Firma wegen Rechtsstreit dicht Strafverfahren gegen Fuldaer Nutzhanf-Start-up eingestellt
Lange Zeit stritt sich eine Fuldaer Firma um die Rechtmäßigkeit von Hanf-Produkten. Jetzt wurde das Strafverfahren gegen das Start-up eingestellt. Der Firma bringt das nichts mehr: Sie hat den Rechtsstreit nicht überlebt.
Das Strafverfahren gegen ein Start-up-Unternehmen, das Nutzhanf angebaut und in Konsumprodukten angeboten hat, ist beendet. Das beim Landgericht Fulda anhängige Verfahren gegen die Angeklagten, die Inhaber der Fuldaer Firma Green Pioneers, wurde eingestellt, wie das Gericht am Montag mitteilte.
Die Einstellung erfolgte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, die zuvor Berufung eingelegt hatte. Auch die Angeklagten und ihre Verteidiger schlossen sich an. Wie das Gericht erklärte, sei selbst im Fall einer Verurteilung die Schuld als gering anzusehen gewesen. Zudem habe kein öffentliches Interesse mehr an einer Verfolgung des Verfahrens bestanden.
Verdacht: Handel mit Betäubungsmitteln
Den Angeklagten war zur Last gelegt worden, fahrlässig unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel betrieben zu haben. Dabei ging es um Cannabis in Form von Nutzhanf. Die Angeklagten hatten aus den Pflanzen Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika mit einem geringen Gehalt des berauschenden Wirkstoffs unter 0,2 Prozent in den Handel gebracht. Die Frage, wie berauschend die Produkte wirken können, war strittig.
Die Staatsanwaltschaft hatte der Firma vorgeworfen, dass "bei einer (zweckwidrigen) Verwendung ein Missbrauch durch den Endverbraucher zu Rauschzwecken jedenfalls theoretisch unter bestimmten Bedingungen nicht vollständig ausgeschlossen" erscheine.
Vorwurf: Gegen Missbrauch nicht abgesichert
Die Berufungskammer am Landgericht Fulda hatte ihren Vorschlag, das Verfahren einzustellen, damit begründet, dass den Angeklagten lediglich vorzuwerfen sei, dass sie vor dem Vertrieb der Produkte sich gegen dieses Risiko eines Missbrauchs nicht ausreichend abgesichert hätten.
Zudem hat sich mittlerweile die Rechtslage im Umgang mit Cannabis grundlegend geändert. Im April wurde in Deutschland der umstrittene Cannabis-Konsum teilweise legalisiert. Mittlerweile dürfen sogar Vereine berauschendes Cannabis anbauen. Da die Auflagen der Behörden aber hoch sind und sich das Verfahren schwierig gestaltet, hat in Hessen noch kein Club tatsächlich eine Anbaugenehmigung bekommen - mehr als drei Monaten nach dem potenziellen Start dafür.
Die Angeklagten aus Fulda haben derweil den Geschäftsbetrieb mit ihrer Firma Green Pioneers aufgegeben und den Vertrieb der Produkte eingestellt. Der Rechtsstreit hat sie beruflich die Existenz gekostet.
Das junge Unternehmer-Trio hatte das Start-up im Jahr 2018 gegründet. Seitdem bauten sie in Fulda Nutzhanf an, in Form von EU-zertifzierten Cannabis-Pflanzen.
Die Staatsanwaltschaft warf ihnen dann allerdings vor, dass mehrere Produkte einen Tetrahydrocannabinol-Gehalt (THC) aufgewiesen hätten, die einen Rauschzustand erzeugen könnten. Daher hätten Käufer die Ware als Drogen missbrauchen können. Es hieß: Die Firma habe ihre Sorgfaltspflicht beim Verkauf der Produkte verletzt.
"Sind uns keiner Schuld bewusst"
Der Geschäftsführer des Hanf-Start-ups, Philipp Gärtner, sagte bereits bei der Anklage-Erhebung: "Wir sind uns keiner Schuld bewusst und haben das Gefühl, dass die Justiz eine Anklage mit Macht vorantreiben wollte." Das Verfahren sei weltfremd, gerade in Zeiten einer fortschreitenden Legalisierungsdebatte. Für eine Reaktion auf das nun eingestellte Verfahren war Gärtner am Montag nicht zu erreichen.
Zeitweilig stand die Naturhanf-Firma aus Fulda sogar unter dem Verdacht des bandenmäßigen Handels. Doch dieser Vorwurf hatte sich für die Behörden im Laufe der Ermittlungen nicht bestätigt.
Beanstandet wurde von den Strafverfolgungsbehörden unter anderem ein Öl aus Hanf-Extrakt. Laut den Green Pioneers habe man damit gurgeln oder sich die Haut einreiben können - zum Lösen von Verspannungen.
Um auf der sicheren Seite zu sein, hatte das Start-up das Produkt nach eigener Aussage vor dem Vertrieb untersuchen lassen. Dabei sei in einem toxikologischen Gutachten festgestellt worden, dass es keine Rauschwirkung entfalten könne.
Kritik an Fuldaer Justiz
Firmen-Geschäftsführer Gärtner übte im Laufe des Verfahrens Kritik an der Fuldaer Justiz. Er sprach von einem massiv geschäftsschädigenden Verhalten der Behörden. Er sah das Unternehmen zu Unrecht verfolgt.
Mit der Einstellung des Verfahrens hat die Strafverfolgung nun ihr Ende gefunden. Die Firma hat es allerdings nicht überlebt. Dabei war sie einst vielversprechend gestartet. Sie nahm mal am Wettbewerb um den Hessischen Gründerpreis teil und drang immerhin bis ins Halbfinale vor.