Spitzenküche statt Spitzensport "Aufsteigerin des Jahres": Hessische Jungköchin ausgezeichnet
Seit drei Jahren betreibt Isabelle Pering ihr Restaurant im Taunus. Ihre Kochkünste sind nun von einem bekannten Restaurantführer prämiert worden. Dabei hatte sie ursprünglich gar nicht geplant, eine Karriere als Köchin zu machen.
Sellerie Mille Feuille mit Nussbutter, Kalbsbries, Lauch mit Feigenblattschaum - solche und andere leckeren Gerichte stehen in bellasLOKAL auf der Speisekarte. Seit drei Jahren betreibt Isabelle Pering ihr Restaurant im beschaulichen Bad Soden-Altenhain im Taunus.
Ihre Kochkünste sind auch dem renommierten Restaurantführer "Gault & Millau" nicht verborgen geblieben, der die 32-Jährige jüngst zur "Aufsteigerin des Jahres" prämiert hat.
Vor dem Kochen kam das Schwimmen
Dabei stand Kochen lange Zeit gar nicht auf dem Plan der nun preisgekrönten Küchenchefin. Als Jugendliche war sie Leistungsschwimmerin und träumte von einer Karriere als Chirurgin.
Mit 13 Jahren beginnt sie relativ spät, im Verein zu schwimmen. Ihre Teamkollegen schwimmen bereits seit dem Kindergartenalter und haben ihr gegenüber oft bis zu acht Jahre Vorsprung, doch Pering gibt alles: Sie trainiert zwei Stunden vor der Schule und zwei weitere am Abend.
"Ich setze mir schon ganz gern Ziele und versuche dann auch, diese zu erreichen. Nicht auf Biegen und Brechen, aber ich bin schon jemand, der sehr ehrgeizig und zielstrebig ist", berichtet sie rückblickend.
Diese Zielstrebigkeit zahlt sich aus, bald kann Pering mit ihren Teamkollegen und -kolleginnen mithalten. "Wir sind jedes Jahr bei den Deutschen Meisterschaften geschwommen", erinnert sie sich. "Ich hatte Einzelstarts bei den deutschen Meisterschaften. Wir haben sehr, sehr viel dafür trainiert, wirklich tagtäglich."
Vom Traumberuf Chirurgin zum Kochlehrling
Zur gleichen Zeit kommt bei Pering der Wunsch auf, Medizin zu studieren. Nur deswegen macht sie nach ihrem Realschulabschluss noch das Abitur. Ihr Notendurchschnitt von 2,4 reicht dann aber nicht aus, um nahtlos mit dem Studium zu beginnen. Erst nach einer Wartezeit von sechs Jahren könnte sie das Medizinstudium aufnehmen.
Pering ist anfangs sehr enttäuscht, doch dann entschließt sie sich zur Überbrückung der Wartezeit eine Ausbildung zu machen. Es sollte etwas sein, das ihr Freude bereitet, erklärt sie. "Mit der Prämisse, wenn ich das Medizinstudium nicht geschafft hätte, dass ich dann einfach was gehabt hätte, was mir auch Spaß macht. Und dann habe ich die Kochausbildung angefangen."
Sterneküche statt Operationssaal
Die Ausbildung macht sie im 5-Sterne-Superior-Hotel Kempinski in Königstein-Falkenstein. Die Arbeitstage sind anspruchsvoll, gehen bis spät in die Nacht. Für Freizeitaktivitäten bleibt wenig Zeit, sie schwimmt immer weniger und hört dann ganz auf – ihre neue Passion ist Kochen.
Pering will sich weiterentwickeln, Neues lernen. Deshalb zieht es sie nach der Ausbildung in verschiedene Sterne-Restaurants. Zuerst nach Mannheim in ein 2-Sterne-Restaurant und dann nach Hamburg in ein 3-Sterne-Lokal.
Als der Moment kommt, dass sie ihr Medizinstudium aufnehmen kann, möchte sie das gar nicht mehr.
"Zu dem Zeitpunkt hatte ich als Köchin schon so viel erreicht, und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dann gesagt habe: Nein, ich will das nicht weiterverfolgen und habe es quasi aus meinem Leben gestrichen."
Rückkehr nach Hessen
Nach ihrer Zeit in Hamburg kehrt sie zurück nach Hessen. In Frankfurt bekommt sie die Stelle als Sous-Chefin im 2-Sterne-Restaurant Gustav. Danach wechselt sie zum Frankfurter Flughafen und wird Küchenchefin der zwölf Lufthansa Lounges. Hier hat sie eine leitende Funktion inne und kocht weniger.
Eines Tages macht ihr Vater sie auf eine leerstehende Gaststätte in ihrer Heimatstadt Bad Soden aufmerksam. Sie setzt sich mit den Besitzern in Verbindung und sie werden sich einig. Ohne, dass Isabelle Pering es geplant hat, wird sie im Alter von 29 Jahren Restaurantbesitzerin. 2021 öffnet sie bellasLOKAL in Bad Soden-Altenhain.
Schwieriger Start in Bad Soden
Zu Beginn hat sie es nicht leicht, sie wird vor allem kritisiert. "In diesem Haus ist schon seit 1800 Gastronomie drin", erzählt Pering. "Ganz viele Menschen hier in der Region kannten das und wollten einfach sehen, was daraus geworden ist."
Allerdings sei ihre Küche etwas ganz anderes als die gutbürgerliche Küche, die die Menschen von dem Lokal gewohnt waren. "Die Leute waren darauf nicht vorbereitet und kamen damit sehr schwer klar."
Pering nutzt zum Beispiel außer Salz und ein wenig Essig keine Gewürze. Der Geschmack der Produkte soll im Fokus stehen und nicht überdeckt werden. Auf der Speisekarte stehen keine Namen von Gerichten, sondern nur die Hauptzutaten: "Lauch - Apfel - Zwiebel" oder "Kohl - Meerrettich - Holunder".
Ihre Intention dabei: Die Gäste sollen sich auf etwas Neues einlassen. Das Menü wechselt monatlich, die Zutaten sind fast ausschließlich regional, die Präsentation minimalistisch.
Kochhauben als Belohnung
Nach drei Jahren wird Perings Mut vom Gault & Millau belohnt - mit drei von fünf möglichen Kochhauben und als "Aufsteigerin des Jahres". Die Begründung des Restaurantführers:
Es gibt Restaurants, die beeindrucken mit opulenter Dekoration und gewagten Gerichten. Und dann gibt es Orte wie Bellas Lokal in Bad Soden, die mit schlichter Eleganz und ehrlicher Küche einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bellas Lokal ist kein Ort, der laut um Aufmerksamkeit buhlt. Stattdessen flüstert er leise von Heimat, Respekt, Tradition und einem tiefen Verständnis für die Kunst des Essens. Zitat von Gault & MillauZitat Ende
Die Auszeichnung bezeichnet Pering als "Riesenehre", mit der sie nicht gerechnet habe. "Ich finde es total schön, dass der Gault & Millau uns als Restaurant ausgewählt hat, wo eben kein großer Investor dahinter steht."
Einer ihrer überzeugtesten Stammgäste ist der Vorbesitzer des Lokals, Bernd Kraul. Wenn jemand gut sei, sei der Standort des Lokals egal. "Es funktioniert. Und das hat sie bewiesen. Das ist einfach sensationell, was sie hier zubereitet und wie sie überzeugt", sagt Kraul. Und mittlerweile sei der Laden auch oft ausgebucht.