Reichsbürger-Prozess in Frankfurt Emotionaler Prinz Reuß distanziert sich von Gewalt

Im Prozess gegen die mutmaßliche Verschwörer-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß in Frankfurt hat erstmals der Hauptangeklagte ausgesagt. Der 72-Jährige zeigte sich zu seiner eigenen Verwunderung sichtlich aufgewühlt.

Heinrich XIII. Prinz Reuß, Hauptangeklagter im Prozess gegen eine mutmaßliche "Reichsbürger-Gruppe" sitzt zwischen seinen Verteidigern auf der Anklagebank.
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Reichsbürger-Prozess in Frankfurt

Angeklagter wird beim Gericht vorgeführt
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In einer knapp zweistündigen Erklärung gab der mutmaßliche Rädelsführer, der nach ihm benannten Verschwörung, am Freitag vor dem Frankfurter Oberlandesgericht Auskunft über seine berufliche und persönliche Biografie. Immer wieder drohte dabei dem sichtlich emotional aufgewühlten Heinrich XIII. Prinz Reuß, die Stimme zu versagen. Reuß entschuldigte sich mehrfach: "Ich weiß wirklich nicht, was mit mir los ist."

Im Zuschauerbereich verfolgte seine erwachsene Tochter, die mit dem Down-Syndrom geboren wurde, den Prozess. Vor Beginn des Verhandlungstages hatte Reuß sie an der Trennscheibe zwischen Gerichtssaal und Zuschauerraum kurz begrüßt. Möglicherweise ein Grund für die Aufgewühltheit.

Staatsoberhaupt in spe

Reuß ging in seiner Einlassung ausführlich auf seine Kindheit und Jugend in Büdingen (Wetterau) ein. Diese seien durch die Flucht der Eltern aus Thüringen, dem Stammsitz der Familie, und den Verlust des Adoptivgroßvaters, der aller Wahrscheinlichkeit nach von den Sowjets ermordet wurde, geprägt gewesen.

Schon früh habe er angefangen zu arbeiten, um seinen Vater und dessen Ponyzucht zu unterstützen. Aufgrund seiner adeligen Herkunft sei der heute 72-Jährige von Mitschülern und Lehrern schikaniert worden. Keinesfalls sei er "mit dem goldenen Löffel im Mund" geboren worden.

Seine adelige Herkunft allerdings soll Prinz Reuß nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ins Zentrum der mutmaßlichen Verschwörung gerückt haben, über die derzeit in Frankfurt, Stuttgart und München verhandelt wird. Die Anklage geht davon aus, dass Prinz Reuß als "Staatsoberhaupt" einer provisorischen Regierung vorgesehen war, die nach dem gewalttätigen Umsturz der politischen Ordnung in Deutschland die Geschicke leiten sollte.

Prinz Reuß spricht von "Rufschädigung"

Reuß schilderte seinen Werdegang, der unter anderem gescheiterte Ambitionen als Motorsportler, ein abgeschlossenes Studium als Ingenieur für Fahrzeugtechnik sowie zahlreiche Geschäftstätigkeiten umfasst. Von besonderer Bedeutung sei ihm der "Auftrag des Vaters" gewesen, "sich wieder in der Heimat anzusiedeln". Gemeint ist der ursprüngliche Familiensitz in Thüringen.

Dieses Projekt habe er seit der Wiedervereinigung verfolgt und sowohl große zeitliche wie finanzielle Ressourcen hineingesteckt. Dies habe seine erste Ehe stark belastet, die bereits unter der Ablehnung durch den erweiterten Familienkreis gelitten habe und schließlich geschieden worden sei.

Zu den Tatvorwürfen selbst äußerte sich Reuß nicht. Mehrfach betonte er jedoch, Gewalt abzulehnen. Seit seiner Festnahme und dem Öffentlichwerden der Vorwürfe gegen ihn, sei der Name seiner Familie "einer Rufschädigung" ausgesetzt.

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Darunter litten auch seine Kinder. Von sich selbst sprach er als "Verursacher dieser Misere", die dadurch entstanden sei, dass er ein "offenes Haus" geführt und mit jedem geredet hätte.

Auch Ex-Bundestagskandidatin will aussagen

Mit Reuß' Aussage endete der mittlerweile elfte Prozesstag in Frankfurt, wo nach Angaben der Bundesanwaltschaft die Führungsriege der mutmaßlichen Reichsbürger-Verschwörung angeklagt ist. Den neun Angeklagten werden Mitgliedschaft beziehungsweise Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zur Last gelegt.

Reuß ist der vierte Angeklagte, der sich bislang eingelassen hat. Am kommenden Dienstag soll der Prozess fortgesetzt werden. Angekündigt ist die Einlassung der Angeklagten Johanna F-J., einer ehemaligen Bundestagskandidatin der Kleinpartei Die Basis.

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Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 28.06.2024, 19.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de