hr-Meteorologe erklärt Was die hohen Ozonwerte für Hessen bedeuten

Wenn die Ozonwerte in die Höhe schnellen, spüren viele Menschen das sofort. Kopfschmerzen und Atembeschwerden sind nicht die einzigen Auswirkungen. Was Ozon gefährlich macht - und warum es sich am Kleinen Feldberg konzentrierte.

Die Abendsonne bescheint einen der trockenen, staubigen Wege im Frankfurter Günthersburgpark, der trotz der Hitze zum Abendspaziergang oder zum Verweilen einlädt.
Bei viel Sonne gibt es hohe Ozonwerte, die gesundheitsgefährdend sein können. Bild © picture-alliance/dpa
  • Link kopiert!
Audiobeitrag
Bild © picture-alliance/dpa| zur Audio-Einzelseite
Ende des Audiobeitrags

Wer in den 1990er Jahren im Sommer Kopfschmerzen hatte oder sich unwohl fühlte, hörte oft den Kommentar: Das ist Ozon! Im Jahr 1993 landete der Ozonsmog sogar auf dem Titelbild des Magazins Der Spiegel und wurde verantwortlich gemacht für "Allergien, Atemnot, Herzbeschwerden".

Hohe Ozonwerte gibt es immer noch, es wird nur weniger darüber gesprochen. Beim Umweltbundesamt gilt Hessen als Problemregion. Am vorigen Wochenende waren die Werte im Rhein-Main-Gebiet besonders hoch.

Warum die hohen Werte ausgerechnet am Kleinen Feldberg im Taunus gemessen wurden, wie Ozon entsteht und wie gefährlich es ist, erklärt der hr-Meteorologe Tim Staeger im Interview.

Weitere Informationen

Die Fragen stellte Lena Kesting.

Ende der weiteren Informationen

hessenschau.de: Warum sind die Ozonwerte am Wochenende so stark angestiegen?

Tim Staeger: Ozon entsteht immer in Verbindung mit viel Sonnenschein, typischerweise im Sommer in den Ballungsräumen. Dazu gehören eben noch die Stickoxide, die hauptsächlich vom Autoverkehr kommen. Die Kombination macht es aus: Gerade hatten wir eine Wetterlage, die die Ozonkonzentration nach oben brachten.

Hessenkarte mit Ozonwerten in Hessen
Ozonwerte in Hessen: Messdaten des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie Bild © hessenschau.de

hessenschau.de: Wo in Hessen war die Ozonbelastung besonders stark?

Staeger: Im Rhein-Main-Gebiet und Umgebung waren die Werte wieder am höchsten - bis zu über 180 Mikrogramm pro Kubikmeter. Aber auch in Mittelhessen waren es immerhin 150.

hessenschau.de: Die Ozonschicht und Ozonwerte waren früher ein großes Thema. Heute reden wir viel über die Klimakrise, aber kaum über Ozon. Warum?

Staeger: Ozon ist stark witterungsabhängig. Es gab Sommer wie zum Beispiel 2003, wo extrem viel Ozonsmog aufgetreten ist. In Jahren dazwischen beruhigt sich das Ganze wieder. Und möglicherweise hat tatsächlich die Klimakrise das so ein bisschen überdeckt.

Aber das Thema ist nach wie vor da. Es ist halt nur von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Wenn mehrere Jahre mit wenig Ozonsmog auftreten, vergisst man das leicht.

hessenschau.de: Warum ist Ozon überhaupt ein Problem?

Staeger: Ozon ist ein Reizgas. Es verringert die Lungenfunktion und führt zu Entzündungen der Atemwege, vor allem bei Anstrengungen während des Sports tritt das verstärkt auf. Deswegen empfiehlt es sich auch bei hohen Ozonwerten, möglichst keinen Sport im Freien zu betreiben.

Wetterexperte Tim Staeger
hr-Meteorologe Tim Staeger Bild © hr

hessenschau.de: Ab wann sollte man vor Ozon und zum Beispiel vor Sport draußen warnen?

Staeger: Die Informationsschwelle beträgt 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das haben wir in den vergangenen Tagen erreicht. Ab einem Wert von 240 wird Alarm geschlagen. Das muss man dann offiziell melden, damit entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

Die aktuellen Werte sind noch nicht besorgniserregend. Aber in Momenten, in denen in großen Gebieten die Grenzwerte überschritten werden, sollte man schon überlegen, ob man anordnet, den Verkehr zu reduzieren. Das wäre kurzfristig sinnvoll. Das gab es früher bei extremer Ozonbelastung.

hessenschau.de: Was können wir tun, damit die Ozonwerte erst gar nicht ansteigen?

Staeger: Entscheidend sind die sogenannten Stickoxide, die vor allem im Straßenverkehr ausgestoßen werden. Sie sind Teil des chemischen Vorgangs, der Ozon entstehen lässt. Mit weniger Verkehr können wir Ozon vermeiden.

hessenschau.de: Wer leidet besonders unter hoher Ozonkonzentration?

Staeger: Typischerweise sind natürlich ältere und schwache Personen, die auch von ihrem Lungenfunktionen eingeschränkt sind, besonders bedroht. Aber insgesamt gilt natürlich für alle, dass sie das beherzigen müssen und vor allem bei hohen Ozonwerten nachmittags keinen Sport machen, weil das auf die Atemwege geht und die Lungenfunktion einschränkt.

Weitere Informationen

Beschwerden bei hohen Ozon-Werten

Ozon ist ein Reizgas. Das Umweltbundesamt nennt als Gesundheitsrisiken durch Ozon Tränenreiz, Atemwegsbeschwerden wie Husten und Kopfschmerzen. Das Ausmaß hängt davon ab, wie stark Personen ozonbelasteter Luft im Freien ausgesetzt sind. Besonders nach dem Sport wurden bei Kindern und Erwachsenen verminderte Lungenfunktionen festgestellt.

Ende der weiteren Informationen

hessenschau.de: Der Sommer geht ja erst richtig los: Was wird an Ozonwerten auf uns zukommen?

Staeger: Es ist schwer, das genau zu prognostizieren. Der Sommer ist genau die Jahreszeit, in der hohe Ozonwerte auftreten, vor allem in langen trockenen, sonnigen Phasen wie in den vergangenen Wochen. Wenn sich das wiederholt, wird Ozonsmog wieder ein Thema.

Ozonsmog ist ein Problem, das nur zeitlich begrenzt auftritt, aber durchaus ernst zu nehmen ist. Da es gut überwacht wird, würde ich sagen: Es ist aktuell kein wirklich gravierendes Problem. Man muss wissen, wie man damit umgeht, und sich entsprechend verhalten.

hessenschau.de: Gibt es denn Grund für Alarmismus?

Staeger: Wir kennen das Ozon-Problem seit Jahrzehnten, und es verschärft sich kurzzeitig immer wieder. Langfristig ist nicht zu erwarten, dass der Trend ansteigt. Mit etwas emissionsärmeren Autos kann sich das Problem möglicherweise langsam abmildern.

hessenschau.de: Es gibt auch merkwürdige Phänomene: Die Ozonwerte waren am Kleinen Feldberg besonders hoch, obwohl er ein Stück weit von Frankfurt entfernt steht.

Staeger: Ozon entsteht durch eine chemische Reaktion von Bindungen mit Stickoxiden. Nachts, wenn die Sonne weg ist, baut sich das wieder ab. Die Reaktion geht dann rückwärts. Dann kann es vorkommen, dass Ozon über der Stadt entsteht und mit dem Wind aufs Land verfrachtet wird. Dort fehlen die Stickoxide, und die Rückreaktion findet nicht statt. So hat man oft eine erhöhte Ozonkonzentration nachts im Umland.

Weitere Informationen

Ozonwerte

Auf hessenschau.de können die Ozonwerte nach Tageszeit für zahlreiche Messstationen in Hessen abgelesen werden, die Daten basieren auf Auswertungen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie.

Ende der weiteren Informationen
Weitere Informationen

Sendung: hr-iNFO, 20.06.2023, 8.54 Uhr

Ende der weiteren Informationen

Quelle: hessenschau.de/Sonja Süß