Prozess in Frankfurt Anklage begründet Terror-Vorwurf gegen "Reichsbürger"-Gruppe

Im Terrorprozess gegen die "Reichsbürger"-Gruppe um Prinz Reuß ist zum Auftakt die Anklage verlesen worden. Die Bundesanwaltschaft wirft den neun Angeklagten vor, Mitglieder in einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein oder diese unterstützt zu haben.

Zum Prozessauftakt gegen die mutmaßliche "Reichsbürger"-Gruppe um Prinz Reuß verbirgt eine Angeklagte ihr Gesicht hinter einer Aktenmappe
Angeklagte zum Prozessauftakt gegen die mutmaßliche Reichsbürger-Gruppe um Prinz Reuß. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Heinrich XIII. Prinz Reuß soll als ein Rädelsführer agiert haben, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft in seinem Vortrag am Dienstag beim Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Die terroristische Vereinigung sei Ende Juli 2021 gegründet worden. Es sei ein gewaltsamer Umsturz geplant gewesen.

Verschwörungstheorien als Grundlage

Dazu habe eine bewaffnete Gruppe, zu der auch Ex-Bundeswehrsoldaten sowie die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann gehören sollen, in das Reichstagsgebäude in Berlin eindringen und Bundestagsabgeordnete sowie Mitglieder der Bundesregierung festnehmen sollen.

Hintergrund des geplanten Putsches soll der Glaube der Mitglieder der sogenannten "Gruppe Reuß" an eine Verschwörungserzählung gewesen sein, wonach die Bundesregierung von einer "pädophilen Machtelite" gesteuert werde, die in unterirdischen militärischen Anlagen Kinder gefangen halte, um ihnen "Adrenochrom" zu entnehmen - eine vermeintliche Verjüngungsdroge.

Gegenspieler dieser Verschwörung sei wiederum eine "Allianz" mehrerer Regierungen - unter anderem der USA und Russlands - von denen sich die verhinderten Putschisten ein Eingreifen zu ihren Gunsten erhofft hätten, so die Anklage.

Die Anklage lautet teilweise auch auf die Planung eines hochverräterischen Unternehmens. Auch der Verstoß gegen das Waffengesetz zählt zu den Vorwürfen gegen einen Teil der Angeklagten.

Neun Angeklagte, 26 Verteidigerinnen und Verteidiger

Der Prozessbeginn deutete bereits an, dass das Verfahren vermutlich mehr als die bereits bis Mitte Januar angesetzten 49 Prozesstage benötigen wird. Schon die Verlesung der Anklageschrift verzögerte sich, weil mehrere Prozessvertreter der Angeklagten gleich zu Beginn der Verhandlung Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter ankündigten.

Zudem wurde moniert, dass die Vorwürfe gegen die "Gruppe Reuß" in drei getrennten Verfahren in München, Stuttgart und Frankfurt verhandelt werden. Ihm und seiner Mandantin werde so beispielsweise die Möglichkeit genommen, Zeugen zu befragen, die in den anderen Prozessen aussagten, beklagte etwa Martin Schwab, Verteidiger der Angeklagten Johanna F.-J.

Zudem wurde beantragt, das Verfahren in Bild und Ton aufzuzeichnen, um die Prozessführung zu erleichtern. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt. Insgesamt werden die neun Angeklagten im Frankfurter Prozess von nicht weniger als 26 Verteidigerinnen und Verteidiger vertreten.

Verteidiger weisen "Rädelsführerschaft" zurück

Die Angeklagten selbst kamen im Laufe des ersten Prozesstages noch nicht zu Wort. Ein Großteil von ihnen ließ jedoch über die Anwältinnen und Anwälte ankündigen, sich im Laufe des Prozesses zu den Tatvorwürfen äußern zu wollen.

Dazu zählt auch der mutmaßliche Rädelsführer Prinz Reuß. Seine Verteidiger kündigten an, dass seine Einlassung einen Umfang von rund 50 Seiten haben werde.

Dass die Angeklagten die Tatvorwürfe einräumen, erscheint jedoch nach dem Prozessauftakt unwahrscheinlich. In einer Verhandlungspause am Rande des Prozesses wiesen die Verteidiger von Prinz Reuß die Vorwürfe gegen ihren Mandanten zurück. "Er ist kein Anführer, kein Rädelsführer, und er ist auch nicht Mitglied einer terroristischen Vereinigung", sagte Anwalt Roman von Alvensleben.

Eine mutmaßlich Angeklagte wird durch bewaffnete Beamte des SEK in das Gerichtsgebäude gebracht.
Eine mutmaßlich Angeklagte wird durch bewaffnete Beamte des SEK in das Gerichtsgebäude gebracht. Bild © picture-alliance/dpa

Bundesinnenministerin: "Keine harmlosen Spinner"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte vor Prozessbeginn am Dienstag mitgeteilt: "Es ist gut, dass sich ab heute auch die mutmaßlichen Rädelsführer der bislang größten Terrorgruppe von 'Reichsbürgern' vor Gericht verantworten müssen. Die Strafprozesse an drei Oberlandesgerichten gleichzeitig haben eine neue Dimension."

Es handele sich bei den Angeklagten nicht um harmlose Spinner, sondern um gefährliche Terrorverdächtige. "Unsere Sicherheitsbehörden werden ihr hartes Vorgehen fortsetzen, bis wir militante 'Reichsbürger'-Strukturen vollständig offengelegt und zerschlagen haben. Keiner in dieser extremistischen Szene sollte sich sicher fühlen." 

Anti-Terror-Razzia im Dezember 2022

Ende April hatte in Stuttgart die Gerichtsverhandlung um den sogenannten militärischen Arm der Gruppe begonnen. In München stehen zudem ab dem 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe vor Gericht.

Die Gruppe von "Reichsbürgern" war nach einer groß angelegten Anti-Terror-Razzia kurz nach dem Nikolaustag im Dezember 2022 bekannt geworden. 

Polizisten und Sicherheitsbeamte stehen vor Prozessbeginn auf dem Gelände.
Polizisten und Sicherheitsbeamte stehen vor Prozessbeginn gegen eine mutmaßliche Bild © picture-alliance/dpa

Am OLG Frankfurt gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen. Für den Ausnahmeprozess wurde eigens eine Leichtbauhalle aus Metall mit rund 1.300 Quadratmetern Fläche am Stadtrand aufgebaut.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 21.05.2024, 19.30

Redaktion: Danijel Majic

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe