Urteil am Landgericht Fulda Ex-Pfarrer muss wegen sexuellen Missbrauchs ins Gefängnis

Nach sexuellen Online-Chats mit Minderjährigen ist einem ehemaligen katholischen Gemeindepfarrer der Prozess gemacht worden. Jetzt hat das Landgericht Fulda den 43-Jährigen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Angeklagter im Gerichtssaal, sein Gesicht ist verpixelt, neben ihm sein Anwalt.
Der katholische Ex-Pfarrer (re.) musste sich im Prozess am Landgericht Fulda den Vorwürfen zu sexuellem Missbrauch und Kinderpornos stellen. Sein Anwalt (li.) forderte in seinem Plädoyer, den Angeklagten nicht zu einer Gefängnisstrafe zu verurteilen. Bild © Jörn Perske (hr)
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Der wegen sexuellen Missbrauchs und Kinderpornos angeklagte ehemalige Pfarrer aus Kalbach (Fulda) muss ins Gefängnis. Das Landgericht Fulda verurteilte den katholischen Priester am Montag zu einer Haftstrafe von vier Jahren.

"Das Urteil zeigt dass der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet nicht akzeptiert wird“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, Benjamin Krause. "Auch dann nicht, wenn er ohne unmittelbaren Körperkontakt ausschließlich über das Internet erfolgt." Krause zeigte sich zufrieden mit dem Urteil und der Strafzumessung.

Anwalt kündigt Revision an

Der 43 Jahre alte Angeklagte nahm das Urteil ohne äußerliche Regung zur Kenntnis. "Wir werden mit Sicherheit Revision einlegen", kündigte sein Anwalt, Axel Dohmann, an. Seiner Ansicht nach kommen Rechts- und Verfahrensfehler von Seiten des Gerichts in Betracht.

In der Vorwoche hatte die Anklage bei den Plädoyers viereinhalb Jahre Haft gefordert. Der Anwalt des Ex-Pfarrers dagegen hatte eine Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren auf Bewährung für seinen Mandanten für angemessen gehalten. Sein Appell an das Gericht lautete: "Bitte stecken Sie meinen Mandanten nicht ins Gefängnis."

Kinderpornos vorgespielt und Chat-Mitschnitte aufgezeichnet

Doch diesen Gang muss der geständige Ex-Pfarrer nun antreten. Angeklagt wurde er wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen - ohne dass es dabei jedoch zu Körperkontakt kam.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der inzwischen vom Dienst suspendierte Pfarrer zwischen September 2021 und Juli 2022 auf einer Chat-Plattform Kinder und Jugendliche kontaktierte. Dort habe er ihnen kinderpornografische Videos vorgespielt und sie aufgefordert, sich vor der Webcam auszuziehen und sexuelle Handlungen vorzunehmen.

Dem Angeklagten wurde außerdem vorgeworfen, von den Webcam-Übertragungen heimlich Mitschnitte angefertigt und diese auf seinem Computer gespeichert zu haben. Diese Kinderporno-Videos soll er auch Dritten zugänglich gemacht haben.

70 Fälle, Opfer unbekannt

Rund 70 Fälle waren angeklagt. Die Opfer sind nicht identifiziert. Einige Personen waren in den Videos maskiert. "Wir haben sehr viel investiert um festzustellen, wer diese Kinder sind", sagte Oberstaatsanwalt Krause am Montag in Fulda. Dies sei aber nicht gelungen. "Wir gehen davon aus, dass es Kinder waren, die weltweit diese Internetkommunikation genutzt haben."

In seinem Urteil fasste das Gericht mehrere Einzelstrafen zusammen. Allein die schiere Masse an Fällen habe den Angeklagten in die Höhe der Gesamtstrafe von vier Jahren gebracht, erklärte der Vorsitzende Richter das Urteil.

Die höchste Einzelstrafe für einen der Fälle belief sich auf zweieinhalb Jahre. Das Gericht stellte mitunter auch schwere sexualisierte Gewalt fest und Missbrauch von Kindern in kinderpornografischer Absicht.

Ex-Pfarrer bedauert seine Taten

Bereits zu Prozessbeginn räumte der Ex-Pfarrer die Taten weitgehend ein und zeigte Reue. Auch bei den Plädoyers nutzte er die Möglichkeit, sich bei seinem letzten Wort zu äußern. Er gab in seiner verlesenen, seitenlangen Erklärung an, dass er es bedauere, Kinder und Jugendliche zu Sexualobjekten gemacht zu haben.

Vorbestraft ist der Geistliche nicht. Laut Gericht hat der geständige und kooperativ an der Aufklärung mitwirkende Angeklagte bereits eine Therapie begonnen - das alles wurde ihm strafmildernd angerechnet. Zudem müsse man bedenken: Seine "berufliche Perspektive" sei nun vernichtet, er sei sozial isoliert. Und dass der Fall in der Öffentlichkeit durch den Prozess bekannt wurde, sei für den Angeklagten hart gewesen.

Eine psychiatrische Gutachterin stellte im Prozess fest, dass der Angeklagte voll schuldfähig sei. Als pädophil stufte sie ihn nicht ein. Der Priester hatte zu Prozessbeginn von gewöhnlichen Sexual-Beziehungen zu Frauen seiner Altersklasse berichtet. Er verstieß damit kirchenrechtlich gegen das Zölibat, das sexuelle Enthaltsamkeit vorsieht.

Sex-Kontakte auf Chat-Plattform gesucht 

Als seine jüngste, heimliche geführte Beziehung in die Brüche ging und er privat und beruflichen Stress verspürte, habe er sich für etwa ein halbes Jahr massiv in Internet-Chats gestürzt und dort sexuelle Kontakte gesucht, wie der 43-Jährige schilderte.  

Auf einer Chat-Plattform kam es dann zu sexuellen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Dort schaute er sich nach eigenen Angaben an, wie sich Jungen und Mädchen teilweise nackt präsentierten, Selbstbefriedigung und andere sexuelle Handlungen betrieben.

In einigen Chats habe der Angeklagte den Minderjährigen hartes kinderpornographisches Material vorgespielt, erklärte das Gericht. Zum Teil wurde es in den Chats aber auch von den unbekannten Person gefragt und verlangt. Es gab aber auch junge Mädchen, die fragten, ob er nicht auch süße Tier-Videos habe.

Hinweise zum Fall kamen aus den USA

Aufmerksam wurden die Behörden in Deutschland übrigens durch einen Tipp aus den USA. Dort waren die Chat-Aktivitäten aufgefallen. Infolge dessen wurden im Juli 2022 die Wohn- und Büroräume des Pfarrers in Kalbach durchsucht. Die deutschen Ermittler stellten elektronische Speichermedien und IT-Hardware mit belastendem Material sicher.

Oberstaatsanwalt Krause, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) in Frankfurt, sagte: Das Urteil zeige zwar, dass eine Strafverfolgung von sexuellem Missbrauch im Internet möglich sei. "Man muss aber ehrlich sein und sagen, sie ist derzeit nur möglich, weil wir Hinweise aus den USA bekommen."

Mehr Rechte für Ermittler in Deutschland gefordert

Krause sagte, wünschenswert sei, dass es auch in Deutschland mehr Rechte gebe über die Angaben von Internet-Anbietern, verbotenes Material zu finden und den Strafverfolgungsbehörden weiterzugeben. Vergleichbare Regelungen wie in den USA gibt es in Deutschland und Europa nicht, wie Krause betonte.

Pro Jahr bekämen die Ermittler etwa 90.000 Hinweise aus den USA. Ein Viertel der Fälle müssten in Deutschland aber eingestellt werden, da die Täter nicht identifizierbar seien. Krause forderte deswegen mehr Rechte für die Ermittler mit Blick auf die Vorratsdatenspeicherung und die verwendeten IP-Adressen der Internet-Nutzer.

Redaktion: Malena Menke

Sendung: hr3,

Quelle: hessenschau.de