Mammutprozess um PIM GmbH Fast sieben Jahre Haft für betrügerischen Goldhändler
Das Landgericht Darmstadt hat nach zwei Jahren Verhandlung sein Urteil im Prozess um den insolventen Goldhändler PIM aus Heusenstamm gesprochen. Dessen früherer Geschäftsführer muss wegen Betrugs und Geldwäsche lange ins Gefängnis.
Im Prozess um den insolventen Goldhändler PIM aus Heusenstamm (Offenbach) ist das Urteil gefallen. Das Landgericht Darmstadt sprach den Angeklagten am Dienstag des schweren Betrugs und der vorsätzlichen Geldwäsche für schuldig. Es verhängte eine Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten über den 51 Jahre alten früheren Geschäftsführer von PIM.
Die Staatsanwaltschaft hatte am Ende des seit zwei Jahren laufenden Verfahrens eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren für den Angeklagten gefordert. Die Verteidigung hatte auf fünf Jahre und neun Monate plädiert und eine Aufhebung des Haftbefehls gefordert.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten wollen zunächst prüfen, ob sie in Revision gehen werden.
90 Verhandlungstage, 200 Zeugen
Der Prozess zog sich über fast 90 Verhandlungstage hin, knapp 200 Zeugen sagten aus. Es gab nach Angaben der Verteidigung zudem 28 sogenannte Selbstlesungen von Unterlagen mit rund 7.000 Seiten, um das Verfahren zu vereinfachen.
Die PIM Gold GmbH in Heusenstamm schloss nach Überzeugung des Gerichts von 2016 bis September 2019 mit Kunden Lieferverträge einschließlich Bonusversprechen über Gold ab, erfüllte diese dann aber nicht. Zinsen seien nach einer Art Schneeballsystem mit dem Geld neu angeworbener Kunden ausgezahlt worden. Der Ex-Geschäftsführer sitzt seit mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft.
Angeklagter kommt erst einmal frei
Der angeklagte 51-Jährige nahm den Richterspruch gefasst hin und folgte der fast zweistündigen Urteilsbegründung konzentriert. Er konnte das Gericht erst einmal als freier Mann verlassen. Die Wirtschaftsstrafkammer setzte den Haftbefehl gegen ihn außer Vollzug. Nach drei Jahren und drei Monaten Untersuchungshaft unter erschwerten Bedingungen wegen der Corona-Pandemie erlegte ihm das Gericht bis zum Antritt der Reststrafe Meldepflichten auf. "Dass er erst mal freikommt, war ihm sehr wichtig", sagte Verteidigerin Stefanie Schott.
"Die Anleger sind nach unserer Überzeugung getäuscht worden. Es war aber nicht von Anfang an betrügerisch angelegt", sagte der Vorsitzende Richter Felix Diefenbacher bei der Urteilsbegründung über die Geschäfte der PIM. Der Angeklagte habe in seinem Geständnis angegeben, 2017 die Schieflage des Geschäfts bemerkt zu haben.
Nach Auffassung der Kammer sei dies bereits 2016 der Fall gewesen. Trotzdem habe der 51-Jährige die Geschäfte weiter laufen lassen. "Sie hätten sich eingestehen müssen, gescheitert zu sein", sagte der Richter. Schon 2016 habe der Beschuldigte nicht mehr ernsthaft daran geglaubt, dass das Unternehmen noch erfolgreich geführt werden könne. Schon da habe es einen gravierenden Fehlbestand beim Gold gegeben, der sich immer weiter vergrößert habe.
270 statt 3.000 Kilogramm Gold gefunden
Insolvenzverwalter Renald Metoja sprach in dem Prozess von mehr als 7.000 Gläubigern mit berechtigten und geprüften Forderungen in Höhe von 140 Millionen Euro. Nach dem Insolvenzantrag seien rund 270 Kilogramm Feingold und 180 Kilogramm Schmuck gefunden worden. Seiner Aussage nach hätten aber drei Tonnen Gold da sein müssen.
Das Verfahren ins Rollen brachte 2017 ein ehemaliger Mitarbeiter, der sich mit dem Angeklagten überworfen und Anzeige erstattet hatte. Im September 2019 wurde ein Haftbefehl gegen den Angeklagten vollstreckt, die Firma ging in die Insolvenz. Die Verteidigung bezeichnete in ihrem Plädoyer den Anzeigenerstatter selbst als Straftäter.
Sendung: hr1, 13.12.2022, 12 Uhr
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