"Großteil der Praxen im Streik" Viele Arztpraxen bleiben bis Freitag geschlossen
Zahlreiche Hausarzt- und Facharztpraxen bleiben zwischen den Jahren in Hessen und ganz Deutschland geschlossen. Ärzteverbände haben aus Protest gegen die Gesundheitspolitik zum Streik aufgerufen.
Aus Protest gegen die Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) haben Ärzteverbände dazu aufgerufen, Hausarzt- und Facharztpraxen für drei Tage zwischen den Jahren geschlossen zu halten. Seit Mittwoch sind daher viele Praxen in Hessen dicht.
Christian Sommerbrodt, der Vorsitzende des Hausärzteverbands Hessen, sagte am Donnerstag, "dass ein Großteil der Praxen im Streik ist". Dies zeige die Rückmeldung, die er von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bekomme. Wie viele dem Aufruf tatsächlich folgten, werde aber nicht zentral erhoben.
Unter Hausärzten zeige sich demnach, dass etwa die Hälfte bis drei Viertel der Praxen sich beteiligten. Auch Fachärzte beteiligen sich am Protest, der Teil der Kampagne "Praxis in Not" ist. Mehr als 20 Verbände stehen hinter ihr.
KVH unterstützt Schließungen
"Wir unterstützen die Proteste und Praxisschließungen ausdrücklich", teilten die Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH), Frank Dastych und Armin Beck, mit: "Es muss endlich Schluss damit sein, dass die Niedergelassenen unter der derzeitigen Gesundheitspolitik leiden."
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte rechnete damit, dass in ganz Deutschland tausende Praxen geschlossen bleiben. Der Vorsitzende des Virchowbundes, Dirk Heinrich, ging von einer Beteiligung von rund 70 Prozent aus.
Unklar, wie viele Praxen schließen
Einige Praxen dürften demnach dabei drei Tage zu sein, andere nur einzelne Tage. "Wir gehen aber davon aus, dass die meisten drei Tage schließen", sagte eine Sprecherin des Virchowbundes. Manche Mediziner wollen in dieser Zeit nur Hausbesuche machen.
Verband: Verluste wegen Honorardeckelung
Die Verbände richten den Protest gegen Sparmaßnahmen von Politik und Krankenkassen. "Wir haben einen riesigen Patienten-Ansturm", sagte Sommerbrodt vom Hausärzteverband dem hr. "Seit Corona vorbei ist, haben wir eine riesige Infektwelle, wo einerseits die Patientenzahlen gestiegen sind, andererseits die Patienten aber auch viel häufiger in die Praxen kommen."
Wegen gestiegener Ausgaben und des gedeckelten Honorars arbeite man irgendwann praktisch umsonst: "Im vierten Quartal 2022 mussten wir knapp 10 Prozent Verlust hinnehmen, obwohl wir 20 Prozent mehr gearbeitet haben. Und dieses Jahr gibt es wieder 20 Prozent mehr Patientenzulauf."
Lauterbach hat kein Verständnis
"Wir sind ausgeblutet", heißt es auf der Internetseite von "Praxis in Not". Besonders Bundesgesundheitsminister Lauterbach steht im Zentrum der Kritik. Anstatt zu helfen, setze er auf drastische Kürzungen.
Der Vorstandvorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hatte den angekündigten Streik kritisiert, da dieser aus seiner Sicht vor allem alte und schwache Menschen trifft. Auch Lauterbach zeigte kein Verständnis für den Ärzte-Streik nach Weihnachten und verwies dabei auf die vielen Krankheitsfälle.
Krisengipfel im Januar
Lauterbach will sich mit den Hausärzten im Januar zu einem Krisengipfel treffen. Dabei soll es um die Überlastung und das Übermaß an Bürokratie gehen, worüber die niedergelassenen Ärzte klagen.
Schon Anfang Oktober beteiligten sich viele Arztpraxen in Hessen an einem Streik - auch Apotheken waren betroffen. Zu einer Kundgebung in Frankfurt kamen hunderte Mediziner.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 27.12.2023, 19.30 Uhr
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