War was? Spartipps fürs Schwarzbuch
Auch in diesem Jahr sammelt das Schwarzbuch des Steuerzahlerbunds besonders schlimme Fälle von Steuergeldverschwendung. Aber keine Sorge: "War was?" hat Ideen, wie man die hessischen Steuergräber doch noch profitabel macht.
Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte auf keinen Fall ernst.
Jedes Jahr prangert der Bund der Steuerzahler besonders schlimme Fälle an, in denen Steuergelder verschwendet wurden. Im aktuellen Schwarzbuch 2022/2023 gibt es auch aus Hessen einige aufsehenerregende Fälle. Aber wer wird denn gleich verzagen? Mit ein wenig Einfallsreichtum lässt sich der finanzielle Schaden für die Steuerzahler sicherlich ein wenig eingrenzen.
Bischofsheim: Kunst an der Kita
Für 100.000 Euro soll in Bischofsheim (Groß-Gerau) eine Kita von Frankfurter Künstlern verschönert werden, zu viel für den Steuerzahlerbund. Aber auch ein Denkfehler. Denn Kunst ist eine ideale Geldanlage, kaum etwas wirft eine so hohe Rendite ab. In diesem Sinne ist das der absolut richtige Weg - und idealerweise nur der Anfang. Bischofsheim sollte noch mehr Kunst in der Kita versammeln.
Ein Giacometti als Klettergerüst, eine Jeff-Koons-Ballonfigur auf dem Spielplatz, das Voynich-Manuskript als Bilderbuch für die Leseecke, ein Van Gogh als Schnuffeltuch: Die anfallenden Kosten von geschätzt 1,5 Milliarden Euro dürften den Gemeindehaushalt erst einmal belasten, sind aber im Gegensatz zu dem, was man in ein paar Jahren bei einer Sotheby’s-Versteigerung dafür bekommt, nur Peanuts.
Mainz-Kastel: Die 350.000-Euro-Skulptur
Seit Mai 2022 steht am Rheinufer im Wiesbadener Stadtteil Mainz-Kastel die Skulptur "Dem Wasser gewidmet", eine tatsächlich sehr schöne, verpixelte Röhre, in die man sich setzen und aufs Wasser gucken kann. Mit 350.000 Euro kritisiert der Steuerzahlerbund jedoch die Kosten des Ganzen. Die Lösung: Da die Röhre ohnehin an ein Hamsterrad erinnert, müsste man sie nur an einen Generator anschließen, um Strom erzeugen zu können.
Die Skulptur ist mit 5,5 Metern Länge und einem Durchmesser von 3,4 Metern über 500-mal so groß wie ein handelsübliches Hamsterrad, in dem ein einzelner Hamster ohnehin aber nur 0,5 Watt erzeugen kann. Bei einem Kilowatt-Preis von 31,89 Cent braucht es also 2.258.064,5 Hamster, um in der Skulptur genügend Strom zu erzeugen, dass die 350.000 Euro wieder drin sind. Der aktuelle Hamsterpreis von 5 bis 15 Euro könnte dabei zum Problem werden, allerdings erst im kommenden Jahr für den Steuerzahlerbund. Auch bliebe abzuwarten, ob der halbe Hamster hinter der Kommastelle den Tierschutzbund auf den Plan ruft.
Nordhessen: Die immer teurere A44 & Heringen: Hessens unnützeste Straße
Bereits zum vierten Mal findet die A44 zwischen Kassel und Eisenach kritische Erwähnung im Schwarzbuch Steuerzahler, herzlichen Glückwunsch. Was Wunder, wird schließlich schon seit 30 Jahren am 70 Kilometer langen Teilstück der Autobahn gewerkelt, was mittlerweile knapp 2,7 Milliarden Euro gekostet hat. Aber darin liegt auch eine Chance. Denn die Kosten sind mittlerweile so gewaltig, dass sich damit die Probleme in Heringen (Hersfeld-Rotenburg) beheben ließen.
Dort steht nämlich seit 2014 eine Straße, die seit Fertigstellung nicht benutzt werden kann, da die Züge des ansässigen Kaliwerks den Bahnübergang blockieren. Zwischen der A44 und Heringen liegen nur knapp 20 Kilometer, baut man mit der A44 nun also einen kleinen Schlenker runter nach Heringen, dürfte das zwar eine weitere Milliarde kosten und nochmal ein bis zwei Jahrzehnte dauern, die zwei Millionen, die die Heringer Straße gekostet hat, verschwänden dann aber einfach in dem schwarzen Milliardenloch der A44, bei der kostenmäßig ja eigentlich eh schon alles egal ist.
Egelsbach: Kreisverkehr als Wendeschleife
Ärgerlich: In Egelsbach wurde für 125.000 Euro ein Kreisverkehr gebaut, der unter anderem als Buswendeschleife dienen sollte. Er ist allerdings so klein, dass Busse darin gar nicht wenden können. Ein Ärgernis für Stadtplaner und Autofahrer, könnte man sagen. Oder aber eine ideale Gelegenheit für cleveren Versicherungsbetrug. Denn auf absehbare Zeit werden die Nahverkehrsbusse ja sowieso durch E-Busse ersetzt werden müssen, die alte Flotte ist dann nichts mehr wert.
Bis es so weit ist, kann die Stadt den zu kleinen Wendekreis dazu nutzen, Busse beim Wendemanöver in Unfälle zu verwickeln, um so noch ein wenig Versicherung zu kassieren. Unfair gegenüber den Verkehrsteilnehmern, klar. Eine Entlastung aber für alle anderen Steuerzahler.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 19.10.2022, 19.30 Uhr
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