vom Tanzverbot nicht direkt betroffen, solange sie nicht öffentlich sind und keine Lärmbelästigung verursachen.
Für die Kontrollen verantwortlich sind die Ordnungsämter. "Liegen uns Hinweise vor, kontrollieren wir", teilte das Frankfurter Ordnungsamt der FAZ mit. Im vergangenen Jahr habe es drei Hinweise auf potentielle Verstöße gegeben, die sich bei Kontrollen aber nicht bewahrheitet hätten. Flächendeckende Kontrollen werde es nicht geben und habe es auch in den vergangenen Jahren nicht gegeben.
Redaktion: Emal Atif
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 29.03.2024, 19.30 Uhr