Wenn geschützte Tiere Ärger machen Der Biber, der Damm und die Kinder von Reinheim

Biber sind geschützt - und sie bauen Dämme. In Reinheim lässt das einen Bach so stark anschwellen, dass der Bürgermeister Angst um die Sicherheit von Kindern hat. Auch laufen die Keller von Anwohnern voll. Was tun?

Bildkombo Gärtner Thierolf zeigt umgenagten Baum / Biber
Gärtner Thomas Thierolf an einem vom Biber gefällten Baum Bild © Petra Demant (hr) / Imago Images
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Biber in Reinheim darf bleiben

Stadtsprecherin Grit Schieck im Interview
Bild © hr
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Trägheit kann man dem Biber, der sich in Reinheim-Zeilhard (Darmstadt-Dieburg) niedergelassen hat, wirklich nicht vorwerfen. Der Nager baut seine Dämme im Hirschbach schneller, als den Anwohnern lieb ist. Und damit sorgt er für reichlich Probleme.

Keller unter Wasser

Durch die Aktivitäten des Tiers steigt der sonst beschauliche Bach, der unmittelbar an Wohnbebauung vorbei führt, erheblich an. Das setzt seit Wochen den Keller von Klaus-Peter Hausding unter Wasser. "Der Teppichboden wird gar nicht mehr trocken, da wird sich irgendwann Schimmel bilden", klagt er.

Auch andere Nachbarn seien betroffen, sagt Hausding. Er und seine Frau Constanze fühlen sich in ihrer Not von den Behörden im Stich gelassen. "Es wird eindeutig dem Biber der Vorzug gegeben", sagt die Anwohnerin.

Strenger Schutz bewahrt Biber vor Umsiedelung

Nach einem Treffen aller Beteiligten hat der Biberbeauftragte des zuständigen Regierungspräsidiums (RP) Darmstadts, Matthias Fink, klargestellt: Der strenge Schutz des Bibers wird nicht aufgeweicht. Das RP verweist dabei auf nationales und EU-Recht. Eine Lockerung sei derzeit nicht absehbar.

Der Biber von Reinheim darf also weiterhin dort leben und seine Dämme bauen. Eine Umsiedlung komme als Ultima Ratio nur in Frage, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen, teilt Fink auf Anfrage mit.

Stadt sind die Hände gebunden

Die Stadt sieht durch diese Anordnung denn auch ihre Hände gebunden. "Wir können nur das tun, was uns die Obere Naturschutzbehörde genehmigt", sagt Stadtsprecherin Grit Schieck. Konkret heißt das: Drainagen legen, um das aufgestaute Wasser abzuleiten, und den Biber-Damm immer wieder teilweise abtragen.

Erlaubt ist das auch nur so weit, dass der Eingang der Biberburg weiterhin unter Wasser bleibt. Dazu rückt Gärtnermeister Thomas Thierolf derzeit zweimal die Woche an. "Das ist zusätzliche Arbeit, wir haben eigentlich andere Aufgaben", sagt er. Seine Einsätze müssen überdies mit den Behörden eng abgestimmt sein.

Bürgermeister sieht Gefahr für Kinder

Laut Schieck ist der Wasserspiegel des Bach von einst rund 20 Zentimetern durch den Biber-Damm auf bis zu zwei Meter angestiegen: "Er ist stellenweise gar nicht mehr in seinem Bett." Die größte Sorge von Bürgermeister Manuel Feick (SPD) sei es daher, dass irgendwann Kinder dort hineinfallen könnten. "Oder was ist, wenn ein Baum in die Häuser fällt?", fragt die Stadtsprecherin.

Wegen seines Fleisches bejagt und durch die Zerstörung seiner Lebensräume war der Biber noch Mitte des letzten Jahrhunderts in Europa nahezu ausgerottet. Auswilderungsprojekte und strenge Schutzmaßnahmen sorgten nicht nur dafür, dass er sich wieder ansiedelte. Er hat sich seitdem auch rasant vermehrt.

Im Jahre 2010 feierte die damalige hessische Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) ein Ansiedelungsprojekt in Osthessen als großen Erfolg. Die Zahl der dort lebenden Biber habe sich innerhalb von 20 Jahren auf rund 400 verzwanzigfacht. Inzwischen geht das Regierungspräsidium davon aus, dass in Hessen 1.000 bis 1.200 Biber leben.

Wegziehen keine Option

Mit denen müssen sich die Anlieger betroffener Gewässer irgendwie arrangieren. "Wir müssen eine Koexistenz finden", resümiert Stadtsprecherin Schieck, "eine Lösung, die für Mensch und Tier gleichermaßen geeignet ist."

Dabei könnten auch die Reinheimer mithelfen. Anwohner sollten melden, wenn das Wasser wieder einmal stark angestiegen ist, damit die Stadt schnell reagieren und den Damm sofort verkleinern kann. "Wir kommen auch am Wochenende, wenn es sein muss", versichert Schieck.

Klaus-Peter Hausding ist das zu wenig. "Ich erwarte, dass mein Haus, mein Grundstück geschützt wird", sagt er. Ein Mitarbeiter des Umweltamts habe ihm gar nahegelegt, sein Haus zu verkaufen. Doch das ist für den 81-Jährigen, der seit über 40 Jahren in Zeilhard wohnt, keine Option.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, maintower, 10.01.2023, 18 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Uwe Gerritz