Sexualisierte Gewalt an Waldorfschule Schülerin vergewaltigt? Ex-Pfarrer schweigt zum Prozessauftakt

Wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung muss sich in Frankfurt ein ehemaliger Pfarrer verantworten. Am ersten Prozesstag schwieg der Angeklagte und beantragte die Einstellung des Verfahrens.

Blick in einen Gerichtssaal mit unbesetzten Stühlen und Bänken. An der Wand hängt das hessische Wappen.
Blick in einen Gerichtssaal am Landgericht Frankfurt. (Archivfoto) Bild © Imago Images
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Nach mehrfachem Anlauf hat am Donnerstag am Landgericht Frankfurt der Prozess gegen einen ehemaligen Pfarrer der "Christengemeinschaft International" begonnen, der eine Jugendliche vergewaltigt haben soll.

Der 65-jährige Angeklagte äußerte sich zum Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig, sagte seine Rechtsanwältin und beantragte eine Einstellung des Verfahrens. "Mit einem solchen Mandanten eine Einlassung vorzubereiten, ist ausgeschlossen." 

Auf die üblichen Eingangsfragen der Richterin etwa zu seinem Namen, Wohnort und Familienstand antwortete der Angeklagte stets mit: "Weiß ich nicht." Zuvor war der Mann gestützt auf einem Rollator im Gerichtssaal erschienen. Schon im Vorfeld hatte sich der 65-Jährige mit allen Mitteln gegen den Prozessbeginn gewehrt - vergeblich.

Richterin weist Antrag auf Einstellung ab

Der Psychiater, der den Angeklagten untersucht hatte, sah diesen dagegen als "prinzipiell verhandlungsfähig". Es gebe zwar neurologische Befunde, aber keiner passe zu der von ihm präsentierten Amnesie. Möglicherweise habe der Mann "eine Motivationsproblematik", so der Gutachter. Die Strafkammer wies schließlich den Antrag der Rechtsanwältin ab. 

Dem ehemaligen Pfarrer wird vorgeworfen, am Rande des Konfirmandenunterrichts und nach einer Religionsstunde an der Frankfurter Waldorfschule in den Jahren 2009 und 2010 einer damals 14 beziehungsweise 16 Jahre alten Schülerin sexualisierte Gewalt angetan zu haben. In einem Fall soll er sie vergewaltigt haben.

Vorwürfe in Gemeinde bekannt

Am nächsten Verhandlungstag soll die Frau aussagen. Ihre Anwältin beantragte dafür den Ausschluss des Angeklagten. Die Begegnung sei zu belastend für das Opfer. Das Gericht hat noch sechs Verhandlungstage bis Mitte November geplant. 

Zehn Jahre lang hatte das Opfer über die Taten geschwiegen, bis die Frau 2020 Strafanzeige erstattete. 2022 erhob die Frankfurter Staatsanwaltschaft Anklage.

In der "Christengemeinschaft International", deren Pfarrer der Angeklagte war, waren ähnliche Vorwürfe bereits vorher bekannt. 2012 hatte sich eine andere junge Frau einem Pfarrer der Gemeinde anvertraut und von sexualisierter Gewalt berichtet.

Die Christengemeinschaft versteht sich als Gemeinschaft mit einem eigenen christlichen Gemeindeleben. Sie steht der Anthroposophie Rudolf Steiners nahe, ist nach eigenen Angaben aber eigenständig und ordnet sich außerdem keiner der klassischen religiösen Gemeinschaften zu. Weltweit zählt sie etwa 35.000 Mitglieder. In der Wissenschaft wird die Christengemeinschaft als Sekte eingestuft, während sie selbst dem widerspricht.

Nach der Anzeige im jetzigen Verfahren hatte die Christengemeinschaft ein Schreiben an ihre Mitglieder verschickt, das dem hr vorliegt. Darin hieß es: "Wir können leider aufgrund der berichteten Tatmuster nicht ausschließen, dass es weitere Betroffene geben könnte als bislang bekannt."

Zwei weitere Verfahren eingestellt

In der Gemeinde gibt es eine zentrale Anlaufstelle für Missbrauchsfragen. Die Waldorfschule hat dagegen erst nach der Berichterstattung auf hessenschau.de über die Vorfälle informiert.

Nach hr-Informationen gab es in der Vergangenheit bereits Vorwürfe und zwei Strafverfahren gegen den früheren Pfarrer. Dabei ging es um Übergriffe aus den Jahren 1993 bis 2013. Beide Verfahren wurden allerdings eingestellt - aus Mangel an Beweisen.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de mit Informationen von Heike Borufka (hr)