Trans Frau als Mann bezeichnet Landgericht Frankfurt sieht Reichelt-Blog weiter kritisch
Im März hatte das Landgericht Frankfurt Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt untersagt, eine trans Frau auf seinem Blog als Mann zu bezeichnen. Reichelt legte dagegen Widerspruch ein. Am Urteil wird sich wohl nichts ändern.
Es wird wohl so bleiben: Die Journalistin und trans Frau Janka Kluge darf nicht als Mann bezeichnet werden. Das hat das Frankfurter Landgericht am Donnerstag noch einmal deutlich gemacht.
In einem Beitrag auf Pleiteticker.de, einem vom ehemaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt verantworteten Blog der Rome Medien GmbH, hatte eine Autorin im Zusammenhang mit Kluge von einem "über 60-jährigen Mann" gesprochen.
Dagegen hatte sich Kluge erfolgreich gewehrt. Mitte März untersagte das Landgericht der Rome Medien GmbH diese Formulierung. Seitdem steht in dem Artikel "biologischer Mann", ein Ausdruck, der juristisch nicht angreifbar ist. Weil Reichelt zugleich Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung einlegte, musste der Fall nun neu verhandelt werden.
Streit mit Doktorandin
In dem umstrittenen Blog-Eintrag geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Janka Kluge und der Biologie-Doktorandin Marie-Luise Vollbrecht. Aus Vollbrechts Sicht gibt es nur zwei Geschlechter, nämlich die biologischen. Als die Berliner Humboldt-Universität im vergangenen Jahr einen Vortrag Vollbrechts zu diesem Thema wegen drohender Proteste absagte, entbrannte eine bundesweite Debatte.
In einem Rechtsstreit mit Vollbrecht erhielt Kluge schließlich finanzielle Hilfe von der staatlich geförderten Amadeu-Antonio-Stiftung, was in Reichelts Blog deutlich - und mit der beanstandeten Geschlechtsbezeichnung - kritisiert wurde:
"Anstatt eine junge Doktorandin zu unterstützen, die seit Monaten attackiert, auf offener Straße verfolgt und sogar körperlich angegriffen wird, unterstützt die Stiftung lieber einen über 60-jährigen Mann, der an der Spitze eines Lobby-Vereins steht und maßgeblich an dem Frauenhass beteiligt ist, dem Vollbrecht seit Monaten ausgesetzt ist", hieß es in der Ursprungsversion.
"Nicht nett, aber sachlich"
Als "zugegeben nicht nett, aber sachlich" hat Reichelt-Anwalt Ben Irle am Donnerstag vor dem Landgericht die Formulierungen in dem Blog-Beitrag bezeichnet. Es handle sich dabei um Tatsachenbehauptungen. Kluge sei bekennende trans Frau und Aktivistin. Sie stehe öffentlich zu ihrer Lebensgeschichte. Es sei niemals das Ansinnen gewesen, ihr Geschlecht in Frage zu stellen.
"Ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin. Das lässt aber keinen Rückschluss darauf zu, wer ich bin", entgegnete Janka Kluge am Ende der etwa halbstündigen Verhandlung. Es sei der Alltag für trans Menschen, dass ihre Identität immer wieder in Abrede gestellt werde, sagte ihr Rechtsanwalt Jasper Prigge und gerichtet an Reichelts Anwalt: "Am Ende haben Sie ihr noch mal richtig eins mitgegeben."
Freie Meinungsäußerung oder Persönlichkeitsrechte?
Was wiegt mehr: Das Recht auf freie Meinungsäußerung oder die allgemeinen Persönlichkeitsrechte? Diese Frage müssen die drei Richterinnen nun beantworten. Sie haben in der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich gemacht, dass sich an ihrer bisherigen Einschätzung nichts geändert hat:
Der beanstandete Artikel verschmähe Janka Kluge zwar nicht, aber würdige sie herab, unterstelle ihr Frauenhass und steigere sich in der Wortwahl zum Ende hin. Sie am Ende als Mann zu bezeichnen, sei eine absichtlich falsche Geschlechterzuordnung und greife deshalb in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte von Janka Kluge ein. Die Journalistin und Autorin sei zweifelsfrei eine Frau, so die Richterinnen.
Das Gericht will seine Entscheidung Anfang Juli verkünden. Dann wird es aber vermutlich weitergehen, wie Reichelts Anwalt schon ankündigte. Als nächstes wird sich wohl das Oberlandesgericht Frankfurt mit dem Fall beschäftigen.
Sendung: hr-iNFO, 15.06.2023, 15 Uhr
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