Schnuppertag bei der Bundeswehr Was junge Menschen reizt, Kampfhubschrauber-Pilot zu werden
Das Fritzlarer Tiger-Regiment der Bundeswehr ist auch im Ausland immer wieder im Einsatz. Ihre Kampfhubschrauber flogen in Mali und Afghanistan. Auf der Suche nach Nachwuchs lädt das Regiment junge Interessenten ein. Ein Besuch auf einem Schnuppertag mit möglichen Rekruten.
Etwas größer als eine Garage ist die graue Metallkuppel in der Halle auf dem Fritzlarer Militärflughafen. Sie steht auf Stelzen und bewegt sich trotz ihrer zwölf Tonnen Gewicht dank der Hydraulik geschmeidig in alle Richtungen. Es ist ein Hubschraubersimulator. Über die geöffnete Tür schaut Marie-Helen Kreyer einem Piloten über die Schulter, der auf einem meterlangen 180-Grad-Bildschirm gerade Panzer bekämpft.
Die 25-Jährige hat Politik und Jura studiert. Und doch hat sie sich auf den Schnuppertag bei der Fliegerstaffel hier beworben - so wie 18 andere junge Menschen, die an diesem Dienstag nach Fritzlar (Schwalm-Eder) gekommen sind. Sie alle interessieren sich für eine Laufbahn bei der Bundeswehr – entweder als Tiger-Piloten oder als Fluglotsen.
Der Traum vom Helikopterfliegen
"Mein Traum ist schon das Helikopterfliegen", sagt Marie-Helen Kreyer. Vor allem Rettungsfliegen interessiert sie. Dafür gebe es harte Auswahlkriterien und man müsse viele Flugstunden vorweisen, weiß sie. Bei der Bundeswehr erhofft sie sich eine bessere Ausbildung als in der Privatwirtschaft.
Später am Nachmittag schweben die echten Tiger-Hubschrauber wenige Meter über dem Boden bei einer Flugshow im Tarnflug über den Hügel. Die Tiger fliegen nie allein, sondern immer in einer Rotte, das heißt mindestens zu zweit. Durch die Deckung der Bäume und die dunkelgrüne Lackierung sind sie in der hügeligen Wald- und Wiesenlandschaft Nordhessens kaum auszumachen. In der hier geübten Mission begleiten sie einen zivilen Hubschrauber zum Ziel.
Immer bereit für den Kampfeinsatz
Die Übungen sind durchaus ernst zu nehmen. Denn das Fritzlarer Regiment ist nicht nur Teil der NATO-Speerspitze, sondern auch des nationalen Risiko- und Krisenmanagements. Die nordhessischen Hubschrauber waren nicht nur von 2012 bis 2014 in Afghanistan im Einsatz, sondern auch von 2017 bis 2018 bei der UN-Mission in Mali stationiert.
Zwei Fritzlarer Piloten kamen dort bei einem Unfall ums Leben. Derzeit ist die Fliegertruppe nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel in Alarmbereitschaft und müsste bei der Eskalation der Lage in Nahost etwaige Evakuierungsflüge aus dem Libanon durchführen. Auf solche Einsätze seien die 91 Piloten vorbereitet, so der Standortleiter.
In Beratungsgesprächen würden die neuen Rekruten mögliche Kriegseinsätze und körperliche Belastungen nur selten thematisieren, moniert allerdings ein Ausbilder. Dabei würden mitunter gefährliche Einsätze in einer instabilen Welt immer relevanter, erklärt Kommandeur und Oberst Sönke Schmuck.
"Gerade da ist es natürlich gut, sich vorher diese Gedanken zu machen und zu sagen: Ich stehe zu diesem Staat, ich stehe zu dieser freiheitlich demokratischen Grundordnung und ich bin bereit dieses Land zu verteidigen", sagt Schmuck.
Derweil kann die mögliche Rekrutin Marie-Helen Kreyer schon mal in einem Tiger Probesitzen. "Trotz der hunderten Knöpfe ist das enge Cockpit sogar bequem", sagt sie. Mögliche Kriegsmissionen schrecken sie nicht - im Gegenteil. "Ich glaube die Friedensmissionen hinter diesen Einsätzen sind viel größer", sagt sie.
Technisches Verständnis und gute Motorik benötigt
Die Interessenten beim Schnuppertag sind gut vorbereitet. Immer wieder stellen sie während der Führung über das Kasernengelände kritische Fragen, etwa ob die Technik im Helm des Piloten nicht schon veraltet sei. Ein gutes technisches Verständnis, den Willen zum Fliegen, Fein- und Grobmotorik sowie Führungskompetenz, all das müsse ein Pilot mitbringen, weiß Tiger-Pilot Christian.
Er sagt: "Generell sind das Fähigkeiten, die jeder Mensch in unterschiedlicher Ausprägung mitbringt. Wenn man ein gutes Körpergefühl hat und kognitiv nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, dann erfüllen sehr viel mehr Menschen diese Fähigkeiten, als man glaubt".
Bei Marie-Helen Kreyer hat der Tag einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie will sich jetzt bei der Bundeswehr tatsächlich bewerben: "Mir wurden hier heute ganz viele Hemmnisse genommen, ich fühle mich gestärkt und denke: Ja, das mach ich", sagt sie.
Bis sie dann aber wirklich einmal Einsätze fliegen kann, werden noch Jahre vergehen. Ausbildung, Studium und Pilotenerfahrung – bis zu einem möglichen Einsatz im Tiger dauert es oft zwischen neun und zehn Jahren.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 18.10.2023, 19.30 Uhr
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