Vier Verteter der 1. Große Jugendkammer des Landgerichts Kassel sitzen um den Vorsitzenden Richter Jürgen Dreyer im Gerichtssal.

Im September 2023 hatte der gewaltsame Tod einer 14-Jährigen in Bad Emstal große Bestürzung ausgelöst. Nun muss sich ein 21-Jähriger als mutmaßlicher Täter vor Gericht verantworten. Zu Prozessbeginn räumte er ein, die Schülerin gewürgt zu haben.

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Angeklagter mit abenteuerlicher Erklärung nach Tod von 14-Jähriger

hs 21.05.2024
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Knapp acht Monate nach dem mutmaßlichen Mord an einer Schülerin aus Bad Emstal (Kassel) hat am Dienstag der Prozess gegen einen 21 Jahre alten Bekannten der Jugendlichen vor dem Landgericht Kassel begonnen. Am ersten Prozesstag berichtete der Angeklagte vom Tatabend.

Er räumte ein, die Schülerin bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt zu haben, nachdem er mit ihr in einen Streit geraten sei. Töten habe er sie aber nicht wollen.

Vorwurf: Schülerin zur Befriedigung erwürgt

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, die Jugendliche zur Befriedigung des Geschlechtstriebs erwürgt zu haben. Zudem wirft sie ihm vor, sich durch die Tat mit der Störung der Totenruhe eine andere Straftat ermöglicht zu haben.

So soll der Angeklagte nach der Tötung die Leiche in sexuell motivierter Weise berührt und dies gefilmt und fotografiert haben.

Totes Mädchen unter Baumstämmen

Die 14-Jährige war am 28. September vergangenen Jahres tot am Rande eines Feldwegs in Bad Emstal bei einer Hütte unter Baumstämmen liegend entdeckt worden. Sie war seit dem Vorabend vermisst worden.

Der Angeklagte wurde einen Tag nach dem Fund des Mädchens wegen des dringenden Verdachts des Mordes festgenommen. Der deutsche Staatsangehörige, der nach eigenen Angaben arbeitslos ist und mit dem Handel von Waffen und Drogen Geld verdiente, sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Weil er zur Tatzeit 20 Jahre alt und somit Heranwachsender war, ist eine Jugendkammer des Landgerichts Kassel für den Fall zuständig.

"Einfach beste Freunde"

Das Opfer und ihn habe eine jahrelange Freundschaft verbunden, berichtete der Angeklagte am Dienstag. Eine Liebesbekundung seinerseits habe das Mädchen in der Vergangenheit zurückgewiesen. Später habe sie sich in ihn verliebt. Sie seien aber "einfach beste Freunde" gewesen.

Am Tatabend hätten sie sich heimlich getroffen, schilderte der Beschuldigte. Die beiden hätten sich dann gestritten.

Angeklagter beschreibt Streit

Der Streit habe sich hochgeschaukelt, so der Angeklagte. Die Jugendliche habe ihn dabei "geschubst, bespuckt und aufs Übelste beleidigt. Und dann Kurzschlussreaktion".

Er habe sie ebenfalls geschubst. Sie sei gefallen und mit dem Hinterkopf auf einen Baumstamm aufgeschlagen. Er habe sich neben das Mädchen gebeugt und sie mit beiden Händen gewürgt.

"Sie hat um sich geschlagen und versucht, mich abzuwehren", berichtete er. Als die 14-Jährige bewusstlos geworden sei, habe er von ihr abgelassen. "Meines Erachtens hat sie da noch geatmet."

Filme und Fotos von Opfer gemacht

Anschließend habe er die Schülerin teilweise entkleidet und Film- und Fotoaufnahmen von ihr gemacht. Mit ihnen habe er sie erpressen wollen, "damit sie nicht zur Polizei geht, wenn sie wieder aufwacht".

Danach habe er sie wieder angezogen - nur ihren BH habe er behalten - und sie mit umher liegenden Baumstämmen bedeckt. Die Absicht, seine Bekannte zu töten, bestritt der Angeklagte zum Prozessauftakt.

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Neue Erkenntnisse zum Tatverdächtigen in Bad Emstal

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Verräterische Suchworte bei Google

Die Auswertung seiner Mobilfunkdaten habe ergeben, dass der 21-Jährige wenige Tage vor der Tat auffällige Google-Suchanfragen gestellt habe, berichtete eine Ermittlerin.

"Er hat sich damit beschäftigt, wie man jemanden umbringen kann, wie lange man jemanden würgen muss, bis er tot ist." Zudem habe er recherchiert, wie man Fingerabdrücke vermeiden könne.

Polizistin: Obsession für Opfer entwickelt

Auch habe er vermehrt pornografische Filme konsumiert, die sich mit Vergewaltigungen junger Mädchen befasst hätten. Soziale Kontakte habe er laut der Datenauswertung nur wenige gehabt.

Für sein Opfer habe er eine Art Obsession entwickelt, sagte die Polizistin. "Es war offensichtlich, dass er eine starke Neigung zu ihr hatte." 

Auf den Aufzeichnungen auf seinem Smartphone sei zu sehen, wie er den Leichnam des Mädchens an den Brüsten, am Po und im Intimbereich berührte. Dabei habe er Einmalhandschuhe getragen, schilderte die Beamtin.

Angeklagter: "Einmalhandschuhe immer in Tasche"

"Die habe ich immer in meiner Tasche", entgegnete der Anklagte, der bereits zuvor polizeibekannt war, auf die Frage des Vorsitzenden Richters, woher diese stammten. "Für den Fall, dass ich etwas in die Hand nehme wie einen Schlagstock oder ein Messer, wo meine Fingerabdrücke nicht drauf sein sollen." Dann ziehe er vorher immer seine Handschuhe an.  

Das Gericht hat zunächst zwei weitere Verhandlungstermine am 27. und 29. Mai anberaumt.

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