Prozess in Fulda Sohn gegen Vater: Faustschlag führt Monate später zum Tod
Nach jahrelangen familiären Konflikten hat ein 23-Jähriger seinen Vater niedergeschlagen. Das Opfer erliegt Monate später seinen Verletzungen. Der Mann, der deswegen auf der Anklagebank in Fulda sitzt, ist kein Unbekannter.
Man könnte ihn fast als Stammgast auf der Anklagebank bezeichnen: Ein junger, verurteilter Straftäter wurde erst am Mittwoch zu einer mehrjährigen Haftstrafe wegen eines Gewaltverbrechens verurteilt. Am Donnerstag saß er schon wieder auf der Anklagebank im Landgericht Fulda. Diesmal ging es um einen eskalierten Familienstreit mit Todesfolge.
Der 23-Jährige soll bei einem Streit seinen Vater derart heftig mit der Faust gegen den Kopf geschlagen haben, dass der Mann stürzte und Monate später deswegen starb. Angeklagt ist er wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Bedrohung.
Faustschlag bei Zufallsbegegnung
Die Tat ereignete sich Ende August 2023 auf offener Straße in Fulda. Bei einer Zufallsbegegnung auf dem Bürgersteig nahe der Wohnung der Familie gerieten Vater und Sohn aneinander. Dabei verpasste der Sohn dem Vater den folgenschweren Faustschlag. Der 44-Jährige stürzte dabei rückwärts zu Boden und schlug mit dem Hinterkopf auf dem Pflaster auf.
Das Opfer kam ins Krankenhaus, musste sich gleich zwei Not-Operationen unterziehen und lag im künstlichen Koma. Ein halbes Jahr später verschlechterte sich sein Zustand. Es kam zu einer heftigen Blutung im Kopf. Diese soll laut Anklage eine Spätfolge der Attacke gewesen sein. Das Opfer erlag Ende Februar 2024 im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Vorbestraft und frisch verurteilt
Der Angeklagte wollte sich zum Prozess-Auftakt am Mittwoch weder zum Sachverhalt noch seiner Person äußern, stellte aber im weiteren Prozess-Verlauf eine Einlassung in Aussicht. Der Fuldaer wurde bereits mehrfach verurteilt. Es ging um vorsätzliche Körperverletzung, Misshandlung und Diebstahl.
Einen Tag vor dem aktuellen Prozess wurde der Mann am Landgericht zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig. Zusammen mit einem Mittäter soll er nach Überzeugung des Gerichts einen Mann entführt, bedroht und gequält haben.
Sie sollen ihr Opfer im Mai 2024 gefesselt, mit einem Schlagstock malträtiert, mit einer Pistole und Stromstößen bedroht und es erniedrigt haben. Dadurch wollten sie 10.000 Euro von ihm erpressen.
Drohanruf und Kopfgeld
Bei der Auseinandersetzung des Angeklagten mit seinem Vater ging es um einen lange schwelenden Familien-Konflikt. Dabei hatte der Sohn, der etwa zwei Jahre vor der Tat ausgezogen war, mehrfach seinem Vater mit dem Tod gedroht. Er habe seinen Vater erschießen wollen, wie er ihm sagte. Und wenn er nicht zu einem genannten Treffpunkt komme, wolle er ein Kopfgeld auf ihn aussetzen.
All diese Spannungen entluden sich, als der Sohn Ende Oktober 2023 auf seinen Vater traf. Der kam mit seiner Frau und dem jüngsten Sohn (11) der neunköpfigen Familie gerade vom Einkaufen. Der Vater soll nach Aussage der Mutter seine Brille abgenommen, seine Arme ausgebreitet und herausfordernd gesagt haben: "Komm! Schlag' mich!"
Die Mutter wollte die Streithähne noch trennen. "Dann sah ich eine Faust kommen und im nächsten Moment lag mein Mann auch schon auf dem Boden", schilderte die Ehefrau des Opfers als Zeugin vor Gericht. Ihr Sohn sei danach geflüchtet.
Häusliche Gewalt und erster Rauswurf mit 14
Vor Gericht sprach die Frau auch über die Familienverhältnisse und das Leben mit ihren sieben Kindern in der kleinen Wohnung in Fulda. Ihr Mann habe sich im Lauf der Zeit verändert, sei gewalttätig geworden und habe sie öfters geschlagen. Der Angeklagte habe die Mutter beschützen wollen, sei aber immer wieder vom Vater rausgeworfen worden. Das erste Mal, als er 14 Jahre alt war, wie die Mutter angab.
Nach weiteren Zusammenstößen zog der Angeklagte aus der Wohnung aus. Die Auseinandersetzungen nahmen allerdings nicht ab. Der Vater habe dem Sohn vorgeworfen, Sex mit seiner Mutter gehabt zu haben. Die Frau geriet in eine psychische Krise und musste ins Krankenhaus.
Einer der Brüder des Angeklagten sagte zum Prozess-Auftakt als Zeuge aus und belastete ihn. Er sei auch ihm gegenüber gewalttätig gewesen und habe seinen Vater und weitere Familien-Mitglieder bedroht.
Vater wie ein Tyrann und zerstrittene Geschwister
Eine der Schwestern des Bruders sagte als Zeugin aus, dass sich der Vater als Familien-Oberhaupt wie ein Tyrann aufgeführt habe. Er habe die Mutter und die Kinder geschlagen und Gegenstände nach ihnen geworfen. Der Angeklagte wurde daraufhin im Laufe der Zeit immer aggressiver. Wegen der zerrütteten Familienverhältnisse seien auch die Geschwister zerstritten.
Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt. Mit einem Urteil ist ab Ende April zu rechnen.