Reichsbürgerprozess in Frankfurt Ehemaliger Elite-Soldat Maximilian E. bestreitet Umsturzpläne
Im Reichsbürgerprozess sollte sich am Dienstag der angeklagte Ex-Soldat Maximilian E. zu den Tatvorwürfen äußern. Doch Zuhörer und Prozessbeteiligte wurden stattdessen Zeugen eines stundenlangen, teils bizarren Lamentos.
Es gibt zahlreiche Themen, bei denen sich der ehemalige Bundeswehr-Soldat Maximilian E. in Rage reden kann: Die Politik der Bundesregierung während der Corona-Pandemie, die vermeintliche Verharmlosung von Impfschäden, deutsche Außenpolitik, das "Staatsversagen" bei der Flutkatastrophe im Ahrtal oder die Behauptung, dass er einmal in Berlin sein eigenes Auto nicht wiedergefunden habe.
Die Liste ist lang. Am Dienstag konnte er sie Punkt für Punkt abhandeln - vor dem Staatsschutzsenat des Frankfurter Oberlandesgerichts.
Umsturz sei nie das Ziel gewesen
Eigentlich war für den mittlerweile 59. Prozesstag im sogenannten Reichsbürgerprozess erwartet worden, dass sich Maximilian E. endlich zu den Tatvorwürfen gegen ihn äußert. Der 66-Jährige frühere Soldat der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) gehört nach Darstellung des Generalbundesanwalts zu den Rädelsführern der sogenannten Gruppe Reuß, die einen gewaltsamen Umsturz geplant haben soll.
E. soll dabei nicht nur versucht haben, weitere ehemalige und aktive Soldaten für das Unterfangen anzuwerben, sondern auch konkret an einem Plan zur bewaffneten Erstürmung des Bundestags in Berlin beteiligt gewesen sein.
Zu diesen sehr konkreten Tatvorwürfen äußerte sich Maximilian E. am Dienstag dann aber eher beiläufig. Ein Systemsturz sei nie sein Ziel gewesen, betont der Angeklagte. Zwar sei er ein "vehementer Kritiker" insbesondere der Corona-Politik gewesen, er habe jedoch nie die staatliche Ordnung als solche in Frage gestellt.
"Die Bundesrepublik ist mein Staat, zu dem ich auch stehe", betonte der ehemalige Bundeswehroberst. Die Anklage indes versuche aus "Versatzstücken" ein "negatives Gesamtbild" von ihm zu konstruieren.
Verteidigung per Powerpoint
Konkreter wurde Maximilian E. an diesem Dienstag nicht. Dass seine Einlassung dennoch gut sechs Stunden in Anspruch nahm, lag an all den anderen Themen, zu denen er sich noch äußerte - und die aus seiner Sicht direkt oder indirekt mit der Anklage gegen ihn im Zusammenhang stehen.
Für seine Aussage hatte er - bei deutschen Strafprozessen eher unüblich - eigens eine Powerpoint-Präsentation erstellt. Die Notizen darauf - eingerahmt von Bildern des Heiligen Georg und der griechischen Rachegöttin Nemesis - dienten ihm dabei als Gedächtnisstützen. Für die Zuschauerinnen und Zuschauer jedenfalls waren sie kaum verständlich.
Deutlich wurde, dass Maximilian E. tief an eine Verschwörung zur Ermöglichung und Vertuschung "satanisch-ritueller Pädophilie" glaubte. Um nachzuweisen, dass an verschiedenen Orten in Deutschland und der Schweiz, in unterirdischen Gefängnissen massenhaft Kinder missbraucht werden, investierte er wohl einen mittleren sechsstelligen Betrag.
Mindestens 50.000 Euro seien ihm dafür von dem vermeintlichen Kopf der Gruppe, Heinrich XIII Prinz Reuß, zur Verfügung gestellt worden, weitere 80.000 Euro vom Mitangeklagten Hans-Joachim H. Dass diese Gelder der Waffenbeschaffung dienen sollten - wie von der Anklage behauptet - bestritt E. vehement.
Führungen durch das Reichstagsgebäude
Maximilian E. ist erst der zweite Angeklagte, der im Frankfurter Reichsbürger-Prozess zu den Vorwürfen des Generalbundesanwalts Stellung bezieht. Zuvor hatte sich die ehemalige Richterin und AfD-Bundestagabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann zu den Tatvorwürfen geäußert.
Auch sie hatte bestritten, dass seitens der Gruppe Gewalttaten geplant gewesen seien. Den Vorwurf, dass ein bewaffneter Sturm auf den Bundestag geplant gewesen sei, bezeichnete sie als "Ammenmärchen".
Dass sie unter anderem Maximilian E. und den Mitangeklagten Peter W. im Sommer 2021 durch das Reichstagsgebäude geführt habe, sei lediglich eine "touristische Aktion" gewesen.
Allerdings hatte die Beweisaufnahme zuletzt starke Zweifel an dem vermeintlich harmlosen Charakter der Führungen geweckt. Am 58. Prozesstag waren unter anderem Fotos und Videos in Augenschein genommen worden, die während der Begehung des Reichstagsgebäudes angefertigt worden waren.
Fotos und Chats belasten E.
Darauf zu sehen waren vor allem Fotos und Videos von Gebäudeplänen, Wegweisern, Treppenaufgängen, sowie Notausgängen und unterirdischen Anlieferungs- und Verbindungstunneln, die normalerweise nicht zum Repertoire touristischer Führungen gehören dürften. Gefunden wurden die Aufnahmen auf den Handys der Angeklagten Peter W. und Maximilian E.
Bereits zuvor war ein Chat zwischen Birgit Malsack-Winkemann und Maximilian E. verlesen worden, in dem Malsack-Winkemann ihren mutmaßlichen Mitverschwörer auf einen Parlamentstermin kurz nach der Bundestagswahl 2021 hinwies, bei dem im Reichstagsgebäude "Full House" sein würde.
E. antwortete kryptisch, es reiche die kleine, entscheidende Führungsgruppe: "Die Crew um Mutti", gemeint war Noch-Kanzlerin Angela Merkel, sei genau das richtige Gremium. Wofür, blieb unklar.
Psychologisches Gutachten verärgert Angeklagten
Fast am Ende seines Vortrages gibt es dann noch einen Punkt, der Maximilian E. in Rage bringt. In einem psychologischen Gutachten, das nach einer nur zweistündigen Sitzung erstellt worden sei, würden ihm "narzisstische und "histrionische Persönlichkeitsanteile", "paranoide Züge" und ein verfestigter Glaube an Verschwörungstheorien bescheinigt worden.
Er könne das - wie so vieles in diesem Prozess - nicht nachvollziehen, sagte Maximilian E: "All diese Dinge, die hier in den Raum gestellt werden, verletzen mich zutiefst."
Der Prozess soll Ende April fortgesetzt werden. Vermutlich mit weiteren Einlassungen von Maximilian E.