Autistischer Junge weiterhin vermisst Auch Taucher sollen verschwundenen Pawlos in Weilburg suchen
Zahlreiche Einsatzkräfte suchen weiter nach dem sechs Jahre alten Pawlos aus Waldbrunn - inzwischen bundesweit. Am Freitag sollen auch Taucher bei der Suche unterstützen.
Von dem seit Dienstag in Weilburg vermissten sechs Jahre alten Pawlos fehlt weiter jede Spur. Die Suche nach dem Jungen aus Waldbrunn (Limburg-Weilburg) wurde auch am Donnerstag und in der Nacht auf Freitag fortgesetzt - wenn auch mit deutlich weniger Einsatzkräften als zuvor.
Man ändere die Taktik, hieß es. Eine hohe zweistellige Zahl an Einsatzkräften sei weiterhin mit der Suche befasst, erklärte eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Westhessen. Polizisten suchten "neuralgische Punkte in und um Weilburg ab".
Taucher sollen Lahn absuchen
Da der entscheidende Hinweis aber noch nicht eingegangen sei, sollen am Freitag auch Taucher eingesetzt werden, wie die Polizei mitteilte. Sie sollen etwa die Lahn absuchen. Dies sei "eine polizeiliche Standardmaßnahme".
Am Mittwoch waren es den Angaben zufolge noch 600 Menschen gewesen, die nach dem Jungen gesucht hatten. Zudem waren Reiterstaffel, Rettungshunde und ein Polizeihubschrauber im Einsatz gewesen.
Mit dem Zug weggefahren?
Zuletzt war der Junge am Dienstagmittag am Bahnhof gesehen worden. Ob der Junge noch in Weilburg ist, sei schwer einzuschätzen, wie ein Polizeisprecher sagte. "Als Sechsjähriger ist man sehr gut zu Fuß. Wir haben den Nahbereich abgesucht, können aber auch nicht ausschließen, dass er mit Bus und Bahn unterwegs ist. Entsprechend suchen wir auch in dem Bereich."
Laut den Behörden ist Pawlos "autistisch veranlagt". Der Sechsjährige war am Dienstagmittag ohne erkennbaren Grund aus seiner Förderschule in Weilburg gelaufen, wo er die erste Klasse besuchte.
Am wenige hundert Meter entfernten Bahnhof endete die von den Spürhunden aufgenommene Spur, erklärte eine Polizeisprecherin. Hinweise auf ein Gewaltverbrechen hätten sich weiterhin nicht ergeben. Die Polizei gehe zahlreichen Hinweisen nach, auch Videomaterial aus öffentlichen Verkehrsmitteln werde ausgewertet.
Nicht ansprechen, sondern Polizei informieren
Pawlos kommt aus Waldbrunn (Westerwald) und ist Schwarz. Er hat laut Polizeiangaben dunkle Haare und trug zuletzt einen gestreiften Pullover und eine graue Jeans sowie grün-blaue Turnschuhe. Nach Polizeiangaben befindet sich das Kind "vermutlich in einer hilflosen Lage". Der Junge sei räumlich nicht orientiert.
Wer ihn sieht, sollte ihn nicht direkt ansprechen oder rufen, da er sehr schreckhaft sei, und stattdessen den Polizeinotruf 110 wählen oder sich an eine Polizeidienststelle wenden.
"Traumatische Erfahrung für die Familie"
Es sind schwere Stunden für die Familie des verschwundenen sechsjährigen Jungen, wie Weilburgs Bürgermeister Johannes Hanisch (CDU) am Donnerstag dem hr schilderte. Die Familie werde unter anderem durch den psychologischen Dienst betreut und geschützt.
"Es ist für die Familie eine sehr traumatische Erfahrung", sagte Hanisch. "Wir tun alles, um Pawlos lebend zu finden und an seine Familie übergeben zu können."
Nach dem Mittagessen Schulgelände verlassen
Pawlos hatte am Dienstag das Gelände seiner Förderschule in Weilburg nach dem Mittagessen verlassen, wie das zuständige Staatliche Schulamt am Mittwoch mitteilte. "Sein Fehlen wurde von den aufsichtsführenden Lehrkräften binnen einer Minute bemerkt."
Sie hätten unmittelbar eine schulinterne Suchaktion im Gebäude und auf dem Gelände eingeleitet. Nach einer Viertelstunde seien Polizei und Eltern informiert worden.
Bürgermeister: "Werden jeden Stein umdrehen"
"Es gibt die Annahme, dass Pawlos sich versteckt hält", sagte Bürgermeister Hanisch mit Verweis auf die autistische Veranlagung des Sechsjährigen. "Wir werden jeden Stein umdrehen."
Hanisch bedankte sich bei den zahlreichen freiwilligen Helfern und appellierte zugleich an die Bewohner Weilburgs, die eigenen Grundstücke und Gärten zu durchsuchen. "Er könnte sich eventuell auch in einem Schuppen oder Keller versteckt haben." Alles sei möglich. Die Schule des Jungen sei dauerhaft besetzt, falls er dorthin zurückkomme.
Bei der Schule handelt es sich ihren Angaben im Internet zufolge um eine "kleine und überschaubare Förderschule". 55 Schülerinnen und Schüler würden in sieben Lerngruppen betreut.
Suche auch bundesweit
Da das Kind zuletzt am Vortag am Bahnhof gesehen wurde, geht Hanisch von zwei möglichen Szenarien aus: Das Kind könnte sich im Stadtgebiet versteckt halten oder auch mit einem Bus oder Zug aus Weilburg weggefahren sein.
Deshalb werde auch bundesweit mit einem Foto nach dem Jungen gesucht, sagte ein Polizeisprecher. Dafür würden beispielsweise auch Videos aus öffentlichen Verkehrsmitteln ausgewertet. Von einem Verbrechen geht die Polizei nicht aus.
Wasserquelle würde Überlebenschancen erhöhen
Wie lange der vermisste Junge überleben könne, hänge von vielen verschiedenen Bedingungen und Umständen ab, sagte Matthias Bollinger, Landesarzt des DRK Hessen. "Eine Woche ist durchaus im Spektrum des Erwartbaren."
Die Chancen erhöhten sich, wenn das Kind Zugang zu einer Wasserquelle habe, die es nutzen könne - und wenn es sich bei den niedrigen Temperaturen beispielsweise in einem Schuppen verstecken würde anstatt im Freien.
Hinweis: In einer früheren Version stand, der Junge habe seine Schule am Montagmittag verlassen und sei seitdem verschwunden. Das ist falsch. Der Sechsjährige verließ seine Schule am Dienstagmittag.