Polizei ermittelt Rassistische Parolen in Disko-Zelt in Alheim
In Hessen hat sich erneut ein rassistischer Vorfall ereignet. Menschen feierten in einem Party-Zelt im osthessischen Alheim und grölten volksverhetzende Parolen. Die Freiwillige Feuerwehr reagierte als Veranstalter schockiert.
Nach den jüngst auf Sylt und zuvor auch in Hessen gesungenen ausländerfeindlichen Parolen zu einem bekannten Pop-Song ist es in Alheim (Hersfeld-Rotenburg) zu einem weiteren Vorfall gekommen. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, sollen in der Nacht zum Pfingstmontag bei einer Zeltdisko auf dem Festplatz im Ortsteil Obergude volksverhetzende Parolen zum Party-Hit "L'amour toujours" von Gigi D'Agostino skandiert worden seien.
Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen. Die Beamten suchen nach Zeugen sowie nach Personen, die möglicherweise Ton- oder Videoaufnahmen während des Abspielens des Liedes gemacht haben.
Veranstalter zeigt sich "zutiefst schockiert"
Veranstalter der Feier war die Freiwillige Feuerwehr Obergude. Die Verantwortlichen zeigten sich fassungslos: "Wir sind zutiefst schockiert über diesen Vorfall und möchten an dieser Stelle klarstellen, dass wir uns von jeglicher Form von Rassismus und Diskriminierung distanzieren. Solche Verhaltensweisen sind in keiner Weise mit unseren Werten und unserem Verständnis von Respekt und Toleranz vereinbar."
Laut Feuerwehr skandierten Besucher zur Melodie von "L'amour toujours" von Gigi D'Agostino die Worte "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen". Zu dem Zeitpunkt hätten sich hunderte Gäste im Zelt aufgehalten. Während der Disco-Night seien insgesamt über 1.000 Menschen dort gewesen und hätten friedlich gefeiert.
DJ spielte den Song und verschwand
Das Singen der rassistischen Parolen gegen Mitternacht habe nicht verhindert werden können. "Angesichts der Lautstärke war es unserem Thekenpersonal in der Nähe nicht möglich gewesen, das Singen der veränderten Texte zu unterbinden", erklärte die Freiwillige Feuerwehr.
Wie die Polizei auf Nachfrage erläuterte, wurde das Lied bis zum Ende abgespielt und nicht unterbrochen. Der DJ habe seinen Platz am Mischpult verlassen und sei nicht zugegen gewesen. "Es heißt: Er habe von dem Vorfall nichts mitbekommen", sagte eine Polizeisprecherin.
DJ ist sich keiner Schuld bewusst
Der "HNA" sagte der DJ Achim Borschel ("Bo-Music"): "Ich wusste nichts davon, dass der Song rassistisch umgedichtet wurde, sonst hätte ich das Lied niemals auf die Wiedergabeliste gesetzt." Er spiele den Song bereits seit vielen Jahren, es habe damit noch nie Probleme gegeben.
Dabei gab es an einigen Orten Hessens und im Bundesgebiet schon zahlreiche Vorfälle, bei denen das Lied von mitsingenden Menschen umgetextet und missbraucht wurde, um es mit Nazi-Parolen zu versehen. Jüngst sorgten junge Menschen in einem Club auf Sylt mit rassistischen Parolen für einen Eklat.
Prozess bald in Fulda
Zuvor gab es in Osthessen bereits ähnliche Vorfälle, unter anderem in der Disco "Copa" in Kalbach (Fulda) und an der Beamtenhochschule in Rotenburg (Hersfeld-Rotenburg). Dort hatte sich der Rassismusverdacht aber nicht erhärtet. Wegen des rassistischen Gegröles in Kalbach kommt es dagegen in Fulda zum Prozess. Sechs Personen müssen sich dafür am 26. Juni vor Gericht verantworten.
Angesichts dieser Häufung von volksverhetzenden Parolen und der absehbaren Folgen beim Abspielen des Songs sagte der Ortsvorsteher von Obergude, Thomas Schmidt, der "HNA": "Ich frage mich, wieso dieser Song - der aktuell ja sehr in Verruf steht - überhaupt vom DJ gespielt wurde."
Bürgermeister erzürnt: plumpe Ausrede
Auch der Alheimer Bürgermeister, Andreas Brethauer (SPD), zeigte kein Verständnis für die Reaktion des DJ. Er sagte dem hr: "Der DJ hat grob fahrlässig gehandelt. Er hätte das wissen müssen. Was er sagt, klingt wie ein plumpe Ausrede und Verteidigung."
Brethauer sagte zu der Gesangseinlage weiter: "Solche Dinge gehen gar nicht. Das hat mit Spaß und Feiern nichts zu tun. Wir hoffen, dass der Staatsschutz die Leute ermittelt."
Die Polizei betonte: Feiernde sollten sich von Personengruppen distanzieren, "die solche Gesänge beziehungsweise andere fremdenfeindliche Äußerungen von sich geben oder ähnliches Verhalten in der Öffentlichkeit zeigen." Ein solches Verhalten sei inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen. Zeugen, die so etwas beobachteten, sollten die Polizei informieren. "Wir verfolgen entsprechende Straftaten konsequent", sagte eine Polizei-Sprecherin.
Redaktion: Jörn Perske
Sendung: hr4, 29.05.2024, 7.30 Uhr