Unwetter Verdacht auf Tornado in Hattersheim und Waldeck
Das Unwetter hat vielerorts für Verwüstungen gesorgt. Besonders schlimm traf es Hattersheim und Waldeck. Der Wetterdienst prüft, ob hier möglicherweise Tornados durch die Straßen wirbelten.
Rote Ziegel und abgebrochene Äste liegen überall verteilt in der Schulstraße in Waldeck. Die Schieferplatten an Hauswänden sind durchlöchert, vermutlich von riesigen Hagelkörnern - oder eher Hagelbällen. Familie Ludewig hat das Unwetter am Donnerstag besonders schlimm getroffen: Das Dach ihres Hauses wurde halb weggerissen - möglicherweise von einem Tornado, so der Verdacht.
Der Deutsche Wetterdienst untersucht den Fall, genauso wie den extremen Sturm, der am Donnerstag durch Hattersheim (Main-Taunus) wirbelte und dort ebenfalls für Verwüstungen sorgte.
"Katastrophal", sagt Dachdeckermeister Julian Wolf aus Vöhl-Herzhausen (Waldeck-Frankenberg) zu dem zerstörten Dach von Familie Ludewig. "So etwas haben wir noch nie erlebt." Die Ziegel flogen auch auf das Auto des Nachbarn. Jetzt geht es erst einmal darum, das Dach notdürftig mit Planen wieder abzudichten, damit nicht noch mehr Wasser ins Haus eindringt. Dort steht nicht nur im Dachboden das Wasser, sondern auch im Stockwerk darunter tropft es von der Lampe.
Fliegende Trampoline in Okriftel
Auch weiter südlich im Land hat das Unwetter gewütet: Im Hattersheimer Stadtteil Okriftel (Main-Taunus) krachten Äste und auch ganze Bäume auf Autos und Häuser. Dächer wurden vom Wind angehoben oder abgedeckt. Eine Schneise der Verwüstung. Die Feuerwehr, die zu 94 Einsätzen in Hattersheim ausrücken musste, äußerte sofort den Verdacht, dass es sich um einen Tornado gehandelt haben könnte.
Am Tag danach ist Aufräumen angesagt: Überall in Okriftel ist der Lärm von Kettensägen zu hören, Traktoren werden zum Abtransport der umgekippten Bäume eingesetzt. Besonders schlimm sieht es am Mainufer aus. Rund um die Spielplätze liegen mehrere entwurzelte Bäume - und an den Bäumen, die noch stehen, hängen halb abgerissene Äste.
"Kurz, aber heftig" sei das Unwetter gewesen, berichtet eine Anwohnerin. Man habe keine zwei Meter weit durchs Fenstern sehen können. "Alles, was nicht niet- und nagelfest war, ist davongeweht worden - Bäume, Schwimmbecken, Trampoline." Verletzt wurde hier wie auch in Waldeck niemand. "Die Leute haben ein Riesenglück gehabt", sagt ein Sprecher der Feuerwehr.
DWD wertet Radarbilder aus
War es nun wirklich ein Tornado, der durch Waldeck und Hattersheim fegte? Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach prüft die beiden Fälle. Dafür werden Radarbilder ausgewertet und untersucht, ob die örtlichen Gewitterzellen sich gedreht haben. Außerdem werden Schadensbilder und Videos von Anwohnern ausgewertet.
Erst vor wenigen Tagen hatte eine starke Sturmböe in Rüsselsheim Schäden verursacht. Auch hier stand der Verdacht eines Tornados im Raum. Inzwischen geht der DWD aber von einer Fallböe (engl. Downburst) aus. Fallböen können ebenso schwere Schäden verursachen wie Tornados und kommen bei Gewittern laut DWD viel häufiger vor.
Die Prüfung des DWD der beiden neuen Fälle wird voraussichtlich einige Tage dauern - und möglicherweise auch keine klare Antwort bringen. Für die Menschen, die nun mit Aufräumen beschäftigt sind, macht dies ohnehin keinen Unterschied. Und auch hr-Meteorologe Mark Eisenmann betont: "Gewitter sind per se gefährlich und können punktuell hohe Windgeschwindigkeiten bringen."
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 23.06.2023, 19.30 Uhr
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