Erfolge gegen kriminelle Banden Weniger Geldautomaten-Sprengungen in Hessen
Seit rund zwei Jahren gibt es eine Allianz von Polizei und Banken gegen Automatensprenger. Diese bilanziert: Die Täter kommen immer seltener zum Ziel, die Sicherheitsmaßnahmen werden immer besser. Doch gebannt ist die Gefahr nicht.
Die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen ist zuletzt in Hessen stark zurückgegangen. In diesem Jahr gab es erst zwölf Fälle. Im Vorjahr waren es bis Anfang Juni mehr als doppelt so viele (28), wie das Hessische Landeskriminalamt (LKA) auf hr-Anfrage mitteilte. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) und das LKA führen diese Entwicklung auf die vielfältigen Maßnahmen im Kampf gegen die kriminellen Banden zurück.
Poseck sagt angesichts gesunkener Fallzahlen: "Das zeigt, dass wir in Hessen auf einem guten Weg sind." Der Mix aus Schutzmaßnahmen und Strafverfolgung zeige Wirkung.
Fallzahlen nach Allianz-Gründung mittlerweile rückläufig
Vor zwei Jahren war im Sommer 2022 die "Allianz Geldautomaten" gegründet worden. Politik, Polizei und Banken hatten sich zusammengeschlossen, um etwas gegen die zeitweise gewaltigen Fallzahlen zu unternehmen.
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In den vergangenen drei Jahren befanden sich die Fallzahlen auf einem hohen Niveau, sie lagen pro Jahr zwischen 41 und 61 Taten. Dieser Trend scheint (vorerst) gestoppt.
LKA: Erfolge bei Strafverfolgung
Auch bei der Strafverfolgung verzeichnet die Polizei laut LKA-Zahlen Erfolge. Im Vorjahr wurden zu den 61 Sprengungen 31 Tatverdächtige ermittelt. "Damit konnte die Aufklärungsquote nochmal deutlich auf über 50 Prozent gesteigert werden", sagte Poseck. Zudem seien im Vorjahr 13 Kriminelle auf frischer Tat oder nach einer eingeleiteten Fahndung festgenommen worden.
In diesem Jahr sind elf Tatverdächtige ermittelt und davon acht mutmaßliche Automaten-Sprenger festgenommen worden, wie Poseck sagte. Unter den Festgenommenen seien vier Logistiker, die offenbar für die Planung verantwortlich waren. "Damit werden die vorhandenen Strukturen nachhaltig geschwächt." Poseck erhofft sich davon auch eine "hohe Abschreckungswirkung".
Weniger Beute und Sachschäden
Mit dem Rückgang der Fallzahlen sind auch Sachschäden und erbeutete Geldsummen geringer. Lagen die Sachschäden 2022 noch bei 6,2 Millionen und 2023 bei 10,5 Millionen Euro, sind es nach knapp einem halben Kalenderjahr nun 4,1 Millionen Euro. Die Summe der Beute stieg zuletzt von mehr als 2,5 Millionen im Jahr 2022 auf knapp 4,6 Millionen Euro im Vorjahr und liegt derzeit bei rund 380.000 Euro.
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Dass weniger erbeutet wurde, führt das LKA auf die Arbeit der "Allianz Geldautomaten" zurück. Die Präventionsinitiative ist den Angaben zufolge bundesweit einmalig. Das LKA stehe mit anderen Bundesländern in Kontakt, um das Konzept auch dort anzupassen und umzusetzen.
Mittlerweile haben sich der Allianz in Hessen rund 70 Kreditinstitute angeschlossen, nachdem es zum Start nur 15 waren. Die Banken haben seither mehr als zehn Millionen Euro in die Sicherheit der Geldautomaten investiert, wie das LKA berichtet. Dass es nicht mehr sind, liege auch daran, dass nicht genug Material und Handwerker zur Umsetzung zur Verfügung stehen.
Ermittler-Tipps für mehr Sicherheit
Die Initiative gewährleistet einen engen Austausch unter den Akteuren, wie Kriminaldirektor Timo Göttlich erklärte. Die Ermittler beraten die Banken und erstellen Risikobewertungen für einzelne Standorte und Geldautomaten. Danach gebe es dann gezielte Vorschläge zu Schutzmaßnahmen.
Dazu zählen zum Beispiel der Nachtverschluss von Automaten-Foyers der Banken, sowie eine Nebel- und Einfärbetechnik im Fall von Detonationen. So soll den Tätern bei Raubzügen die Sicht vernebelt und das Geld verfärbt und unbrauchbar gemacht werden.
Kriminaldirektor Göttlich sagte: "Je mehr Geldautomaten durch Sicherungsmaßnahmen geschützt werden und je höher der Kontroll- und Fahndungsdruck ist, desto geringer wird die Attraktivität des Deliktsfeldes." Aktuell seien in Hessen "Verdrängungseffekte" festzustellen.
Mit Sprengstoff zur Beute
Doch die Ermittler wissen auch: Die Banden passen sich den Tatumständen stetig an. "In Folge der Ausrüstung vieler Geldautomaten mit Schutzeinrichtungen gegen Gas wurde vermehrt Festsprengstoff eingesetzt", erklärte das LKA.
Dies berge insbesondere dann hohe Gefahr, wenn sich die gesprengten Geldautomaten in einem sogenannten Mischgebäude – einem kombinierten Wohn- und Geschäftshaus – oder in der Nähe von Wohnhäusern befänden, so Kriminaldirektor Göttlich. "Oft ist es nur vom Zufall abhängig, dass bei diesen Sprengungen keine unbeteiligten Passanten oder Anwohner verletzt oder gar getötet werden."
Auch bei der Flucht verhielten sich die Täter skrupellos. Sie fahren mit überhöhtem Tempo, ausgeschaltetem Licht oder entgegengesetzt der Fahrtrichtung, wie das LKA ermittelte.
Ziel: Sprengungen "maximal unattraktiv machen"
Trotz gesunkener Fallzahlen sei der Kampf gegen Automatensprenger und die organisierte Kriminalität, die hinter den Tatserien stehe, noch nicht gewonnen. Die Bedrohungslage durch Sprengungen bleibe in Deutschland hoch, so die LKA-Einschätzung.
Allein in Hessen gibt es rund 4.500 Geldautomaten – weiterhin alles potenzielle Ziele. Ermittler wollen die Objekte "maximal unattraktiv für die Täter machen" – vor allem über den Einsatz flächendeckender Sicherungsmaßnahmen, wie Göttlich sagte.
Sendung: hr3, 19.06.2024, 5.00 Uhr
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