Reichsbürgerprozess in Frankfurt "Touristische Aktion" - AfD-Richterin bestreitet Pläne zur Stürmung des Bundestags

Nach einer mehrwöchigen Sommerpause ist der Prozess gegen die mutmaßlichen Reichsbürger-Putschisten um Heinrich XIII. Prinz Reuß fortgesetzt worden. Erstmals äußerte sich eine Angeklagte zu den Tatvorwürfen.

Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann als Angeklagte im Frankfurter Reichsbürger-Prozess.
Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann als Angeklagte im Frankfurter Reichsbürger-Prozess. Bild © picture-alliance/dpa

Die ehemalige Richterin und AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann bestritt in ihrer Aussage, dass es seitens der mutmaßlichen Verschwörer Pläne gegeben hätte, den Bundestag in Berlin zu erstürmen und dort Gefangene zu nehmen. Bei dem Vorwurf handele es sich um "ein Ammenmärchen" der Generalbundesanwaltschaft, sagte die Angeklagte am Dienstag vor dem Frankfurter Oberlandesgericht.

Tourismus statt Terrorismus

Die Anklage wirft Birgit Malsack-Winkemann vor, als Teil der sogenannten Gruppe Reuß an Plänen zum gewaltsamen Umsturz der bestehenden Ordnung in der Bundesrepublik beteiligt gewesen zu sein. Unter anderem soll die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, der auch mehrere Ex-Militärs angehörten, geplant haben, das Reichstagsgebäude in Berlin mit Waffen zu stürmen und Parlamentarier gefangen zu nehmen.

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Malsack-Winkemann, die von 2017 bis 2021 dem Bundestag angehörte, soll dabei laut Anklage mehreren Mitverschwörern Zugang zum Reichstagsgebäude verschafft haben, damit sie dieses auskundschaften können.

Die Ex-Abgeordnete verwies derweil darauf, dass sie im Laufe ihres Mandats mehrere hundert Menschen durch den Bundestag geführt habe. Dies sei "eine Aufgabe, die "mit zum Dienst einer Bundestagsabgeordneten gehört". Auch bei der ihr zum Vorwurf gemachten Führung, an der mehrere Mitangeklagte teilnahmen, habe es sich um eine "touristische Aktion" gehandelt.

Intellektueller Kreis

Malsack-Winkemann ging in ihrer Aussage zudem ausführlich auf ihr Verhältnis zu den Mitangeklagten in Frankfurt sowie den Angeklagten in zwei weiteren Reichsbürger-Prozessen in Stuttgart und München ein. Viele davon seien ihr persönlich gar nicht bekannt gewesen.

Der Kontakt zu den anderen sei unter anderem durch ihre Mitarbeiterin Hilde L. zustande gekommen. Diese habe sie auch mit Heinrich XIII. Prinz Reuß, den Malsack-Winkemann ausschließlich als "der Prinz" bezeichnet, bekannt gemacht.

Malsack-Winkemann gab an, an mehreren Treffen des sogenannten "Rates" der Verschwörergruppe teilgenommen zu haben. Entgegen der Behauptungen der Anklage seien dabei aber weder ein Umsturz geplant noch die Grundzüge einer neuen Staatsform diskutiert worden. "Ich habe es als intellektuellen Kreis verstanden", erklärte die Angeklagte.

"Keine Revolution"

Über den genauen Zweck dieses Kreises äußerte sich Malsack-Winkemann allerdings bestenfalls vage. Sie und "der Prinz" seien sich etwa einig gewesen, dass es "keine Revolution geben" dürfe, sondern alles nach "Recht und Gesetz" laufen müsse. Was genau, blieb vorerst unklar.

Dafür erläuterte die Ex-Richterin das Innenleben der Gruppe, das von zahlreichen Animositäten und Misstrauen geprägt gewesen sei. Sie selbst etwa habe kein Vertrauen zum Mitangeklagten Rüdiger von P. - einem ehemaligen Bundeswehroberst, der an der Spitze des militärischen Flügels der Verschwörung gestanden haben soll - gehabt.

Dessen angebliche Kontakte zu einer globalen "Allianz", auf deren Eingreifen die Angeklagten vertraut haben sollen, seien ihr suspekt gewesen und hätten sich letztlich als "Schimären" erwiesen. Auf eine durch das Eingreifen dieser "Allianz" ausgelöste globale Krisensituation seien auch bestimmte Vorbereitungen der Gruppe Reuß ausgelegt gewesen, etwa die Anschaffung von Satellitentelefonen.

Welchem Zweck die Intervention der "Allianz" dienen sollte, erläuterte Malsack-Winkemann nicht. Am kommenden Donnerstag will die Angeklagte ihre Aussage fortsetzen.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de