Altenstädter vor Verwaltungsgericht erfolgreich Rechtsextremist darf Waffenerlaubnis behalten

Der Verfassungsschutz stuft einen Mann aus Altenstadt als Rechtsextremisten ein, der Wetteraukreis entzieht ihm daraufhin Waffen- und Sprengstofferlaubnis. Zu Unrecht, urteilt jetzt das Verwaltungsgericht Gießen.

Blick in die Mündung eines Luftgewehrs
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Ein vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufter Mann aus Altenstadt (Wetterau) darf seine Waffen- und Sprengstofferlaubnis behalten. Das hat das Verwaltungsgericht Gießen in einem am Mittwoch bekannt gegebenen Beschluss entschieden und damit einem Eilantrag des Mannes stattgegeben (Az.: 9 L 280/24.GI).

Kläger ging zu NPD-Veranstaltungen und trug Banner auf Demo

Der Wetteraukreis hatte die Waffenbesitzkarte, den Kleinen Waffenschein und den Erlaubnisschein nach Paragraf 27 des Sprengstoffgesetzes (Berechtigung zum Erwerb von und Umgang mit Sprengstoffen) des Mannes im Januar widerrufen. Hintergrund war eine Mitteilung des Landesamts für Verfassungsschutz, wonach der Mann dem Rechtsextremismus zuzuorden sei.

Laut Verfassungsschutz hatte der Altenstädter 2021 an Veranstaltungen der damaligen NPD (heute "Die Heimat") teilgenommen und im Jahr darauf auf einer Demo zusammen mit NPD-Funktionären ein regierungskritisches Banner getragen. Zudem sei sein Auto in der Nähe von Wohnungen von NPD-Funktionären gesichtet worden. Auch seine Aktivitäten in den sozialen Medien deuteten auf Verbindungen zum Rechtsextremismus hin.

Kreis: "Waffenrechtlich unzuverlässig"

Für den Wetteraukreis war der Betreffende deshalb "waffenrechtlich unzuverlässig". Er habe Unterstützungshandlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung vorgenommen, führte die Behörde zur Begründung aus.

Alle Vorwürfe hatte der Mann in seinem Eilantrag zu entkräften versucht. So habe er sich 2021 im Kommunalwahlkampf lediglich informieren wollen. Mit dem Banner, das er 2022 mittrug, habe er sich spontan identifiziert, es habe keinen inhaltlichen Bezug zur NPD gehabt. Und die betreffenden Online-Plattformen habe er seit Jahren nicht genutzt.

Gericht sieht keine Unterstützung verfassungsfeindlicher Vereinigungen

Das Gericht urteilte schließlich, allein die Einstufung als Rechtsextremist durch den Verfassungsschutz reiche nicht aus, um dem Mann seine Erlaubnisscheine zu entziehen. Seine Aktivitäten ließen sich auch nicht als Unterstützung verfassungsfeindlicher Vereinigungen einordnen. Dazu fehle es an einer "hinreichend nachhaltigen beziehungsweise außenwirksamen Betätigung".

Der Entzug der Waffenerlaubnis wäre im Falle einer Mitgliedschaft in der NPD zwar möglich gewesen, führte die für Waffenrecht zuständige 9. Kammer des Gerichts weiter aus. Eine solche Mitgliedschaft sei jedoch nicht belegt. Gegen die noch nicht rechtskräftige Entscheidung kann noch Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt werden.

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Begriffe aus dem Waffengesetz

Im Zusammenhang mit Waffen kursieren verschiedene Begriffe und Regelungen. Das Waffengesetz unterscheidet zwischen einer Waffenbesitzkarte, einem Waffenschein und einem Kleinen Waffenschein.

  • Eine Waffenbesitzkarte erlaubt dem Eigentümer, eine Schusswaffe zu kaufen und zu besitzen. Art, Anzahl und Kaliber müssen auf der Waffenbesitzkarte von der zuständigen Behörde eingetragen werden. Vermerkt wird auch die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition für die Waffen. Erlaubt wird der Besitz von Schusswaffen etwa Jägern, Sportschützen und Personen, die glaubhaft machen können, dass sie wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet sind. Die Waffenbesitzkarte gestattet nur den Erwerb und Besitz einer Waffe, nicht jedoch das Mitführen der Waffe in der Öffentlichkeit.
  • Wer eine Waffe außerhalb des eigenen Hauses oder Grundstücks in der Öffentlichkeit bei sich tragen möchte, benötigt einen Waffenschein. Nur wer ein begründetes Bedürfnis nachweisen kann, wie etwa ein Bewachungsunternehmer, erhält ihn. Der Besitzer darf die Schusswaffe aber nur bei einem konkreten Auftrag bei sich tragen. Auch Personen, die glaubhaft machen können, dass Leib und Leben auch außerhalb der eigenen Wohnung oder Geschäftsräume bedroht ist, können einen Waffenschein erhalten. Der Schein ermächtigt den Besitzer gleichzeitig zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe. Das Schießen mit der Waffe muss extra durch einen Erlaubnisschein beantragt werden.
  • Für den Erwerb und Besitz von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen ist weder ein Waffenschein noch eine Waffenbesitzkarte erforderlich. Wer eine solche Waffe allerdings in der Öffentlichkeit mitführen möchte, benötigt einen Kleinen Waffenschein. Bei öffentlichen Veranstaltungen, wie etwa Demos, dürfen auch Besitzer eines Kleinen Waffenscheins keine Waffen bei sich führen. Die Waffe abzufeuern, ist in der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht erlaubt. Wer Pfefferspray in der Öffentlichkeit bei sich tragen möchte, benötigt dafür keinen Kleinen Waffenschein. Das Reizgas muss jedoch ein amtliches Prüfzeichen haben. Erlaubt ist der Erwerb und Besitz ab 14 Jahren.
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Sendung: hr-iNFO, 27.03.2024, 19 Uhr

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Quelle: hessenschau.de