War was? Zum in die Luft gehen

Der Airport Kassel verliert sein letztes stationiertes Flugzeug. Ein Flughafen ohne Flugzeug? Ist wie ein brasilianischer Fußballprofi ohne Talent, weiß unser Kolumnist.

Ein Flugzeug mit der Aufschrift "Sundair" hebt ab. Im Hintergund blauer Himmel.  Auf dem Bild eine kleine, farbige Grafik mit dem Schriftzug "war was?".
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Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte auf keinen Fall ernst.

Immer mal wieder muss ich an den "Fußballer" Carlos Kaiser denken. Ich setze das Wort Fußballer in Anführungszeichen, weil Kaiser seine gesamte "Karriere" nur so tat, als sei er Fußballer, damit allerdings das Kunststück schaffte, für gleich mehrere Profivereine in Südamerika aktiv zu sein. Wenngleich das bedeutete, nur zu behaupten, er sei Profi, um dann im ersten Training nach Vertragsunterschrift eine Verletzung vorzutäuschen oder zu behaupten, seine Oma sei gestorben, um so nicht wirklich Fußball spielen zu müssen. Ein Fußballprofi, der kein Fußball spielte, aber Profi war. Es ist wirklich so passiert.

Irgendwie erinnert mich das an den Airport Kassel, eine Art besseren Supermarkt-Parkplatz vor den Toren Kassels, der seit Jahren so tut, als sei er ein Flughafen. Gerade habe ich nachgesehen, drei Passagierflieger heben pro Woche ab, das ist in etwa die Anzahl an Flugzeugen, die andernorts starten, während man sich kurz die Schuhe bindet. Nun gab die Fluggesellschaft Sundair auch noch bekannt, das letzte vor Ort stationierte Flugzeug abzuziehen. Ein Flughafen ohne Flugzeuge, der Kassel Airport ist der Carlos Kaiser der deutschen Luftfahrt.

Papierflieger auf dem Rollfeld

Seit Jahren schon gibt es eine Debatte darum, wie viel Sinn der Airport Kassel macht und ob man ihn angesichts des finanziellen Minus, das er Jahr für Jahr einfährt, nicht zu einem Verkehrslandeplatz umfunktionieren sollte, wie etwa Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) im Sommer vorschlug. Eine Diskussion, die nun erneut geführt werden dürfte, angesichts eines flugzeuglosen Flughafens. Die Situation am Kassel Airport ist zum in die Luft gehen. Oder eben nicht.

Ich frage mich auch, wie fortan der Alltag am Flughafen Kassel aussieht. Falten die Mitarbeiter ab und an traurig einen Papierflieger, lassen ihn auf dem Rollfeld fliegen und winken sehnsüchtig mit ihren Fluglotsen-Kellen hinterher, um der alten Zeiten willen? Scannen die Mitarbeiter am Securitycheck ihre eigenen Taschen, damit sie was zu tun haben? Essen Sie mittags vermehrt blähende Lebensmittel, um wenigstens nach der Mittagspause mal einen fliegen zu lassen?

Heizen mit Steuergeld

Und jetzt, da kein Flugzeug mehr auf dem Rollfeld steht, was passiert eigentlich mit den Planespottern, also jenen Menschen, die leidenschaftlich gerne Flugzeuge beobachten. Vielleicht ist der Airport Kassel ja nun ein guter Ort für Menschen, die gerne keine Flugzeuge beobachten? Und wird der leere Hangar der abgezogenen Sundair-Maschine nun geheizt, indem man einfach Steuergeld verbrennt?

Ich weiß es nicht. Vielleicht geht auch alles einfach ganz normal weiter am Kassel Airport, so wie Carlos Kaiser ja auch irgendwie eine Karriere hinlegte, von 1979 bis 1992, laut eigener Aussage gewann er sogar den Weltpokal, was aber wohl nicht stimmt. Über sein Leben gibt es die Doku "Kaiser! The Greatest Footballer Never to Play Football". Eine weitere Parallele übrigens, denn auch die Doku "Abstürzen oder durchstarten? 10 Jahre Kassel Airport" ist sehr empfehlenswert.

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Vorderseite des Terminalgebäudes.
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Sendung: hr4, 08.11.2023, 15.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de