Mögliche Mordserie Über 40 Todesfälle? Ermittlungen gegen Palliativarzt ausgeweitet

Ein aus Frankfurt stammender Arzt, der in Berlin ältere Patienten getötet haben soll, könnte für deutlich mehr Tode verantwortlich sein als bisher gedacht. Statt in acht ermittelt die Polizei nun laut Medienberichten in über 40 Fällen.

Hände, die ein Stethoskop in die Tasche eines Arztkittels stecken.
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Zunächst war von vier Toten die Rede, dann von acht - und nun könnten es dutzende Menschen sein, die ein Palliativarzt in Berlin getötet haben soll. Das berichtet der rbb. Die Berliner Behörden hätten ihre Ermittlungen auf über 40 Fälle von Verstorbenen ausgeweitet, die als mögliche Opfer in Frage kommen.

Eine eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe hatte diese ausfindig gemacht - unter anderem durch Hinweise, etwa von Pflegediensten. Zuvor hatte die Bild-Zeitung berichtet.

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Ermittlungen gegen Palliativarzt ausgeweitet

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"Die Sichtung der Patientenakten dauert an", sagte Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft der Nachrichtenagentur dpa. Die genaue Zahl der Fälle bestätigte er nicht. "Ob und gegebenenfalls wie viele weitere mögliche Fälle es gibt, ist nach wie vor Teil der laufenden Ermittlungen."

Tod durch Medikamentengemisch

Der 40 Jahre alte Arzt Johannes M. war im August in Berlin wegen mehrfachen Mordverdachts festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, von Sommer 2022 bis Frühjahr 2024 in verschiedenen Berliner Gesundheitseinrichtungen zumeist ältere Patientinnen und Patienten ermordet zu haben.

M. soll seinen mutmaßlichen Opfern einen tödlichen Mix aus verschiedenen Medikamenten verabreicht haben, woraufhin sie starben. Als Motiv gehen die ermittelnden Behörden von Mordlust aus, also dem Wunsch, Menschen sterben zu sehen.

Die Taten soll der Mediziner im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Pflegedienst begangen haben. Palliativärzte begleiten schwerstkranke Menschen, um deren Schmerzen zu lindern. Die betroffenen Patienten befanden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase.

Ausgelöst wurden die Ermittlungen gegen Johannes M. durch die Brände, die der Mediziner gelegt haben soll, um die Tötung der Patienten zu verdecken.

Was passierte in Frankfurt?

Gebürtig stammt der mutmaßliche Todesarzt aus Frankfurt, wo er auch zwischen 2004 und 2013 an der Goethe-Universität studierte und promovierte.

Thema seiner Doktorarbeit waren ausgerechnet Tötungsdelikte. Unter anderem beschäftigte sich M. nach hr-Recherchen mit der Tötung älterer Menschen in Frankfurt und der hohen Dunkelziffer bei der Aufklärung solcher Fälle. Die Uni teilte auf Nachfrage mit, man habe keine frühzeitigen Alarmsignale im Fall des mutmaßlichen Todesarztes gesehen.

Vor seinem Wechsel nach Berlin arbeitete der Mediziner zwischenzeitlich im Frankfurter Nordwest-Krankenhaus. Auch dort wird bereits geprüft, ob es im Zusammenhang mit der Arzttätigkeit von Johannes M. Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Patienten gab.

Padientenschützer fordern Aufklärung

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte schnellstmöglich alle Patientenkontakte des Beschuldigten zu überprüfen. "Es ist dringend notwendig, dass die Ermittlungsbehörden Licht ins Dunkel bringen", erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch: "Die Hinterbliebenen haben ein Recht auf lückenlose Aufklärung."

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: rbb, hessenschau.de, dpa/lhe